Rückblick auf die Legislatur des Grossen Rats
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Rückblick auf die Legislatur des Grossen Rats

01.10.2024 09:55 - update 17.10.2024 11:41

Baseljetzt

Am 20. Oktober werden die 100 Mitglieder neu gewählt. Die noch laufende Legislatur des Kantonsparlaments begann am 1. Februar 2021 und dauert noch bis 31. Januar 2025.

Die Augangslage

Die Legislatur war geprägt von der Tatsache, dass weder das links-grüne noch das bürgerliche Lager über eine absolute Mehrheit verfügte. Wahlverliererinnen waren 2020 die SP, die SVP mit je 4 Sitzverlusten sowie die FDP mit minus 3 Sitzen. Zu den Gewinnern gehörten das Grün-Alternative Bündnis (GAB) und die Grünliberalen mit je 4 zusätzlichen Sitzen sowie die EVP mit einem Plus von 2 Sitzen.

Die SP und das Grün-Alternative Bündnis (GAB) verfügten über 48, die bürgerlichen Fraktionen LDP, SVP, FDP sowie Mitte/EVP über 42 Sitze. Damit kam es wiederholt darauf an, auf welche Seite sich die achtköpfige Fraktion der Grünliberalen (GLP) schlug.

Das Parlament während der Pandemie

Die Legislatur nahm ihren Anfang noch mitten in der Corona-Pandemie. Der Grosse Rat tagte zum Auftakt im Februar 2021 noch im Congress Center der Messe Basel. Im Oktober kehrte er ins Rathaus zurück. Als erstes Kantonsparlament führte er eine «Zertifikatspflicht light» ein. Um im Saal zu politisieren, brauchten die Ratsmitglieder somit ein Impf- oder Genesungszertifikat. Wer dies nicht wollte, musste eine Maske tragen.

Viele Bisherige treten wieder an

Die bevorstehende Legislatur beginnt am 1. Februar 2025. 870 Kandidierende auf 16 Listen wollen ins Parlament. Darunter treten 96 Bisherige wieder an. Dies ist im Vergleich zu den vorherigen Wahlen eine hohe Zahl. 2020 kandidierten 80 Bisherige.

Die beiden SP-Grossräte René Brigger und Semseddin Yilmaz treten freiwillig nicht mehr zu den Wahlen an. Die zwei Bisherigen André Auderset (LDP) und Pasqualine Gallacchi (Mitte) dürfen wegen der Amtszeitbeschränkung von vier Legislaturen nicht mehr kandidieren. Die «Amtszeitguillotine» kommt dieses Jahr somit nur in geringfügigem Mass zur Anwendung. Bei den Wahlen 2020 waren es noch 17 Grossräte und Grossrätinnen, die nicht mehr antreten durften.

Während der laufenden Legislatur gab es insgesamt 24 Mitglieder-Wechsel, wie aus den Daten des Parlamentsdiensts hervorgeht. Von der grössten Fraktion SP schieden 8 Mitglieder vorzeitig aus, gefolgt von LDP und (GAB), das von den Grünen aufgekündigt wurde, mit je 5 Abgängen. Somit gibt es unter den Ratsmitgliedern einige, die noch relativ neu im Parlament sind, aber auf dem Wahlzettel mit dem Bisherigen-Status punkten können.

GLP als Zünglein an der Waage

Kommt es bei einem Geschäft zu einem Graben zwischen den beiden Blöcken Rot-Grün und Bürgerlichen, ist in der jetzigen Parlamentszusammensetzung oftmals der Entscheid der GLP-Fraktion ausschlaggebend. Je nach Thema schlug das Pendel mal in die eine, mal in die andere Richtung aus.

Bei verkürzten Antragsfristen für Demonstrationen und beim Ausländerstimmrecht, das am 24. November an die Urne kommen wird, verhalfen die Grünliberalen etwa den linken Fraktionen zum Abstimmungssieg im Rat.

Bei den umstrittenen Initiativen respektive den diversen Gegenvorschlägen zu den Stadtklimavorlagen zogen Rot-Grün und GLP anfangs nicht am gleichen Strick, später aber schon. Nachdem zwei Volksinitiativen des Vereins Umverkehr an der Urne bachab geschickt wurden, nahmen die Grünliberalen den Inhalt aus dem zuvor im Parlament gescheiterten moderaten Gegenvorschlag wieder auf und verpackten ihn in zwei Motionen. Damit konnten sie sich gemeinsam mit Rot-Grün gegen die FDP, LDP und SVP durchsetzen, während Mitte-EVP Stimmfreigabe beschloss.

Bei anderen wichtigen Dossiers schlug sich die GLP jedoch auf die Seite der Bürgerlichen. Dank ihr wurden unter anderem im Juni 2024 vier Motionen zur Lockerung des Wohnschutzes an die Regierung überwiesen. Auch bei der Wiedereinführung des Bettelverbots, beim Versenken der 38-Stundenwoche für das Kantonspersonal, bei der Ablehnung eines Corona-Bonus’ für das Pflegepersonal sowie jüngst bei der Erstüberweisung von zwei Steuersenkungsmotionen der SVP und der FDP verhalfen die Grünliberalen den Bürgerlichen zu einer Mehrheit.

Aussergewöhnliche Konstellationen selten

Nicht immer herrschte im Grossen Rat die oben genannte Konstellation. Einen spannenden Ausgang nahm der Vorstoss für ein Konzept zur Einführung von Tempo 30 im Siedlungsgebiet. Bei der Eventualabstimmung, ob dieser als unverbindlicher Anzug oder als verbindliche Motion überwiesen werden sollte, war das Ergebnis äusserst knapp. Die Bürgerlichen hätten zusammen mit der GLP die Abstimmung für sich entscheiden können. Jedoch glänzten einige ihrer Ratsmitglieder durch Abwesenheit. Daher stimmt das Parlament mit 47 zu 46 für die Motion. Dabei verhalf der Mitte-Grossrat Franz-Xaver Leonhardt den rot-grünen Fraktionen zu einer knappen Mehrheit.

Zu einer aussergewöhnlichen Konstellation im Rat kam es auch beim Thema Lohnerhöhung für das Polizeikorps. Während das GAB zusammen mit den Bürgerlichen dafür war, scherte die SP mit einem Nein aus. Ging es um Grünflächen und Bäume in der Stadt, kam es auch schon zu einer «unheiligen Allianz» zwischen SVP und GAB. So zum Beispiel bei der Fällung von Gingko-Bäumen auf dem Rümelinsplatz oder der Überbauung der Hebelmatte.

Die grossen Kompromisse

Die noch laufende Legislatur ist geprägt von Kompromisslösungen bei wichtigen Dossiers, wobei die vorberatenden Kommissionen oftmals die Weichen stellten. Investoren- und Wohnschutzseite fanden sich etwa beim Kommissionsgegenvorschlag zur Initiative «Basel baut Zukunft». Zu einem Rückzug des Volksbegehrens kam es auch bei der Einführung von Förderklassen. Die vorberatende Kommission ergänzte auch hier den Regierungsvorschlag, was im Parlament grosse Zustimmung fand. Auch bei der Kita- und der Hafeninitiative setzte sich die Gegenvorschläge klar durch.

Zu einem nach bürgerlichen wie auch sozialdemokratischen Interessen austarierten Kompromiss kam es beim Steuerpaket. Die Wirtschafts- und Abgabekommission modifizierte den Vorschlag von Finanzdirektorin Tanja Soland (SP). Mit höheren Sozialabzügen auf der einen Seite und einer Senkung des Vermögenssteuersatzes konnten sich beide Seiten zufrieden geben.

Zu einem nach bürgerlichen wie auch sozialdemokratischen Interessen austarierten Kompromiss kam es beim Steuerpaket. Die Wirtschafts- und Abgabekommission modifizierte den Vorschlag von Finanzdirektorin Tanja Soland (SP). Mit höheren Sozialabzügen auf der einen Seite und einer Senkung des Vermögenssteuersatzes konnten sich beide Seiten zufrieden geben.

Nicht wenige grosse Geschäfte waren im Grossen Rat unbestritten. So etwa der 300-Millionen-Kredit für die Neubauprojekte des Universitätsspitals, der Kredit für den Eurovision Song Contest (ESC) und das Massnahmenpaket für soziales Wohnen.

Oppositionspartei SVP

Immer wieder fand sich die SVP aber im Alleingang auf der ablehnenden Seite. So unter anderem beim Ausbau der Förderung der Jugend- und Alternativkultur oder der Verstärkung des Angebots an Anlaufstellen im Suchtbereich. Auch die SVP-Vorstösse zur Verschärfungen im Umgang mit Asylbewerberinnen und -bewerbern hatten jeweils keine Chance, auch wenn sich die LDP noch im September beim Vorstoss gegen weitere Asylunterkünfte in Wohnquartieren grossmehrheitlich auf die Befürworterseite bewegen liess.

Novum bei den Grossratspräsidien

Jo Vergeat (Grüne) wurde 2022 im Alter von 27 Jahren als jüngste Grossratspräsidentin der Kantonsgeschichte gewählt. Ihr Nachfolger Bülent Pekerman (GLP) wurde zum ersten «höchsten Basler» mit kurdischen Wurzeln. (sda/mhu)

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Kommentare

Dein Kommentar

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09.10.2024 06:50

spalen

spannend, das vor den wahlen nochmal revue passieren zu lassen

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