Prozessauftakt in Muttenz zu tödlichem Lachgas-Autounfall: Tränen und Dummheits-Aussage
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Prozess
Baselland

Prozessauftakt in Muttenz zu tödlichem Lachgas-Autounfall: Tränen und Dummheits-Aussage

19.03.2025 11:40 - update 20.03.2025 07:51

Stefan Plattner

Beim Auftakt des Gerichtsprozesses in Muttenz im Falle des tödlichen Unfalls mit Lachgas im Jahr 2021, sagte heute Morgen der Angeklagte aus und sprach von einer Dummheit. Im Saal flossen bei den Geschädigten die Tränen.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet unter anderem auf vorsätzliche Tötung. Der heute 21-jährige Angeklagte habe im November 2021 während der Fahrt von Basel in Richtung Luzern am Steuer die Droge Lachgas konsumiert. Dies hat er vor Gericht heute zugegeben. Laut Anklageschrift wurde er während des Fahrens kurz bewusstlos, dann kam es zum tödlichen Unfall beim Arisdorf-Tunnel im Baselbiet. Dabei verstarb ein Kollege auf der Rückbank, zwei weitere Kollegen im Auto wurden schwer verletzt, als das Auto in einen Betonpfeiler krachte. Auch die Kollegen gaben heute vor Gericht an, sie hätten im Auto Lachgas konsumiert.

Genervter Angeklagter

Der Angeklagte wirkte bei seinen Aussagen vor dem Gericht heute Morgen klar und gefasst. Trauer oder Verunsicherung waren bei ihm nicht zu spüren. Er sprach von einem Fehler, den er begangen habe. Am Nachmittag wurde er emotional, etwas lauter und genervt, als Richterin Barbara Grange immer wieder nachbohrte, ob er denn nicht gewusst habe, wie gefährlich sich Lachgas auswirken könnte. Er wehrte sich somit krampfhaft gegen den Vorwurf der vorsätzlichen Tötung. Er habe nicht geahnt, dass Lachgas bewusstlos machen kann. Bei ihm habe sich dieser Stoff zuvor nie so ausgewirkt.

Der Aargauer ist sei dem Unfall in der Novembernacht 2021 nie mehr Auto gefahren, obwohl er den Fahrausweis wieder hätte zurückbekommen können. Er sehe keinen Sinn mehr darin. Bis vor Kurzem habe er sehr viel Alkohol und Drogen konsumiert, um das Unglück zu verdrängen. Seit Januar nehme er aber weniger Drogen und Alkohol, weil er sich der Realität stellen wolle. Er fühle sich moralisch sehr schuldig für das, was passiert ist. Er wolle ein neues Leben beginnen. Wenn alles vorbei sei hier, wolle er nach Kroatien ziehen. Dort habe er noch Verwandte und sein Vater arbeite auch dort.

Damalige Kollegen als Privatkläger

Bei den drei überlebenden Kollegen und deren Familien flossen teilweise die Tränen. Vor allem, als der Vater des verstorbenen Kollegen aussagte, dass sich sein Leben von einer Sekunde, auf die andere komplett verändert habe. Das Leben sei heute wie in einem anderen Universum. Der Vater hat vor Kurzem auch seine Stelle verloren.

Eine Dummheit begangen

Einer der betroffenen Kollegen des Angeklagten sagt in einem vollen Gerichtssaal aus, heute würde er von einer gemeinsamen Dummheit der Gruppe reden. Auch er selbst sei dumm gewesen, dass er im Auto Lachgas konsumiert habe. Sie hätten Spass gehabt und das Lachgas habe ihre Sinne vernebelt. Man beginne zu Lachen, es sei alles lustig und es drehe sich teilweise alles. Er mag sich aber daran erinnern, dass er zu seinem Kollegen am Steuer einmal gesagt habe, dieser solle nicht davon konsumieren.

Hauptschuldig am Unfall sei der Fahrer, fand der zweite Kollege. Der Fahrer habe gewusst, dass er durch Lachgas bewusstlos werden könne. Auch dieser Kollege tritt als Privatkläger auf. Er sass damals hinten im Auto und spürt noch heute körperliche Folgen seines Schädel-Hirn-Traumas. Dennoch sagte er auch aus, dass aus seiner Sicht alle im Auto einen gewissen Anteil der Schuld trugen.
Alle drei Kollegen haben seit dem Unfall keinen Kontakt mehr zum Angeklagten. Während ihren Aussagen sass dieser regungslos mit zwei Meter Abstand an seinem Tisch und starrte ins Leere. Es war wohl die erste Begegnung der Vier seit dem folgenschweren Unfall vor dreieinhalb Jahren.

«Ich kannte die Risiken nicht»

Der Angeklagte streitet in seiner Aussage am Nachmittag ab, dass er sich im Klaren war, was Lachgas anrichten kann. Er habe nie einen Schwindel oder etwas dergleichen verspürt bei vorigen Konsumationen. Es kommt zu einer Diskussion mit der Strafrichterin Barbara Grange, die darauf pocht, dass der Angeklagte damals mit 18 Jahren hätte wissen müssen, welche Folgen der Lachgas-Konsum haben kann. Er bestreitet dies, sagt, er habe einen Fehler gemacht und bereue dies bis heute. Ein Vorsatz sei aber keiner dabei gewesen. Er habe niemand verletzten oder gar umbringen wollen.

Stawa BL fordert harte Strafe

Das Urteil wird nächste Woche erwartet. Die Staatsanwaltschaft fordert 6 Jahre und 9 Monate Gefängnis unter anderem wegen vorsätzlicher Tötung. Für den Beschuldigten gilt bis dahin die Unschuldsvermutung. Bislang hat er keine Strafe erhalten und war auch nicht in Untersuchungshaft.

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