Umstrittener Staatsbesuch aus Indien: Biden empfängt Modi 
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Umstrittener Staatsbesuch aus Indien: Biden empfängt Modi 

23.06.2023 06:37 - update 23.06.2023 00:17

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US-Präsident Joe Biden hat den indischen Premierminister Narendra Modi als Staatsgast in den USA empfangen. Die beiden haben mehrere Vereinbarungen beschlossen und beschworen die Partnerschaft beider Länder.

Mit einem pompösen Empfang für den indischen Premierminister Narendra Modi als Staatsgast in den USA hat Präsident Joe Biden das bevölkerungsreichste Land der Erde umworben. Bidens Regierung versucht offensiv, Indien als wichtigen Akteur im Indopazifik und auf der internationalen Bühne stärker an sich zu binden. Zahlreiche Politiker aus dem US-Kongress äusserten sich jedoch besorgt über die Menschenrechtslage in Indien. Modi wies das als unbegründet zurück.

Entscheidende Beziehung

Biden sagte, er sei überzeugt, dass die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Indien eine der entscheidenden Beziehungen des 21. Jahrhunderts sein werden. Es handele sich um zwei grosse Nationen, zwei grosse Freunde, zwei grosse Mächte, die den Verlauf des Jahrhunderts bestimmen könnten. Die USA und Indien müssten zusammenarbeiten und gemeinsam die Führung übernehmen, um den Herausforderungen des Jahrhunderts zu begegnen.

Die US-Regierung hatte bereits kurz vor Modis Besuch diverse neue Partnerschaften angekündigt, etwa den Verkauf bewaffneter MQ-9B-Drohnen aus den USA an Neu-Delhi, US-Investitionen in die Halbleiter-Produktion in Indien sowie neue Kooperationen in der Raumfahrt und im Technologiesektor. Biden sagte nun, auch indische Firmen hätten Investitionen im Umfang von mehr als zwei Milliarden Dollar (1,82 Milliarden Euro) in den USA angekündigt. «Unsere Handelsbeziehungen florieren», betonte er. Die Partnerschaft beider Staaten habe grenzenloses Potenzial.

Pompöser Empfang

Biden begrüsste Modi im Weissen Haus mit einer feierlichen Zeremonie. Später hielt der indische Premier eine Rede vor beiden Kammern des US-Kongresses und pries dort unter anderem den Aufstieg seines Landes. Indien sei heute die fünftgrösste Volkswirtschaft der Welt und stelle ein Sechstel der Weltbevölkerung.

Staatsbesuche werden anders als reguläre Arbeitsbesuche von besonderem protokollarischen Pomp begleitet, wie etwa einem Staatsbankett. Modi ist in Bidens Amtszeit erst der dritte ausländische Gast, dem diese Ehre zuteil wird. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron war im vergangenen Dezember zu einem Staatsbesuch in die USA gereist. Ende April folgte Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol.

Grösste Demokratie

Indien hat China als bevölkerungsreichstes Land abgelöst. Mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern ist es auch die grösste Demokratie der Welt und hat wachsenden politischen und wirtschaftlichen Einfluss, gerade im Indopazifik. Bidens Regierung versucht dem Machtstreben Chinas in der Region etwas entgegenzusetzen und hat daher Partnerschaften mit anderen Ländern in der Region deutlich forciert, unter anderem im sogenannten Quad-Bündnis mit Indien, Japan und Australien.

Dass Biden dem indischen Premier derart den roten Teppich ausrollt, stösst auch auf Kritik. Seit 2014 ist Modi von der hindu-nationalistischen BJP Premierminister des Landes. In seiner Amtszeit fiel Indien auf Ranglisten zu Demokratie oder Pressefreiheit mehrere Plätze zurück. Kritiker beklagen, religiöse Minderheiten würden in dem mehrheitlich hinduistischen Land diskriminiert.

Offener Brief

Auch mehr als 70 US-Politiker aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat hatten sich vor Modis Besuch besorgt über die Menschenrechtslage in Indien geäussert und Biden in einem offenen Brief aufgefordert, diese Probleme bei dem Treffen anzusprechen. Sie mahnten, es gebe beunruhigende Anzeichen, dass politische Rechte und Meinungsfreiheit in Indien eingeschränkt würden, dass religiöse Intoleranz gegenüber Minderheiten zunehme und die Pressefreiheit leide. Aus dem Weissen Haus hiess es vorab, der Präsident ducke sich nicht weg vor diesen schwierigen Themen. Einzelne Abgeordnete wollten wegen dieser Bedenken auch Modis Rede im Kongress boykottieren.

Biden sagte bei einem gemeinsamen Presseauftritt mit Modi, die beiden hätten sich intensiv über demokratische Werte ausgetauscht. Modi, der in der Heimat üblicherweise keine Reporterfragen beantwortet, wies in Washington Kritik an der Menschenrechtslage in Indien zurück. «Die Demokratie liegt in unserer DNA. Die Demokratie ist unser Geist. Die Demokratie fliesst in unseren Adern», sagte er und versicherte, es gebe in Indien absolut keine Diskriminierung, weder aufgrund der Kaste, des Glaubens oder anderer Dinge. (sda/lab)

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