Netzbetreiber Swissgrid verdoppelt 2024 seine Tarife
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Schweiz

Netzbetreiber Swissgrid verdoppelt 2024 seine Tarife

22.03.2023 15:42 - update 22.03.2023 16:11

Baseljetzt

Der Durchschnittshaushalt muss Swissgrid im kommenden Jahr mehr als doppelt so viel für den Strom bezahlen wie heute: 146 Franken statt 70. Swissgrid nennt zwei Hauptgründe.

Der hohe Preis liege zum einen an den höheren Beschaffungskosten, zum anderen an den Winterreserven des Bundes. Diese Kosten müsse der Netzbetreiber von Gesetzes wegen auf die Konsument:innen abwälzen, teilte Swissgrid am Mittwoch mit.

Der neue Tarif allein verteuert die Stromrechnung für den Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 4500 Kilowattstunden (kWh) 2024 um 54 Franken.

Der Bund ergriff zahlreiche Massnahmen für die Versorgungssicherheit im Winter. Dazu gehören die Wasserkraftreserven, die Reservekraftwerke und die Notstromgruppen. Swissgrid erhebt diese nicht vom Unternehmen verursachten Kosten mit dem neuen Tarif.

Längerfristig zwei Milliarden für Winterreserven

Auf die Kilowattstunde gerechnet macht er 1,2 Rappen zusätzlich zu den Netztarifen aus. Für Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von 90’000 kWh schlägt sich das in Kosten von 1080 Franken nieder.

Die Wasserkraftreserven im abgelaufenen Winter stellten 14 Speicherkraftwerksbetreiber sicher. Der Zuschlag erfolgte durch Swissgrid in einer Auktion. Die Winterreserven aus der Wasserkraft entsprachen einer Strommenge von 400 Gigawattstunden. Nach Angaben der Eidgenössischen Elektrizitätskommission kostet das knapp 300 Millionen Franken.

Die Kosten für bestehende Reservekraftwerke und Notstromgruppen für die Zeitperiode von Winter 2022/2023 bis Winter 2025/2026 beziffert der Bund auf insgesamt rund 580 Millionen Franken. Die Gesamtkosten für die Winterreserven dürften sich zwischen 2023 und April 2026 auf rund zwei Milliarden Franken belaufen.

Netzdienstleistungen werden teurer

Die Tarife für die Netzdienstleistungen selbst steigen für den 4500-kWh-Haushalt von 70 auf 92 Franken. Der Tarif macht 2024 damit sieben Prozent der jährlichen Stromrechnung aus, wie Swissgrid-Marktstrategiechef Thomas Reinthaler vor den Medien sagte. Für das 90’000-kWh-Unternehmen beläuft sich der neue Netztarif auf 1840 Franken.

Die starke Preiserhöhung für die Grundleistung des Übertragungsnetzes erklärt Swissgrid mit den allgemeinen Systemdienstleistungen. Deren Tarif steigt von 0,46 Rappen pro kWh im laufenden Jahr auf 0,75 Rappen 2024.

Der Netzbetreiber rechnet nach eigenen Angaben mit einem höheren Beschaffungsaufwand. Bereits 2023 erhöhte Swissgrid diesen Posten von 0,16 auf 0,46 Rappen. In den Jahren zuvor gab es gemäss Reinthaler indessen Reduktionen.

Swissgrid muss Unterdeckung abbauen

Zudem muss das Unternehmen eine Unterdeckung abbauen, welche auf die stark gestiegenen Strompreise zurückgeht. Die Tarife für 2023 hatte Swissgrid vor Jahresfrist bekannt gegeben. Den Angaben zufolge waren dabei die grossen Preissprünge an den Strommärkten noch nicht absehbar.

Allerdings erhöhte Swissgrid die Haushalttarife bereits damals um 20 Franken. Die Firma ist verpflichtet, Verluste aus dem Vorjahr jeweils zu kompensieren.

2024 steigt im weiteren der Tarif für Wirkverluste von 0,30 auf 0,34 Rappen pro kWh. Auch hier liegt der Grund im Hochpreisumfeld. Swissgrid kompensiert die Übertragungsverluste der Leitungen am Strommarkt. Trotz angepasster Beschaffungsstrategie rechnet das Unternehmen mit höheren Kosten.

Blindenergie und Netznutzung unverändert

Gleich bleiben dagegen die Tarife für die Netznutzung. Deren Entwicklung ist weniger von äusseren Faktoren abhängig. Auch der Tarif für Blindenergie verändert sich nicht.

Swissmem, der Verband der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, forderte, vom Tarif für die Winterreserve ausgenommen zu werden. Die Stromkosten seien in vielen Betrieben höher als die Arbeitskosten. Der Konkurrenzdruck sei hoch. Die EU unterstütze die Industrie mit einem Strompreisdeckel oder Subventionen. (sda/mal)

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22.03.2023 21:43

Cabbage

Bei 0.30 Fr/kWh sind wir etwa so weit, dass es sich für den Verbraucher rechnet, mit einem vernünftig dimensionierten PV-System den Eigenverbrauch für die 9 sonnigsten Monate des Jahres zu erzeugen, und bloss im Kernwinter die Differenz einzukaufen, selbst wenn der Einspeistarif für den Verkauf des Überschusses im Sommer schlecht ist (0.08 – 0.10 Fr/kWh). Mal sehen, was die EW dazu meinen; das könnte ihre Existenz verkomplizieren.

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