Scholz: «Rassenideologie der Nationalsozialisten soll nie mehr Platz in Deutschland haben»
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Treffen Rechtsradikaler
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Scholz: «Rassenideologie der Nationalsozialisten soll nie mehr Platz in Deutschland haben»

19.01.2024 20:00 - update 19.01.2024 20:48

Baseljetzt

Wegen des grossen Menschenandrangs musste in Hamburg einer Demonstration gegen rechts und die AFD abgebrochen werden. Der deutsche Bundeskanzler stellte sich deutlich hinter die Demonstrierenden.

«Wir müssen die Kundgebung vorzeitig beenden», sagte Kazim Abaci vom Verein Unternehmer ohne Grenzen, der die Kundgebung am Freitag mitorganisiert hatte. Er verwies auf Sicherheitsbedenken. Es seien Menschen in der Menge kollabiert, die Feuerwehr komme nicht mehr durch. Nachdem Abaci zunächst von 130 000 Teilnehmern am Jungfernstieg gesprochen hatte, korrigierten die Veranstalter die Zahl später auf 80 000. Die Polizei nannte 50 000 Demonstranten.

Die Demonstration stand unter dem Motto «Hamburg steht auf – Gemeinsam gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke». Auch in Jena, Kiel und anderen deutschen Städten demonstrierten am Freitag Tausende. Bundeskanzler Olaf Scholz stellte sich hinter die Demonstranten, die an diesem Wochenende zu Zehntausenden im ganzen Bundesgebiet auf die Strasse gehen wollten. Er verglich die «Remigrations»-Pläne Rechtsradikaler in Deutschland mit der Rassenideologie der Nationalsozialisten.

«Völkische Rassenideologie der Nationalsozialisten soll in Deutschland nie mehr Platz haben»

«Wenn etwas in Deutschland nie wieder Platz haben darf, dann ist es die völkische Rassenideologie der Nationalsozialisten. Nichts anderes kommt in den abstossenden Umsiedlungsplänen der Extremisten zum Ausdruck», sagte der SPD-Politiker in der neuen Ausgabe seiner Videoreihe «Kanzler kompakt». Alle Menschen in Deutschland seien gefordert, klar und deutlich Stellung zu beziehen: «Für Zusammenhalt, für Toleranz, für unser demokratisches Deutschland.»

Bei der Kundgebung in Hamburg sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD): «Die Botschaft an die AfD und ihre rechten Netzwerke ist: Wir sind die Mehrheit, und wir sind stark, weil wir geschlossen sind und weil wir entschlossen sind, unser Land und unsere Demokratie nach 1945 nicht ein zweites Mal zerstören zu lassen.»

Früherer Kopf rechtsextremer Bewegung sprach über Remigration

Die Demonstrationen formierten sich nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv über ein Treffen Rechtsradikaler am 25. November in Potsdam. Daran hatten mehrere AfD-Politiker teilgenommen sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über «Remigration» gesprochen. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine grosse Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.

«Teuflischer» und «fürchterlicher» Plan

Scholz sagte in seinem Video, die Rechtsextremisten hätten in Potsdam darüber beraten, wie sie Millionen von Menschen aus Deutschland vertreiben könnten. «Bei diesem Gedanken läuft es einem eiskalt den Rücken herunter.» Er sprach von einem «teuflischen Plan». Es sei «fürchterlich», dass sich manche Migranten nun sogar fragten, ob sie noch eine Zukunft in Deutschland hätten. Allen Menschen in Deutschland mit Migrationshintergrund versicherte Scholz: «Sie gehören zu uns! Unser Land braucht Sie!» Das sei auch die Botschaft des neuen Staatsangehörigkeitsrechts, das am Freitag im Bundestag verabschiedet worden sei.

«Ich glaube, dieses Gefühl, Deutscher und Italiener zu sein oder Deutsche und Türkin – das entspricht der Lebenswirklichkeit ganz vieler Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Das anzuerkennen, ist eine Frage des Respekts», betonte Scholz. «Sie haben Deutschlands Wohlstand mit aufgebaut. Unser Land hat Ihnen unendlich viel zu verdanken! Deshalb werden wir Ihre Lebensleistung auch im Rahmen der Einbürgerung anerkennen.» Scholz betonte allerdings auch, dass gleichzeitig die irreguläre Einwanderung nach Deutschland eingedämmt werden müsse. «Wir müssen Migration besser ordnen als bisher – ganz pragmatisch und vor allem: ohne Hass und ohne Vorurteile.»

Muslim:innen sind Haus und Anfeindungen ausgesetzt

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, rief die Muslime in Deutschland dazu auf, an den Kundgebungen gegen rechts teilzunehmen. Muslime seien Hass und Anfeindungen im Alltag ausgesetzt. Dies sei inakzeptabel und erfordere eine «entschlossene und vereinte Antwort von allen, die die Werte der Demokratie und des Zusammenlebens in Deutschland schätzen». (sda/mhu)

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11.02.2024 12:56

mil1977

“Masseneinwanderung”
Es gibt keine Masseneinwanderung, denn die Masseneinwanderung könnte mit wenigen politischen Entscheidungen umgehend gestoppt werden. Was es aber gibt, ist eine Siedlungspolitik zur Verdrängung der Einheimischen.
Wer den Unterschied zwischen diesen zwei politischen Vorgängen nicht verstanden hat, versteht gar nichts.

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