
Unter der Lupe: Die wichtigsten Dossiers der Basler Sicherheitsdirektorin Eymann
Baseljetzt
Am 20. Oktober finden im Kanton Basel-Stadt die Gesamterneuerungswahlen für die Regierung statt. In einer losen Serie werden die wichtigsten Dossiers der amtierenden Regierungsrät:innen unter die Lupe genommen. Heute im Fokus: Stefanie Eymann.
Die 45-jährige Juristin Stephanie Eymann gehört der Basler Regierung seit Februar 2021 an. Sie wurde Ende November 2020 als politische Quereinsteigerin in Basel-Stadt in die Exekutive gewählt – und verdrängte damit Justiz- und Sicherheitsdirektor Baschi Dürr (FDP). Diese Geschäfte – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – prägten die Arbeit von Eymann in den vergangenen vier Jahren:
Hafen
Kurz nach ihrem Amtsantritt griff die neue Justiz- und Sicherheitsdirektorin nach einer gewalttätigen Partynacht im Basler Rheinhafen im Mai 2021 mit Schlägereien, einer Messerstecherei und mehreren Verletzten durch. In der Folge wurde die Polizeipräsenz erhöht, das Gebiet an Wochenenden videoüberwacht und ein temporäres Fahrverbot auf der Uferstrasse verhängt. Zudem sagte Eymann den Autoposern den Kampf an: Die Zufahrt zur Westquaistrasse wird seither an den Wochenenden beschränkt und von Verkehrswachen kontrolliert.
Bettelverbot
Rund drei Monate nach ihrem Amtsantritt kündigte die ehemalige FDP-Gemeinderätin von Eptingen BL und Leiterin der Baselbieter Verkehrspolizei an, das Betteln in der Stadt einzuschränken. Das Betteln in «aufdringlicher oder aggressiver Art und Weise» wird seit dem 1. September 2021 mit einer Busse von 100 Franken bestraft. Für das Betteln an neuralgischen und besonders sensiblen Örtlichkeiten gibt es eine Busse von 50 Franken. Das betrifft unter anderem in einem Umkreis von fünf Metern Ein- und Ausgänge von Bahnhöfen sowie von Einkaufsläden, Banken, Poststellen, Restaurants, Kulturinstitutionen, öffentlichen Gebäuden und die Umgebung von ÖV-Haltestellen sowie von Spielplätzen.
Demonstrationen
Kundgebungen prägten die erste Amtszeit von Eymann. Im Mai 2021 gab die 45-Jährige bekannt, die Bewilligungspraxis für Demonstrationen und Kundgebungen mit einem neuen Grundsatzpapier transparenter gestalten zu wollen. Die Polizei wolle unter anderem verhindern, dass eine Gruppierung den öffentlichen Grund übermässig oft nutzt und damit allenfalls andere verdrängt. Bei der Bewilligung von Kundgebungen werde deshalb die Zahl der Auftritte in den vergangenen zwölf Monaten berücksichtigt, sagte Eymann damals vor den Medien. Vor allem aber kündigte Eymann ein konsequenteres Durchgreifen bei unbewilligten Demonstrationen an – was sie ein Jahr später im Grossen Rat wiederholte. Dies, nachdem es an der Kundgebung zum 1. Mai 2022 in Basel zu Sachbeschädigungen gekommen war.
Im Februar 2023 kam es bei einer unbewilligten Klima-Demonstration mit rund 300 Personen zu heftigen Zusammenstössen mit der Polizei. Diese setzte Gummischrot und Reizgas ein. Wenige Wochen später setzte die Polizei anlässlich der unbewilligten Demonstration zum Internationalen Frauentag mit rund 150 Personen erneut Gummischrot ein und kesselte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehrere Stunden ein.
Zwei Monate später eskalierte die 1. Mai Kundgebung in Basel: Die Polizei hatte mit einem massiven Aufgebot mit Gitterfahrzeugen und Wasserwerfer die bewilligte Demonstrationsroute in der Elisabethenstrasse, wenige hundert Meter nach ihrem Beginn, abgesperrt. Sie kesselte rund 70 Teilnehmende an der Spitze des Zugs ein, «aufgrund von vermummten und mit Schutzmaterial ausgerüsteten Gruppierungen». Das Vorgehen der Polizei löste bei den Linken einen Aufschrei aus. Demonstrierende gingen juristisch gegen die Einkesselung vor.
Bedrohungsmanagement
Eymanns erste grössere Vorlage im Grossen Rat war im Mai 2021 die Teilrevision des Polizeigesetzes zur Einführung eines kantonalen Bedrohungsmanagements. Dieses Geschäft, das ihr Vorgänger Baschi Dürr noch aufgegleist hatte, wurde vom Parlament nach einer mehrstündigen Debatte gutgeheissen. Die bei der Kantonspolizei Basel-Stadt angesiedelte Abteilung hat am 1. März 2023 ihre Arbeit aufgenommen. Im Zentrum der neuen Abteilung steht die polizeiliche Verhinderung von Gewalt, vor allem im Bereich von häuslicher Gewalt, aber auch von Gewalttaten aufgrund psychischer Störungen und gewaltbereitem Extremismus. Das Bedrohungsmanagement soll sowohl der gefährdenden als auch der gefährdeten Person präventiv Unterstützung bieten.
FCB und personalisierte Tickets
Die Basler Regierungsrätin deutete im November 2021 an, dass sie personalisierte Tickets für FCB-Heimspiele befürwortet, obwohl Basel-Stadt nicht Mitglied des Hooligan-Konkordats ist. Dies sorgte bei vielen FCB-Fans für Kritik. Eymann betonte auch, den Beitritt zum erweiterten Konkordat wieder thematisieren zu wollen, wenn es für die Einführung von personalisierten Tickets notwendig ist. Der Grosse Rat hatte 2013 einen Beitritt zum erweiterten Hooligan-Konkordat abgelehnt.
Dass Eymann Fangewalt nicht akzeptiert, brachte sie im April 2023 deutlich zum Ausdruck: Damals wurden beim Fussballspiel FCB-YB vier Mitarbeitende einer Sicherheitsfirma vor dem Joggeli durch Fussballfans verletzt, worauf Eymann die Muttenzerkurve beim nächsten Spiel schliessen liess.
Unterbestand Polizei
Dem Kanton Basel-Stadt laufen seit geraumer Zeit die Polizistinnen und Polizisten davon. So fehlen rund 100 Ordnungshüter. Um diesem Problem teilweise entgegenzuwirken, kündigte Eymann im März 2023 an, dass die Angehörigen des Polizeikorps eine Arbeitsmarktzulage von 250 bis 400 Franken pro Monat erhalten sollen. Die Massnahme ist auf maximal drei Jahre befristet und kostet insgesamt 10,3 Millionen Franken. Der Grosse Rat hiess die Vorlage im Mai 2023 mit grossem Mehr gut. Die Zulage kommt insgesamt 770 Personen zugute. Grund für die vielen Abgänge seien die kürzeren Erholungsphasen aufgrund der vielen Extradienste, zum Beispiel wegen Fussballspielen oder Demos. Dies störe das soziale Leben und führe zu einer physischen und emotionalen Ermüdung, sagte der damalige Polizeikommandant Martin Roth. Wie sich knapp ein Jahr später herausstellte, ist der Personalunterbestand bei der Polizei auf eine grössere Krise zurückzuführen.
Videoüberwachung Dreirosenanlage
Im Juli 2023 gab Eymanns Polizei bekannt, auf der Dreirosenanlage eine Videoüberwachungsanlage zu installieren, nachdem es in dort zu einer Häufung von Gewaltvorfällen kam. Seit August 2023 sind dort 16 Kameras zu finden. Wie das Justiz- und Sicherheitsdepartement im Herbst bilanzierte, gingen damit die schweren Gewaltdelikte zurück, nicht aber Diebstähle und Drogenkriminalität. Die Dreirosenanlage soll noch bis Ende 2024 videoüberwacht werden.
Massnahmenpaket für das Untere Kleinbasel
Die Basler Regierung kündigte im März 2023 zudem weitere Massnahmen für mehr Sicherheit im Unteren Kleinbasel an – unter anderem wurde der Rangerdienst bei der Dreirosenanlage auf das ganze Jahre ausgeweitet. Gemäss Regierungsrat hat sich das Matthäusquartier vermehrt zu einem Hotspot des offenen Drogenkonsums entwickelt. Geplant waren auch mehr Konsumplätze in den Kontakt- und Anlaufstellen. Das Massnahmenpaket, das von mehreren Departementen unter Federführung des Justiz-und Sicherheitsdepartements, erarbeitet wurde, kostete 988’000 Franken.
Polizeibericht Schefer
Der am 21. Juni 2024 veröffentlichte Bericht von Staats- und Verwaltungsrechtler Markus Schefer von der Universität Basel zeigte eine grosse Misere bei der Basler Kantonspolizei auf – und führte zu der bisher grössten Krise in Eymanns Amtszeit. Viele der befragten Polizistinnen und Polizisten klagten über eine «Angstkultur», mangelndes Vertrauen in die Führung, Überlastung sowie über rassistische und sexistische Vorfälle. Eymann bezeichnete den Bericht als «besorgniserregend». Viele Probleme seien für sie nicht komplett überraschend gewesen, wohl aber das Ausmass, sagte sie damals.
Als erste Massnahme stellte Eymann am 28. Juni den Polizeikommandanten Martin Roth frei, der den Bericht in Auftrag gegeben hatte. Später schieden drei weitere Mitglieder aus der Polizeileitung aus. Als Folge der aufgedeckten Misere im Basler Polizeikorps wurde eine unabhängige Anlaufstelle für Polizistinnen und Polizisten eingerichtet. Diese nahm am 1. August ihre Arbeit auf. Seit dem 9. September ist Thomas Würgler ad interim Basler Polizeikommandant. Er war bis Juni 2020 Kommandant der Zürcher Kantonspolizei. (sda/maf)
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