Sowjet-Gedenkfeier zum  «Tag des Sieges»: Mit Töff, Hammer und Sichel aufs Hörnli
©Bild: Baseljetzt
Friedhof Hörnli
Basel-Stadt

Sowjet-Gedenkfeier zum «Tag des Sieges»: Mit Töff, Hammer und Sichel aufs Hörnli

09.05.2023 12:17 - update 09.05.2023 16:39
Michel Schultheiss

Michel Schultheiss

Rund 80 Personen gedachten beim Sowjet-Grab den Gefallenen im Zweiten Weltkrieg. Mit dabei waren auch Mitglieder des russsisch-nationalistischen Motorradclubs «Nachtwölfe».

Aus der ganzen Schweiz kamen russischsprachige Besucherinnen angereist. Sie alle wollten des Sieges der Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutsche Reich gedenken. Noch aber ist der Friedhof geschlossen: Der russische Botschafter hält eine Zeremonie beim Grab der gefallenen sowjetischen Soldaten ab. Daher stehen alle noch vor verschlossenen Toren, die Kantonspolizei wacht. Zahlreiche Motorräder stehen in Reih und Glied vor dem Hörnlieingang: Mitglieder des als putintreu geltenden Rockerclubs «Nachtwölfe» warten ebenfalls auf Einlass.

Um etwa 10.30 Uhr ist es soweit: Nun dürfen alle Angereisten das Hörnli betreten. Sie tragen Flaggen mit Hammer und Sichel, das Georgsband, Blumen sowie Fotos von im Krieg gefallenen Vorfahren mit sich. «In jeder dieser Familien gab es Menschen, die in diesem Krieg starben», sagt Marina Melnikova aus Genf gegenüber BaselJetzt. So sei ihr Grossvater in der Schlacht um Kiew im Jahr 1941 gestorben. Im Gegensatz zu ihr sind die anderen Anwesenden eher zurückhaltend. Sie seien misstrauisch gegenüber den westlichen Medien, so der Tenor. Erst recht kein Thema ist daher der aktuelle Krieg in der Ukraine.

Keine Gegenkundgebungen beim Hörnli

Die Versammelten halten vor den Grabtafeln zu Ehren von vier auf dem Hörnli begrabenen Soldaten die Gedenkzeremonie mit einem orthodoxen Gebet ab. Zum Schluss tauchen die Nachtwölfe auf und legen einen Kranz nieder. Es folgt ein Applaus.

Es gibt keine Gegenkundgebungen zu diesem Anlass. Margarita Antoni vom Verein «Ukrainer in Basel» sagt auf Anfrage von BaselJetzt, dass dazu auch nichts geplant gewesen sei. «Solange es dem Gedenken an gefallene Familienmitglieder dient, hat jeder ein Anrecht darauf», sagt Antoni. Die Gefahr sei aber gross, dass dies zu Propagandazwecken missbraucht werden könne.

Diese Befürchtung hegte auch die Basler Regierung. Im Vorfeld bat sie den russischen Botschafter, auf diesen Anlass zu verzichten. Der Regierungsrat könne aus grundrechtlichen Gründen den Friedhofbesuch nicht verbieten, schreibt Regierungssprecher Marco Greiner auf Anfrage von BaselJetzt. Der russische Botschafter könne dieses Grundrecht auch beanspruchen. Wie schon letztes Jahr habe er sich aber an Auflagen halten müssen. «Jegliche, auch symbolhafte Bezugnahme auf den Krieg gegen die Ukraine soll unterbleiben», so eine vom Regierungssprecher genannte Bedingung.

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.