
Stadt Zürich führt Mindestlohn ein
Baseljetzt
Die Stadt Zürich führt als erste Stadt der Schweiz einen kommunalen Mindestlohn ein. Auch Winterthur erhält einen Mindestlohn.
Wer in der Stadt Zürich arbeitet, wird künftig mindestens 23.90 Franken pro Stunde verdienen. Dies fordert der Gegenvorschlag zur Mindestlohn-Initiative, den die Stimmberechtigten mit 69,4 Prozent Ja-Stimmen angenommen haben.
4’000 Frnaken pro Monat
75’170 Stimmberechtigte haben für die Einführung von Mindestlöhnen gestimmt, 33’099 waren dagegen. Die Stimmbeteiligung betrug 46,8 Prozent, wie die Stadt Zürich am Sonntag mitteilte.
Der geforderte Mindestlohn entspricht hochgerechnet auf ein volles Arbeitspensum rund 4’000 Franken pro Monat. Wer 100 Prozent arbeitet, soll von seinem Lohn auch leben können, forderten Befürworterinnen und Befürworter.
Vom neuen Mindestlohn profitieren werden Angestellte in Tieflohnbranchen wie Reinigung, Gastronomie oder Detailhandel. In der Stadt Zürich verdienen laut Angaben der Stadt derzeit knapp 17’000 Angestellte, mehrheitlich Frauen, weniger als 23 Franken pro Stunde. Für Lernende, Praktikanten und Praktikantinnen sowie unter 25-Jährige ohne Erstausbildung gilt die Mindestlohn-Vorschrift nicht.
Gegner warnten vor «Lohndiktat»
Der Gegenvorschlag zur Mindestlohn-Initiative wurde von SP, Grünen, Mitte, EVP und AL unterstützt. FDP und SVP bekämpften die Vorlage. Die Initiative wurde zurückgezogen. Der Gegenvorschlag weicht im Kern nur wenig von der Initiative ab.
Bürgerliche Gegnerinnen und Gegner sowie Arbeitgeberverbände warnten im Vorfeld der Abstimmung vor einem «staatlichen Lohndiktat», das bei einer Annahme drohe. Die neuen Vorschriften würden auch Vereinbarungen für tiefere Löhne in Gesamtarbeitsverträgen aushebeln.
Die Gegner warfen den Initianten zudem Salami-Taktik vor. Nachdem die Einführung von Mindestlöhnen 2014 auf Bundesebene abgelehnt worden sei, würden die Befürworter es nun einfach in Städten probieren, wo die Erfolgschancen besser seien.
Klage nicht ausgeschlossen
Ob ein kommunaler Mindestlohn rechtlich überhaupt zulässig ist, steht nicht zweifellos fest. Das Bundesgericht hat in früheren Entscheiden kantonale Mindestlöhne als zulässig bezeichnet, solange diese sozialpolitische Ziele verfolgen. Für kommunale Mindestlöhne liegt hingegen kein solcher Entscheid vor.
Ein Rechtsgutachten zur Mindestlohn-Initiative kam zwar zum Schluss, dass kommunale Mindestlöhne zulässig seien. Das Gutachten wies aber auch auf einzelne Punkte hin, die rechtlich problematisch sein könnten.
Die Gegner des kommunalen Mindestlohns in Zürich haben im Vorfeld der Abstimmung auf mögliche rechtliche Probleme hingewiesen. Ob sie nun tatsächlich gegen die Einführung des Mindestlohns klagen wollen, stand am Sonntag noch nicht fest.
Auch Winterthur erhält Mindestlohn
Wer in der Stadt Winterthur arbeitet, erhält künftig einen Lohn von mindestens 23 Franken pro Stunde. Die Stimmberechtigten haben am Sonntag mit einem Ja-Stimmenanteil von 65,5 Prozent einen solchen kommunalen Mindestlohn beschlossen.
Für die Initiative «Ein Lohn zum Leben» von SP, Grünen, AL und Gewerkschaften stimmten 22’318 Winterthurerinnen und Winterthurer. Dagegen waren 11’743. Die Stimmbeteiligung lag bei 48 Prozent.
Die Bürgerlichen waren gegen den Mindestlohn. Sie warnten vor Arbeitsplatzabbau in der Stadt Winterthur sowie teureren Produkten und Dienstleistungen.
Rund 3600 Personen werden vom neuen kommunalen Mindestlohn profitieren, dabei handelt es sich um fünf Prozent aller Angestellten. Zwei Drittel davon sind Frauen, die etwa in der Reinigung, in der Gastrobranche oder im Detailhandel arbeiten. (sda/fra)
Feedback für die Redaktion
Hat dir dieser Artikel gefallen?
Kommentare lesen?
Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.
Kommentare
Dein Kommentar
Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise