Vergiftete Schülerinnen: Iran nimmt Verdächtige in fünf Provinzen fest
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Vergiftete Schülerinnen: Iran nimmt Verdächtige in fünf Provinzen fest

07.03.2023 16:32 - update 07.03.2023 18:02

Baseljetzt

Seit Monaten werden im Iran Schülerinnen vergiftet. Fünf Verdächtige wurden festgenommen. Die Vergiftungswelle löst ausserdem neue Proteste aus.


Lehrer:innen in mehreren Städten im Iran sind wegen der Vergiftungsfälle an Mädchenschulen auf die Strassen gegangen, um zu demonstrieren. Auf Videos in den sozialen Medien sind Proteste in mehreren iranischen Provinzen zu sehen.

An den Demos werfen auch Angehörige den Behörden vor, nicht genug gegen die Vergiftungen an den Mädchenschulen zu tun. Bilder und Videos zeigten Proteste unter anderem in den Millionenstädten Tabris und Maschhad, in Isfahan, Schiras, am Kaspischen Meer sowie in den Kurdenregionen.

Behörden wird Ignoranz vorgeworfen

Augenzeugen berichteten in der Kurdenprovinz von Protesten in Mariwan und Sanandasch. Eltern forderten friedlich mehr Sicherheit für die Schulkinder und warfen den Behörden Ignoranz vor. Berichten zufolge riefen Demonstranten lautstark «Kindermörder». Die Polizei soll daraufhin mehrere Menschen festgenommen und mit Gewalt gedroht haben.

Die ersten Fälle der mysteriösen Vergiftungen wurden bereits im November gemeldet. Irans Regierung geht von gezielten Angriffen aus. Betroffen sind fast ausschliesslich Mädchenschulen. Landesweit wurden Schülerinnen in Krankenhäusern behandelt. Eltern und Angehörige sind empört und wütend. Sie werfen den Behörden Versagen vor und geben ihnen eine Mitschuld. Ärzte sprechen von Gasvergiftungen.

Fünf Verdächtige festgenommen

Unterdessen meldeten die Behörden erstmals Festnahmen. Verdächtige in fünf Provinzen seien festgenommen worden, berichtete die Nachrichtenagentur Fars am Dienstag unter Berufung auf den für die Sicherheitskräfte zuständigen Vize-Innenminister, Madschid Mirahmadi. Genauere Angaben zur Zahl der Festnahmen und zu Hintergründen der Verdächtigen gab es zunächst nicht.

Am Montag hatte Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei harte Strafen für die Verantwortlichen der Vergiftungswelle gefordert. Chamenei, der im Iran in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat, äusserte sich erstmals zu der landesweiten Vergiftungswelle. Er bezeichnete sie als «unverzeihliches Verbrechen».

Über 3100 Vergiftungsfälle, hohe Dunkelziffer

Iranische Medien haben inzwischen über mehr als 3100 Vergiftungsfälle an Schulen berichtet. Dies ergab eine Auswertung von Berichten, die von November bis Anfang März in iranischen Medien erschienen. Offizielle Behördenzahlen zum Gesamtausmass der Vergiftungswelle gibt es derzeit nicht. Laut der Zeitung «Etemad» gab es Fälle an mehr als 100 Schulen. Beobachter gehen zudem von einer Dunkelziffer aus.

Irans politische und geistliche Führung steht seit Ausbruch der Proteste im Herbst gegen die repressive Regierung und das islamische Herrschaftssystem massiv unter Druck. Ausgelöst vom Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam stürzte Teheran in die schwerste politische Krise seit Jahrzehnten. Die 22-Jährige war vor fast einem halben Jahr wegen Verstosses gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden. (sda/lef)

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