
Razzia bei hessischen Polizisten: Gewalt im Amt?
Baseljetzt
Schlimmer Verdacht gegen 17 Polizisten in der westdeutschen Metropole Frankfurt am Main: Unter anderem wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt sind am Morgen mehrere Dienststellen und Wohnungen durchsucht worden.
Das Wichtigste in Kürze
- Gegen die Polizisten, die alle zur selben Dienstgruppe gehören, sind Disziplinarverfahren eingeleitet worden
- Ihnen wird vorgeworfen, von Februar bis April sechs Männern während oder nach Festnahmen unberechtigt körperlichen Schaden zugefügt zu haben beziehungsweise solche Taten geduldet und nicht angezeigt zu haben
- Durchsucht worden sind den Ermittlern zufolge 4 Dienststellen und 21 Wohnanschriften
Die Ermittlungen gegen die Polizeibediensteten – fünf Beamtinnen und zwölf Beamte im Alter zwischen 24 und 56 Jahren – des ersten Polizeireviers in Frankfurt drehen sich zudem um den Verdacht der Strafvereitelung im Amt und der Verfolgung Unschuldiger. Das teilten die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt im Bundesland Hessen mit. Zuvor hatte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» darüber berichtet.
Dienstgruppe und Revierleitung werden neu aufgestellt
Gegen die 17 Polizisten sind nach Angaben von Landesinnenminister Poseck Disziplinarverfahren eingeleitet worden. «Es ist zudem beabsichtigt, in sechs Fällen aufgrund besonders gravierender Vorwurfslagen unverzüglich das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte auszusprechen.»
«Nach derzeitigem Stand konzentrieren sich die Vorwürfe auf eine Dienstgruppe des Polizeireviers. Diese wird künftig personell komplett neu aufgestellt sein», ergänzte Poseck. Soweit Beamte als Beschuldigte eingestuft würden, bei denen die Erkenntnisse aber kein Dienstverbot rechtfertigten, «ist zudem sichergestellt, dass die Beamten bis auf Weiteres im Innendienst eingesetzt werden.»
«Zusätzlich wird die Spitze des 1. Polizeireviers ausgewechselt», teilte Poseck mit. Auch wenn es derzeit keine Anhaltspunkte für Vorwürfe gegen die Revierleitung gebe, sei dies nötig, um die Handlungsfähigkeit des Reviers zu sichern. Das Polizeipräsidium Frankfurt habe besondere Auffälligkeiten in Form mehrerer sehr ähnlicher Strafanzeigen gegen Beamte des ersten Polizeireviers festgestellt.
Taten im Zusammenhang mit Festnahmen
Durchsucht worden sind den Ermittlern zufolge 4 Dienststellen und 21 Wohnanschriften. Die betroffenen Beamten seien entweder im Streifendienst oder in Dienstgruppenleitungen tätig gewesen.
Ihnen wird laut Ermittlern vorgeworfen, von Februar bis Ende April dieses Jahres sechs Männern während oder nach Festnahmen unberechtigt körperlichen Schaden zugefügt zu haben beziehungsweise solche Taten geduldet und nicht angezeigt zu haben. Um das eigene Vorgehen nachträglich zu rechtfertigen, hätten die Beamten in fünf Fällen sogar Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Widerstands oder eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eröffnet.
Den Angaben zufolge liegen Aufzeichnungen von einigen Taten vor, teils durch die Videoüberwachung im Polizeirevier, teils durch Bodycams oder öffentliche Videoanlagen.
An den Durchsuchungen am Freitagmorgen waren rund 150 Kräfte des Landeskriminalamtes sowie Beamte der Staatsanwaltschaft beteiligt. Bei den Verdächtigen wurden den Angaben zufolge Mobiltelefone und Datenträger sichergestellt. Diese würden nun ausgewertet. Bislang lägen keine Hinweise auf ein extremistisches Motiv vor.
Polizei-Chef sieht Ansehen gefährdet
Wegen der Ermittlungen sieht der Frankfurter Polizeipräsident Stefan Müller das Ansehen der Polizei gefährdet. «Die im Raum stehenden Vorwürfe sind sehr gravierend», sagte er. Menschen im Gewahrsam müssten sicher vor Übergriffen sein. Die körperliche Integrität jeder einzelnen Person in staatlichem Gewahrsam sei zu wahren.
Das erste Polizeirevier in Frankfurt war vor einigen Jahren schon einmal in die Schlagzeilen geraten. Nach rechtsextremen Drohschreiben mit der Unterschrift «NSU 2.0» an zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens liefen zwischenzeitlich Ermittlungen in dem Komplex gegen einen Polizisten und eine Polizistin des Reviers, sie wurden aber Ende 2023 eingestellt. (sda/vaz)
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