Widerstand gegen die Nazis: Robert Kehrlis Enkelin erinnert an seinen Kampf vor 90 Jahren
©Bild: Pascal Kamber
Geschichte
Basel-Stadt

Widerstand gegen die Nazis: Robert Kehrlis Enkelin erinnert an seinen Kampf vor 90 Jahren

30.01.2023 17:57 - update 31.01.2023 10:58
Pascal Kamber

Pascal Kamber

Vor 90 Jahren übernahmen die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht. Manche Leute wehrten sich dagegen, so auch der Basler Robert Kehrli. Für seinen Widerstand habe er einen hohen Preis bezahlt, erinnert sich seine Enkelin Doris Moser Tschumi.

Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. So kamen in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht – und eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte begann. Einige Leute lehnten sich gegen die Diktatur auf. Dazu gehörte auch der Basler Robert Kehrli. Mit Flugblättern unterstützte er ab 1933 den Widerstand gegen die Nationalsozialisten in Deutschland.

Auch aus diesem Grund werden bei Kehrlis Enkelin, Doris Moser Tschumi, besondere Erinnerungen wach. «Mein Grossvater war ein grosszügiger, sehr freundlicher, aufgestellter und fröhlicher Mensch. Und er war ein überzeugter Anti-Faschist», sagt Moser Tschumi. Das sei er bis zu seinem Tod am 20. November 1968 geblieben.

Auf dem Rhein Flüchtlinge «gefischt»

Robert Kehrli rettete auch Flüchtlinge. Mit einem Weidling brachte er sie über den Rhein und versteckte sie in seiner Wohnung. Seine Frau hoffte derweil bei jedem «Einsatz», dass alles gut geht. «Das muss für sie grauenhaft gewesen sein», mutmasst Doris Moser Tschumi. «In jeder Nacht, als der Grossvater sagte, er gehe fischen, da wussten sie, dass er geschnappt werden könnte.»

Widerstand gegen die Nazis: Robert Kehrlis Enkelin erinnert an seinen Kampf vor 90 Jahren
Robert Kehrli (links) mit seinem Bruder und einer unbekannten Frau. Bild: zVg

Bei einer Kontrolle am Zoll Grenzach-Horn flogen Robert Kehrli und sein querschnittgelähmter Bruder Fritz am 4. Dezember 1934 denn auch auf. Während sich Fritz kriechend über die Grenze zurück in die Schweiz retten konnte, wurde Robert verhaftet.

Wegen Vorbereitung zum Hochverrat musste er fünf Jahre hinter Gitter. Seine Haftstrafe sass Kehrli unter anderem im berüchtigten Gefängnis Hohenasperg bei Stuttgart ab.

Mit Rezepten gegen den Hunger gekämpft

Eine schwierige Zeit sei das gewesen, nicht nur für seine Familie. «Alle Briefe, die er von seinen Angehörigen erhielt, schrieb er mit Rezepten voll», erzählt Doris Moser Tschumi. In Einzelhaft habe er stark unter Hunger gelitten und erkrankte schwer. «Mit seiner Fantasie schrieb er dann die Rezepte hin», so Moser Tschumi.

Am 23. Dezember 1939 wird Robert Kehrli schliesslich aus dem Gefängnis entlassen. Zuhause an der Utengasse ist die Freude über seine unerwartete Rückkehr gross. «Als er klingelte, rief jemand von oben herab, wer da sei. Danach habe mein Grossvater geantwortet: Ich bins, dr Bappe. Das hat meine Mutter immer wieder erzählt», sagt Doris Moser Tschumi.

Ähnlich rebellisch wie der Grossvater

Seit dem 23. August 2022 erinnert ein Stolperstein an der Utengasse 43 an die Geschichte von Robert Kehrli. Sein Wirken hatte einen grossen Einfluss auf ihr Leben, verrät die heute 73-jährige Doris Moser Tschumi. «Das Rebellische hatte ich schon von ihm», sagt sie. Einmal habe ihr Grossvater zu ihr gesagt: «Mädchen, du musst nicht alles glauben. Du musst immer selber denken und dann handeln.»

Widerstand gegen die Nazis: Robert Kehrlis Enkelin erinnert an seinen Kampf vor 90 Jahren
Ein Stolperstein an der Utengasse erinnert an Robert Kehrli. Bild: Baseljetzt

Diese Botschaft will Doris Moser Tschumi weitergeben. Aus diesem Grund sei es für sie wichtig, dass man jene Leute, die sich in schwierigen Zeiten wehren, nicht vergisst.

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