
Sicherheitsleute statt Handwerker – Sanierung auf die lange Bank geschoben
Michel Schultheiss
Aus Angst vor einer erneuten Hausbesetzung lässt eine Versicherung zwei ihrer Liegenschaften an der Schanzenstrasse überwachen. Sehr zum Ärger der Nachbarn. Das steckt dahinter.
Mindestens eine Sicherheitsperson bewacht rund um die Uhr die Haustür. Die beiden benachbarten Eingänge sind verbarrikadiert, dort wohnt keiner mehr. An der Schanzenstrasse 6 dagegen schon. Susanne Schäfer lebt hier seit über zwanzig Jahren. Es sei ziemlich turbulent zu- und hergegangen, sagt sie gegenüber Baseljetzt. Die Tatsache, dass das Haus nun nach einer kurzen Besetzung überwacht wird, kam für sie überraschend. Die Mieterinnen und Mieter seien darüber nicht informiert worden.
Eine weitere Nachbarin (namentlich möchte sie nicht genannt werden), ist ebenfalls unglücklich über die Situation. Das Sicherheitspersonal sei zwar nett, doch das Prinzip, dass überwacht und manchmal auch Gäste befragt würden, sei schon unangenehm.
Eigentümerin verspricht Sanierung
Die Liegenschaftseigentümerin, Vaudoise Versicherungen, räumt auf Anfrage von Baseljetzt ein, dass sie die Mieter:innen wegen der ungewissen Dauer der Überwachung nicht «proaktiv» informiert habe.
Nicht nur das Sicherheitspersonal macht den Mieter:innen Sorgen, sondern auch die Leerstände in den Häusern links und rechts. Im Gegensatz zu den Mietparteien an der Schanzenstrasse 6 hatten die Bewohner:innen der Nummern 4 und 8 nur befristete Mietverträge. Sie mussten alle ausziehen. Das bestätigen die Vaudoise Versicherungen auf Anfrage. «Die geplanten Sanierungsarbeiten sind umfangreich und tiefgreifend. Die Arbeiten sind ohne einen gewissen Leerstand nicht möglich», schreibt eine Vaudoise-Sprecherin auf Anfrage. Die Sanierung werde Mitte 2024 beginnen.
Susanne Schäfer muss über diese Ansage schmunzeln. Die Eigentümerin habe diese Arbeiten schon vor drei Jahren immer wieder angekündigt. Passiert sei aber nichts. Es sei seltsam, dass immer die Mieter:innen selbst nachhaken müssten. Ärgerlich sei, dass beim Unterhalt in den belegten Wohnungen nichts mehr investiert und stets auf die anstehende Gesamtsanierung verwiesen werde.
Eine denkmalgeschützte Häuserzeile
Dasselbe sagt auch ihre Nachbarin. «Etwa alle sechs Monaten sagen sie, dass saniert werde». Dabei würde man die Mieter:innen stets auf ein späteres Datum vertrösten. Dabei sei gerade in ihrer Wohnung der Boiler extrem baufällig. Auch Handwerker hätten ihn schon begutachtet und seien über den Zustand erschrocken. Die Vaudoise-Sprecherin schreibt hingegen, dass die laufenden Unterhaltsarbeiten weiterhin ausgeführt werden. Somit lauten die Aussagen der Mieterschaft anders als diejenigen der Eigentümerin.
Die Verzögerungen stehen nicht im Zusammenhang mit der Wohnschutz-Gesetzgebung im Kanton Basel-Stadt, wie die Vaudoise-Sprecherin schreibt. Sie nennt einen anderen Faktor. Die Häuserzeile steht seit März 2022 im Denkmalverzeichnis. In Abstimmung mit der Denkmalpflege seien mehrere Szenarien für eine Sanierung untersucht worden, was zeitaufwändig gewesen sei.
Nach der Sanierung sollen die Mietzinse nach Aussage von Vaudoise «im Rahmen der geltenden Bestimmungen angepasst» werden. Susanne Schäfer rechnet gerade im Hinblick auf die Basler Wohnschutzbestimmungen damit, dass sie nach mit dem bislang moderaten Mietzins wohnen bleiben kann.
Räumung in den frühen Morgenstunden
Bis auf Weiteres stehen also die Security-Teams vor dem Eingang – aus Sicherheitsgründen. Vaudoise als Eigentümerin sei für das Gebäude verantwortlich und hafte für mögliche Unfälle, schreibt die Sprecherin. Der Versicherungskonzern entschied sich für diesen Schritt, als im September Unbekannte die Liegenschaft Nummer 8 während rund einer Woche besetzten. In einem Communiqué schrieben die Hausbesetzer:innen, sie befürchteten eine «Luxussanierung» mit entsprechenden Mietzinserhöhungen. Susanne Schäfer erinnert sich, dass sie sich via Balkon mit den Besetzer:innen unterhalten habe. Sie seien vermummt gewesen, doch eigentlich ganz nett und freundlich gewesen.
Die Eigentümerin kontaktierte das Besetzer-Kollektiv, wies es auf die Sicherheitsrisiken hin und forderte sie auf, das Haus zu verlassen. Als sie blieben, veranlasste Vaudoise bei der Polizei eine Räumung. Am 27. September um 4.30 Uhr morgens griff die Kantonspolizei mit einem grossen Aufgebot ein. Dabei waren auch Hunde im Einsatz, wie die Kantonspolizei gegenüber Baseljetzt bestätigt. Im Haus traf sie jedoch keine Personen mehr an.

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