Netanjahu verschiebt umstrittene Justizreform
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Netanjahu verschiebt umstrittene Justizreform

27.03.2023 18:51 - update 27.03.2023 20:32

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Die heftigen Proteste im Land haben bewirkt, dass der Premierminister die angekündigte Reform vorübergehend gestoppt hat. Diese komme nun frühestens Ende April vor das Parlament. Am Abend wurde auch der Streik am Flughafen beendet.

«Wir befinden uns mitten in einer Krise, die unsere essenzielle Einheit gefährdet», sagte Netanjahu. Er warnte vor einem Bürgerkrieg, zu dem es nicht kommen dürfe. «Alle müssten verantwortlich handeln», sagte er. Deshalb strecke er seine Hand zum Dialog aus.

Israels Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hatte zuvor mitgeteilt, er habe sich auf eine Verschiebung mit Netanjahu verständigt. Im Gegenzug soll eine «Nationalgarde» unter der Führung des rechtsextremen Politikers eingerichtet werden. Was dies konkret bedeutet, war zunächst nicht klar. Medienberichten zufolge waren Ben-Gvir und Netanjahu zuvor zu einer Krisensitzung zusammengekommen, in der Ben-Gvir mit seinem Rücktritt gedroht haben soll, sollte Netanjahu nicht an den Reformplänen festhalten.

Kritiker warnen vor Staatskrise

Organisatoren der seit Wochen anhaltenden Demonstrationen kündigten an, die Proteste fortzusetzen. «Die Regierung hat Israel der Zerstörung nahe gebracht und sie droht immer noch, die Demokratie zu demontieren. Ein vorübergehendes Einfrieren reicht nicht aus und die nationalen Proteste werden sich weiter verschärfen, bis das Gesetz in der Knesset abgelehnt wird», hiess es am Montagabend in einer Mitteilung.

Netanjahus Koalition will mit der Justizreform den Einfluss des Höchsten Gerichts beschneiden und die Machtposition der Regierung ausbauen. Die rechts-religiöse Koalition wirft dem Höchsten Gericht übermässige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Dem Parlament soll es den Plänen nach künftig etwa möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Gerichts aufzuheben. Zudem soll die Zusammensetzung des Gremiums zur Ernennung von Richtern geändert werden. Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer Staatskrise.

Streik am Flughafen beendet

Israels Präsident Izchak Herzog hat das vorübergehende Aussetzen der umstrittenen Justizreform begrüsst. «Es ist richtig, die Gesetzgebung zu stoppen. Jetzt ist es an der Zeit, einen aufrichtigen, ernsthaften und verantwortungsvollen Dialog zu beginnen, der die Wogen dringend glätten und die Temperatur senken wird», teilte Herzog am Montagabend mit. Er rief alle Seiten zu einem «verantwortungsvollem Handeln» auf. «Wenn eine Seite gewinnt, wird der Staat verlieren. Wir müssen ein Volk und ein Staat bleiben – jüdisch und demokratisch.»

Der fast eintägige Streik an Israels internationalem Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv aus Protest gegen die umstrittene Justizreform ist am Montagabend beendet worden. Noch vor Mitternacht sollten rund ein Dutzend Flüge abheben, teilte die Flughafenbehörde am Abend mit. Es werde unter Hochdruck daran gearbeitet, wieder in einen Normalbetrieb zurückzukehren. Zuvor hatte der Vorsitzende des israelischen Gewerkschaftsverbands, Arnon Bar-David, ein Ende des am Montag kurzfristig angesetzten Generalstreiks angekündigt. (sda/maf)

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27.03.2023 19:54

Nestor1

Gäbe am liebsten einen brutalen und bissigen Kommentar zur Story ab, aber das darf man leider nicht.

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