«Musste meinen Bruder überzeugen, meine Niere anzunehmen»
©Bild: UniSpital Basel
Organspende
Basel-Stadt

«Musste meinen Bruder überzeugen, meine Niere anzunehmen»

28.04.2023 05:40 - update 28.04.2023 09:53

Natasha Zekry

Rund 1’500 Menschen warten in der Schweiz auf eine Niere. Nur 300 erhalten das lebensnotwendige Organ. Die Hälfte davon durch Lebendspender.

Einer davon ist Jörg Bürgin. Er hat vor 18 Jahren seinem Bruder eine Niere gespendet. «Er war nierenkrank. Seine Niere hat nicht mehr richtig funktioniert.» Dass er durch eine Spende selbst unter Einschränkungen leiden würde, kam ihm damals nicht in den Sinn. «Mein Bruder wollte nicht, dass ich ihm eine Niere spende. Ich musste ihn überzeugen, dass er eine von mir annimmt,» so Bürgin.

Bei ihm sei die Operation gut verlaufen. Er habe lediglich eine entzündete Narbe davongetragen. Die Operation sei aber auch ein Geschenk an die Gesellschaft, sagt Jürg Steiger, Chefarzt Transplantationsimmunologie und Nephrologie am Unispital Basel. Im Schnitt werden pro Jahr rund 50’000 Franken gespart, wenn eine Niere transplantiert wird. Die erkrankte Person müsse ansonsten an die Dialyse angeschlossen werden – und dies sei teuer.

Mögliche Risiken bei Organspende

Organspenden können auch Risiken mit sich bringen. Zu unterscheiden sei zwischen Kurzzeit- und Langzeitrisiken, so Steiger. Zu den kurzzeitigen Risiken gehören beispielsweise Blasenentzündungen, kleinere Blutungen oder entzündete Narben, wie es bei Spender Bürgin der Fall war. «Dann gibt es Langzeitrisiken. Das sind Risiken, die teilweise auch erst nach Jahren kommen, wie erhöhter Blutdruck oder Eiweissausscheidung im Urin.»

In den Transplantations-Sprechstunden werden deswegen nicht nur Nierenerkrankungen abgeklärt und Therapievorschläge besprochen, sondern auch die Spender:innen auf mögliche Risiken vorbereitet. Danach sei eine regelmässige Nachkontrolle – nach einem, drei, fünf, sieben, zehn Jahre nach der Spende, dann nach jeweils zwei Jahren bis zum Lebensende – wichtig, um allfällige Veränderungen des Gesundheitszustandes schnellstmöglich zu erkennen.

Gründung des Lebendspender-Gesundheitsregisters

Die erste Nierentransplantation fand 1954 statt. Ermöglicht wurde sie durch eine Lebendspende. Da es damals noch keine Dialyse gab, war die Operation dringend nötig, da Patienten mit chronischem Nierenversagen ansonsten verstarben. Nierenlebendspenden nahmen in den 90er-Jahren zu. Die Ergebnisse bei Transplantationen von Lebendspendern waren besser als die von verstorbenen Spendern. Ausserdem konnte der Zeitpunkt der Transplantation so besser geplant und eine Dialyse im Idealfall vermieden werden.

Ein weiterer Grund für die Zunahme der Lebendspende war, dass immer weniger Patienten ihre Organe nach dem Tod spenden wollten und die Wartezeiten sich verlängerten. Seit der Jahrtausendwende beträgt die Anzahl der Transplantationen von Lebendnierenspendern in der Schweiz etwa die Hälfte aller Nierentransplantationen.

Weil immer mehr Lebendspende-Transplantationen stattfanden, gründete Professor Gilbert Thiel 1993 das Schweizerische Lebendspender-Gesundheitsregister SOL-DHR. Die im Register gesammelten Daten werden ausgewertet und dienen als Informationsquelle, um künftige Lebendspender in der Schweiz zu informieren. Das Register feiert nun 30-jähriges Bestehen und lud dafür Spender:innen zur Jubiläumsfeier ein.

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