So entstand ihr ESC-Hit: Zoë Më zeigt am Gymnasium, wie Songs geschrieben werden
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So entstand ihr ESC-Hit: Zoë Më zeigt am Gymnasium, wie Songs geschrieben werden

29.10.2025 17:30 - update HEUTE • 06:17 Uhr
Shahed Staub

Shahed Staub

Montreux Jazz Festival, SRF 3 Best Talent, ESC, Baloise Session – Zoë Mës Erfahrungsschatz wächst stetig. Grund genug, ihr Wissen nun an Basler Schulen weiterzugeben.

Einmal auf der grossen Musikbühne stehen, selbstgeschriebene Lieder singen, einem tobenden Publikum zuwinken und dabei noch in die Kameras lächeln – ein Traum, der sich wohl auch in so manchem Kinderfreundschaftsbuch in der Rubrik «Das will ich mal werden» wiederfindet. Vielleicht auch bei einigen Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Kirschgarten.

In diesem Gymnasium Kirschgarten war Zoë Më am Mittwoch zu Besuch. Die 25-jährige Singer-Songwriterin gibt seit Ende Oktober an Basler Schulen Workshops rund ums Thema Songwriting. Das Wissen, das sie sich seit ihrem zehnten Lebensjahr aneignete, möchte sie nun an Jugendliche weitergeben. 90 Minuten Crashkurs mit Zoë Më – und die Schüler:innen werden einen eigenen Songtext mit nach Hause nehmen.

«Eine Idee kommt auch mal im Badezimmer»

Doch der Reihe nach: Zoë Më will mit ihren Liedern Geschichten erzählen – Geschichten, die aus dem Alltag ihres «Zoë-Më-Universums» spriessen: ein Gedankenblitz im Badezimmer, ein Einfall beim Einkaufen. «Manchmal sitze ich im Bus, habe eine Melodie-Idee und singe sie in mein Handy ein. Ja, das kann auch ein bisschen peinlich sein», sagt Zoë Më zur Schulklasse.

Zoë-Më zeigt die Struktur eines Popsongs anhand ihres Liedes «Le Loup»:

Wie spontan aus einem Einfall ein Lied werden kann, demonstriert Zoë Më gleich selbst am Klavier. Sie fordert ein Wort von der Schulklasse – kurz darauf singt sie ein Lied über eine «Fernbedienung». Nun, wer seit seinem zehnten Lebensjahr Songs für sich und andere Künstler:innen schreibt, kann auch an einem Mittwochmittag mal eine Fernbedienungs-Ballade improvisieren – inklusive Strophe und Refrain. Und sie zeigt der Schulklasse damit: «Alles kann ein Song sein – wichtig ist nur, einfach anzufangen.»

Nicht alles muss direkt gut sein

Apropos Strophe und Refrain: Auch die Struktur eines Liedes – ob Chanson auf Französisch oder Popsong auf Deutsch – soll Thema des Workshops sein. Fast alle der anwesenden Schülerinnen und Schüler sind mit dem Songwriting noch kaum vertraut. «Ich habe mal einen Trap-Song geschrieben», meint ein Schüler. Mit ihm ist der Songwriting-Erfahrungsschatz der Klasse aber bereits auch schon zu Ende erzählt.

Darum folgt noch ein kurzer Theorieblock von Zoë Më: Intro, Outro, Bridge, Chorus, Pre-Chorus, Strophe sowie Rhythmus- und Reimübungen (aabb, abab, abba – der Deutschunterricht lässt grüssen). Danach wird in der Schulklasse geschrieben, gestrichen, Songtitel gesetzt und der Storybogen gespannt. Am Ende halten die Schüler:innen ihren ersten eigenen Songtext in den Händen. Und Zoë Më betont erneut: «Nicht alles, was entsteht, muss direkt gut sein. Ein Song darf auch einfach ein Vibe sein.»

Zum Abschluss gab es für die Schulklasse die Originalversion von Zoë Mës ESC-Hit «Voyage». Diese entstand während eines Aufenthalts in Schottland.

Interview mit Zoë Më zum Songwriting

Zoë Më, du hast vor Kurzem deine Ausbildung als Lehrerin abgeschlossen. Hast du es vermisst, im Klassenzimmer zu stehen?

Also, ich finde schon, dass ich als Musikerin im richtigen Beruf bin – und das ist das, was ich auf jeden Fall hundertprozentig verfolge. Aber ich finde es gerade schön, wieder ins Klassenzimmer zu kommen. Da kann ich das Beste aus beiden Welten vereinen.

Was versuchst du den Schüler:innen in einem eineinhalbstündigen Workshop zu vermitteln?

Einerseits, dass die Hemmschwelle kleiner wird. Ich glaube, man hört heute so viele perfekt produzierte Songs, dass man denkt: Ich würde zwar gerne auch Songs schreiben, aber wie soll ich das schaffen – ich habe ja nicht das Niveau dieser Leute. Und darum geht es mir darum, einfach mal zu sagen: Es muss nicht perfekt sein. Man macht einfach mal etwas, und ich gebe ihnen Tools mit, um den Einstieg zu finden. Ich möchte, dass sie wieder Zugang dazu bekommen.

Passt du persönlich deinen Text deiner Musik an oder umgekehrt?

Ich tue meistens beides gleichzeitig, aber mit dem Fokus zuerst auf den Text. Ich bin Geschichtenerzählerin, und es ist mir wichtig, dass der Text etwas bewegt. Darum mache ich zwar beides zusammen, schaue aber immer zuerst, dass der Text steht.

Du hast gesagt, Texte können überall entstehen – im Bus, im Badezimmer. Wie gehst du selbst mit Blockaden um, wenn du welche hast?

Die habe ich auch. Ich denke, gerade jemand wie ich, der aus dem Leben schreibt – Geschichten von mir, aber auch von anderen – ist gefährdet. Wenn ich gerade nichts erlebe oder nicht in Kontakt mit Menschen bin, dann ist es schwieriger. Es gibt Phasen, in denen ich wirklich das Gefühl habe: Alles, was ich anfange zu schreiben, kann ich gleich wieder verwerfen. Aber das gehört dazu. Meistens kommt der nächste Aufschwung, wenn es lange stagniert hat.

Aber hast du nicht manchmal die «Krankheit», dass du das Gefühl hast, du musst alles, was du erlebst, gleich in einem Text verarbeiten?

Das ist eine gute Frage – das habe ich mir noch nie überlegt. Ich denke nicht, dass ich das Gefühl habe, ich muss alles in Songs verpacken. Es ist eher so, dass es für mich ein Ventil ist, um meine Gedanken aus dem Kopf zu bringen. Ich gehe zum Beispiel nicht in Therapie, weil ich das Gefühl habe, Songwriting ist meine Therapie. Wenn mich etwas beschäftigt, schreibe ich es auf – und das hilft mir. Es tut mir einfach gut.

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29.10.2025 20:49

Thomy

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