
Regisseur Tim Fehlbaum: «Mit der Oscar-Nominierung wurde ein Kindheitstraum wahr»
Larissa Bucher
Mit «September 5» ist der Basler Regisseur Tim Fehlbaum für einen Oscar in der Kategorie «Bestes Drehbuch» nominiert. Im Interview spricht er über seine Erfahrungen während den Dreharbeiten und die Relevanz des Filmes.
«September 5» erzählt die wahre Geschichte einer Geiselnahme an den Olympischen Spielen in München 1972 aus der Perspektive einer amerikanischen TV-Crew. Am zweiten Tag der Spiele fielen unerwartet Schüsse – bald stellte sich heraus, dass palästinensische Terroristen elf israelische Athleten als Geiseln genommen haben. Der TV-Produzent Geoff des US-Senders ABC treibt als Reaktion darauf die Berichterstattung über die Geiselnahme gegen den Widerstand seiner Vorgesetzten voran. Der Film soll an den historischen Tag erinnern und gleichzeitig medienethische Fragen aufwerfen.
Baseljetzt: In Ihrem Film geht es um den Terroranschlag an den Olympischen Spielen in München im Jahr 1972. Früher haben Sie fiktionale Filme gedreht – dieser beruht jetzt auf wahren Begebenheiten. Weshalb dieser Wechsel?
Baseljetzt: Hatten Sie bei der Recherche für den Film auch Kontakt mit Zeitzeugen?
Tim Fehlbaum: Der Kontakt zu Zeitzeugen war definitiv ein entscheidender Punkt in der Recherche für den Film. Wir hatten viel Kontakt mit Geoffrey Mason von ABC, der alles hautnah miterlebt hat. Die Herausforderungen und Geschichten, von denen er berichtete, waren extrem spannend und aufschlussreich. Wir dachten, dass wir ein kurzes Recherchetelefonat führen würden und waren schlussendlich mehrere Stunden am Telefon. Nach diesem Gespräch wussten wir sofort, dass wir das Geschehende aus dieser Perspektive zeigen wollen. Denn, es ist eine extrem spannende, und vor allem heute weiterhin relevante, Perspektive.
Sie waren mit «September 5» für einen Golden Globe nominiert und dürfen nun sogar auf einen Oscar hoffen. Wie geht es Ihnen dabei?
Tim Fehlbaum: Es ist alles überwältigend. Ich hätte am Anfang des Filmprojekts niemals gedacht, dass wir mal an diesem Punkt enden würden. Wir freuen uns natürlich sehr, dass es Anerkennung für den Film gibt. Die Nominierungen sehe ich als Anerkennung dafür, was das ganze Team geleistet hat – nicht nur wir als Drehbuchautoren. Ich hoffe auch, dass die Nominierungen die Menschen nochmals animiert, ins Kino zu gehen, um den Film zu sehen.
Was ging Ihnen durch den Kopf als Sie von der Oscar-Nominierungen erfahren haben?
Ich freute mich im ersten Moment wahnsinnig fest. Ich bin schon lange an Filmen interessiert und wollte immer selber Filme produzieren. Für mich ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Natürlich hatte ich aber auch schnell den Gedanken, dass ich mir wünschte, das ganze Team sei nominiert worden. Wir haben schliesslich alle gemeinsam viel Passion und Energie in den Film gesteckt.
Sie sind nun ein viel gefragter Mann. Was ist anstrengender – einen Film zu produzieren oder die ganze Arbeit, die danach folgt?
Die ganze PR-Arbeit, die wir im Moment leisten, ist fast so anstrengend wie die Produktion des Films an sich. Das ist natürlich übertrieben, aber es ist sicherlich viel Arbeit. Das freut mich jedoch, denn es heisst, dass viel Interesse am Film besteht. Ich leiste diese Arbeit also mit vollem Elan und sehr gerne.
Sie haben auch am Drehbuch für den Film gearbeitet. Wie unterscheidet sich das Schreiben für eine fiktive oder eine reale Geschichte?
Man betreibt wirklich viel mehr Recherche und spricht natürlich wie schon gesagt mit Zeitzeugen. Recherchieren muss man bei jedem Film – bei wahren Geschichten ist das Ausmass jedoch ein ganz anderes und man kann sich extrem vielen Quellen bedienen. Wir hatten beispielsweise auch Zugang auf die Polizeiakten von damals.
Eine letzte Frage: Was bedeutet der Erfolg von «September 5» für Ihre Karriere? Ziehen Sie jetzt vielleicht sogar nach Hollywood?
Nein, ich wohne in Basel und lebe sehr gerne hier. «September 5» wurde zu einem grossen Teil in Basel geschrieben, es ist also überhaupt nicht nötig in Los Angeles zu sein, um Filme zu machen.
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Thomy
👍
Tarantinoo
Coole sache