
Über 200 Tote bei Zugkatastrophe in Indien
Baseljetzt
Bei einem verheerenden Zugunglück sind in Indien mindestens 288 Menschen gestorben. Verletzt wurden über 900.
Die Behörden des Bundesstaats Odisha gaben die Zahlen am Samstagmorgen bekannt. Da noch weitere Tote unter den umgestürzten Waggons vermutet wurden und die Rettungskräfte während der Nacht unter erschwerten Bedingungen zu arbeiten hatten, waren weiter steigende Opferzahlen zu befürchten.
Die Katastrophe ereignete sich am Freitagabend gegen 19 Uhr Ortszeit in einer ländlichen Gegend des Bezirks Balasore, gut 200 Kilometer südwestlich von Kolkata (früher: Kalkutta). Zwei Passagierzüge und ein Güterzug verunglückten dort nacheinander auf zwei parallel verlaufenden Gleisabschnitten. Wie genau, das war auch Stunden nach dem Unfall noch immer nicht klar.
Grund für Entgleisung ist unklar
Medienberichten zufolge war vermutlich erst einer der beiden Passagierzüge entgleist, der andere dann auf der wenige Meter entfernten Parallelstrecke in die dort auf den Gleisen liegengebliebenen Waggons gerast. Welcher der beiden Züge zuerst entgleiste und aus welchen Gründen, das blieb zunächst ungeklärt – ebenso wie die Frage, ob der Güterzug zum Zeitpunkt des Unfalls wirklich auf einem anderen Gleis abgestellt war und von einem der entgleisten Passagierzüge gerammt wurde, wie es manche Medien beschrieben. Andere schilderten abweichende Versionen des Geschehens.
Mit Tagesanbruch am Samstag wurde das Ausmass des Desasters besser sichtbar. Etwa ein Dutzend havarierte Waggons lagen auf und neben den Gleisen, mit den Rädern in die Höhe ragende Stahlkolosse, einige mit aufgerissenen Abteildecken, die Fenster zerschmettert. Auf und neben den Waggons versuchten Dutzende Helfer in Zivilkleidung und Rettungskräfte mit orangenen Schutzanzügen verzweifelt, verletzte Passagiere unter den tonnenschweren Trümmern zu retten.
Ein Augenzeuge sagte dem örtlichen Fernsehsender NDTV, er sei aus dem Schlaf gerissen worden, als sein Zug plötzlich entgleiste – und das Chaos losbrach. «10 bis 15 Menschen fielen auf mich», erzählte er dem Sender. Er selbst sei mit Verletzungen am Hals und an den Händen davongekommen, habe dann aber überall Leichen und abgetrennte Körperteile erblickt.
«Es war ein ohrenbetäubender Lärm»
«Es war ein ohrenbetäubender Lärm, ich spürte den Boden unter meinen Füssen erzittern. Unser Zug wurde vor- und zurückgeworfen», wurde ein Fahrgast von der Zeitung Times of India zitiert. Dann habe er aus dem Fenster geschaut und die entgleisten Waggons gesehen, mit darunter eingeklemmten Menschen. «Es war dunkel und ich konnte Schreie hören.» Ein anderer Mann schilderte, wie völlig aufgelöste Angehörige später in einem Feld verstümmelter Körper nach ihren Liebsten suchten. «Der Anblick war zu schrecklich, um ihn zu beschreiben.»
Indiens marodes Bahnsystem mit alten Zügen und überholungsbedürftigen Gleisanlagen ist bekannt für häufige Unfälle. Doch derart hohe Opferzahlen sind selbst in dem riesigen Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern äusserst selten.
Bahnminister Ashwini Vaishnaw sagte der Nachrichtenagentur ANI, er habe eine Untersuchung zur Ursache der Zugkatastrophe angeordnet. Am Samstagmorgen traf er an der Unfallstelle ein, um sich ein Bild vom Ausmass der Tragödie zu machen. Premierminister Narendra Modi zeigte sich erschüttert und schrieb auf Twitter: «In dieser Stunde der Trauer sind meine Gedanken bei den trauernden Familien.» Der Samstag wurde in Odisha zum Trauertag erklärt. (sda/mal)
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