Odette Hella’Grand: «Die Gesellschaft hat sich gegenüber der Drag-Kunst geöffnet»
Janine Borghesi
Odette Hella’Grand ist die wohl grösste Dragqueen im Schweizer Showbusiness. Die Kunstfigur erzählt von ihrem Werdegang und ihrem Leben als Dragqueen.
Eine feuerrote Perücke, dunkler Lippenstift und zwei falsche Muttermale neben dem Mund. Odette Hella’Grand mag es – offensichtlich – extravagant. Hinter ihrem Look steckt viel Arbeit. Bis sie sich fertig gemacht hat, dauert es rund eineinhalb Stunden. «Für das Gesicht alleine brauche ich 50 Minuten», erklärt die Dragqueen.
Odette hat ihre Karriere bei der Aids-Hilfe Beider Basel angefangen. Damals war sie das Maskottchen einer Kampagne gegen HIV. 2016 gewann sie dann einen Wettbewerb. «Bei diesem machte ich eigentlich nur aus Jux mit», so Odette. Nachher folgten drei weitere Siege. «Dann dachte ich: Es gefällt den Leuten, dann bleibe ich dabei.»
Diese Entscheidung hat sich ausgezahlt. Odette Hella’Grand ist mittlerweile die Produzentin und Moderatorin von verschiedenen Drag-Shows in der gesamten Schweiz. An diesen Shows sind ganz diverse Talente mit dabei. Odettes Ziel ist es, eine Bühne für andere Drag-Künstlerinnen zu bieten. Dies sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene. Bei ihren eigenen Auftritten singt die Dragqueen meist Playback. Es fällt ihr leicht, das Publikum für sich zu gewinnen: «Ich unterhalte die Gäste mit Wortwitz und dem Charme einer Kettensäge.»
«In Basel spucken sie mir wenigstens vor die Füsse»
Trotz ihres Erfolgs muss die Dragqueen immer noch mit starker Diskriminierung umgehen. «In Basel spucken sie mir wenigstens vor die Füsse. In Zürich spucken sie mir ins Gesicht», berichtet die Dragqueen trocken aus ihrem Alltag. Dies sei jedoch kein Vergleich zu ihren Anfangszeiten. «Grundsätzlich hat sich die Gesellschaft gegenüber der Drag-Kunst geöffnet», meint Odette. Insbesondere in Basel seien die Leute sehr offen.
Auf die öffentliche Verwendung ihres bürgerlichen Namens verzichtet die Dragqueen gewollt. Doch nicht wegen der Diskriminierung. Odette möchte, dass der Fokus einfach ganz klar auf ihrem Schaffen liegt.
Was sie aber verrät: Hinter der Kunstfigur steht ein homosexueller Cis-Mann. Wegen ihres Jobs werde sie oft danach gefragt, ob sie lieber eine Frau wäre. Dies verneint Odette ganz klar. «Ich fühle mich nicht im falschen Geschlecht. Ich bin einfach nur eine Kunstperson, eine Rolle». Sprich: Eine Dragqueen ist man lediglich auf der Bühne. Mit einem Trans-Menschen hat Odette Hella’Grand nichts zu tun.
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