Formel 4
Baselland

Ein Gempner mit Vollgas zum Traumberuf Rennfahrer: Über Erfolge, Aufwände und Hürden

16.09.2023 07:16 - update 18.09.2023 14:34
Andri Gschwind

Andri Gschwind

Bereits mit 18 Jahren donnert er mit 240 Sachen über die Strecke: Michael Sauter träumt von einer Karriere als Rennfahrer. Talent hat der Gempner – ohne Frage. Nur die Sponsoren fehlen. Eine Reportage.

Ankunft in Gempen an einem Donnerstagabend. Schon vor dem Eintreten in die hauseigene Garage der Familie Sauter sind Bohrgeräusche zu hören. Vater Stephan und Grossvater Roland schrauben bereits fleissig am Auto herum. Die Zeit rennt – schliesslich findet bereits in wenigen Tagen ein Rennen in Tschechien statt.

Mittlerweile ist auch Michael eingetroffen. Bis zum Abend hatte er noch Unterricht an der Berufsschule, denn nebst dem Rennsport macht er eine Lehre als Carrosseriespengler. Den Unterhalt des Rennautos überlässt der 18-Jährige aber lieber seinem Vater und Grossvater. «Es packt mich schon, ab und zu ein wenig herumzuschrauben. Ich konzentriere mich aber lieber aufs Fahren», so Michael.

Schliesslich finden sich auch Mutter Miyuki und Schwester Karin ein. Sie sind für die Arbeiten im Hintergrund zuständig. So kümmert sich Miyuki beispielsweise um das Budget, Karin schaut derweil mit verschiedenen Sporteinheiten, dass Michael fit bleibt.

Ein Gempner mit Vollgas zum Traumberuf Rennfahrer: Über Erfolge, Aufwände und Hürden
Michael Sauter (mitte), zusammen mit Vater Stephan (h.l.), Schwester Karin (v.l.), Grossvater Roland (h.r.) und Mutter Miyuki (v.l.) Bild: Baseljetzt

Bereits im Alter von sieben Jahren lockte es Michael auf die Rennstrecke. «Eigentlich wollte ich in Dornach nur ein Seifenkistenrennen fahren», erzählt der Formel 4-Fahrer. Als ihm sein Vater zum Geburtstag schliesslich aber ein Go-Kart geschenkt hat, nahm alles seinen Lauf. In den Jahren darauf erzielte Michael mehrere Erfolge. So fuhr er im Jahr 2014 und 2016 bei der «Vega Kart Meisterschaft» auf den 1. Platz und im «IAME X30 Weltfinal in Le Mans» schaffte es Michael 2017 auf den 5. Rang.

Die Leidenschaft für den Rennsport hat Michael im Blut. Bereits sein Uhrgrossvater Kurt Sauter war Rennfahrer. In den 1960er-Jahren baute dieser mit der Marke «Sauter Spezial» in der Region Basel sogar eigene Rennautos.

Vor zwei Jahren wechselte Michael schliesslich in die Formel 4. Die Rennwagen-Kategorie wurde vor einigen Jahren als Bindeglied zwischen Kartsport und den Formel-3-Meisterschaften eingeführt. Die Fahrerinnen und Fahrer sind dabei meistens unter 20 Jahre alt.

Der Sprung vom Go-Kart in die Formel 4 ist Michael geglückt, denn mit den Erfolgen ging es weiter. So wurde der Gempner beispielsweise bei der deutschen Formel-4-Meisterschaft Zweiter. Speziell daran ist, dass Michael sämtliche Rennen ohne einen Führerschein fuhr. Diesen hat er erst seit ein paar Wochen. «Ich muss zugeben, dass mir das Autofahren auf der normalen Strasse schwerer fällt, da es dort noch Gegenverkehr gibt», erzählt er und lacht dabei.

Langwellig wird es Michael nie

Nebst dem Rennsport spielt Michael noch Tennis und ist Tambour bei der Seibi Clique in Basel. Eingeengt fühlt sich der 18-Jährige durch sein vielseitiges Programm aber nicht: «Ich habe dieses Jahr nur an sechs Wochenenden Rennen. Wegen des Budgets machen wir auch nicht viele Trainingseinheiten. Daher habe ich genügend Zeit für andere Dinge», so Michael.

Für ihn findet das Training aber längts nicht nur in der realen Welt, sondern auch virtuell statt. Mehrmals wöchentlich trainiert Michael zu Hause an seinem Rennsimulator. «Vieles ist im Simulator ähnlich wie auf der Rennstrecke. Nur die Kräfte, diese sind im realen nochmals viel stärker».

Das Rennwochenende bringt lange und schnelle Kurven

Mittlerweile befinden wir uns in Tschechien. Es ist der 8. September – Rennwochenende am Automotodrom Brünn. Das Rennauto sowie das Material haben die Familie mit dem Transporter und Auto nach Brünn gebracht. Angekommen in der Box Nummer 21, richten sich die Sauters ein. Der Zeitplan ist eng – insgesamt drei Trainingseinheiten und das Qualifying stehen am Vortag des Rennens an. Michael fährt die Strecke zum ersten Mal. «Diese ist sehr schnell, hat lange Kurven und grosse Höhenunterschiede».

Um das bestmögliche Resultat zu erzielen, wird das Rennauto während des Trainings laufend an die Strecke angepasst. So wird beispielsweise der Spoiler immer wieder neu ausgerichtet, um noch schneller fahren zu können. Dafür zuständig ist unter anderem Stephan, Michaels Vater. Er ist dauernd unter Strom und hofft, dass er nichts übersehen hat. «Am Abend bin ich immer fix und fertig», erzählt er. Einerseits sei die Arbeit körperlich extrem anstrengend. «Aber auch der mentale Druck ist hoch. Ich hoffe ständig, dass ich alles richtig gemacht habe», so Stephan weiter.

Am Ende fährt Michael beim Qualifying die zweitbeste Zeit. Er starte am Renntag somit auf dem 2. Platz. Der Feierabend ist allerdings noch lange nicht in Sicht. Die Familie muss das Auto noch auf den Renntag vorbereiten. Ein Bild, welches in der Rennszene so nicht üblich ist. Während die Familie von Michael gleichzeitig seine Crew ist, fahren seine Gegner in grossen Rennteams mit. Diese haben ihre eigenen Mechaniker und Organisatoren. Aber gerade dieser Familienzusammenhalt bedeutet Michael eine Menge: «Ich denke, dass dadurch viel mehr Liebe darin steckt. Zudem machen wir durch die ganzen Rennen weniger Ferien. Daher sind das wie unsere gemeinsamen Ferien».

Ohne Sponsoren geht es wohl nicht weiter

So sehr die Familie Sauter den Rennsport liebt, so sehr spielt auch das Budget eine grosse Rolle. Während andere Formel 4-Teams ein jährliches Budget von 400’000 bis 600’000 Franken haben, sind es bei den Sauters gerade einmal rund 50’000. Die Gegner von Michael fahren zudem auch an anderen Rennen und Meisterschaften mit. Für Michael reicht das Budget dafür nicht. Er nimmt in diesem Jahr daher nur an der zentraleuropäischen Formel-4-Meisterschaft teil, die sechs Rennen umfasst. Die Lösung ist daher naheliegend: «Ein Karriereaufstieg in die Formel 3 wäre nur durch Sponsoren oder Gönner möglich», so der 18-Jährige. Wie lange die Familie daher noch so weitermachen kann, ist unklar. «Ich denke, dass es für eine Saison noch reicht. Anschliessend müssen wir weiterschauen», so Michael.

Michael fährt gleich zweimal auf Podest

Es ist Samstag, Rennwochenende. Michael fährt insgesamt zwei Rennen. Beide verlaufen gut. Er landet in beiden Rennen auf dem dritten Platz. Insgeheim hat sich Michael mehr erhofft: «Der Start ging nicht so gut. Da hatte ich ziemlich durchdrehende Reifen. Ich bin dennoch zufrieden».

Für Michael heisst es jetzt erstmal, seine Lehre als Carrosseriespengler abzuschliessen. «Ein normaler Beruf als Spengler oder Zeichner wäre bestimmt sicherer», so Michael. «Aber der Reiz des Motorsports – der bleibt», erzählt der 18-Jährige mit einem strahlenden Gesicht.

Die Reportage «Karrieretraum Rennfahrer – eine Familie im Geschwindigkeitsrausch» sehen Sie am Dienstag, 19. September um 18:15 Uhr bei Telebasel oder jederzeit online in der Mediathek.

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Kommentare

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16.09.2023 06:42

Blackhandsmoke

Ich hoffe, dass ein potenter Partner bald unterstützt, die Familie und Michael hätten das verdient

2 0

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