
VR-Brillen und Therapie via Zoom: Neue Tagesklinik setzt auf Digitalisierung
Leonie Fricker
Die neue Hybrid-Tagesklinik in Basel macht sich die Digitalisierung zum Vorteil: Patient:innen können deutlich ortsunabhängiger behandelt werden. Und bei der Angsttherapie kommen VR-Brillen zum Einsatz.
Seit Mittwoch gibt es am Aeschengraben in Basel eine Hybrid-Tagesklinik für junge Erwachsene. Sie ist für Patient:innen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren ausgerichtet. Hinter dem neuen Angebot steckt die psychiatrische Klinik Sonnenhalde mit Hauptsitz in Riehen, die mit der Tagesklinik in Reinach auch bereits im Baselbiet präsent ist.
Gespräch vor Ort und digital
«Hybrid» bedeutet, dass die Patient:innen sowohl vor Ort als auch ortsunabhängig mittels digitalen Therapie-Hilfsmitteln behandelt werden. So wolle man laut eigenen Angaben eine Versorgungslücke schliessen und auf die langen Wartezeiten auf einen ambulanten Tagestherapieplatz reagieren.
Psychische Störungen würden oft im jungen Erwachsenenalter beginnen, sagt Chefarzt Johannes Beck. Mit einem raschen Therapiebeginn könne verhindert werden, dass die Krankheit chronisch werde.

Klinik Sonnenhalde beschreitet Neuland
Ein Wochenplan einer Patientin oder eines Patienten besteht aus zwei bis drei Vor-Ort-Tagen und sogenannten Transfertagen, an denen das digitale Angebot zum Zuge kommt. Das «konventionelle» therapeutische Gespräch in der Klinik wird ergänzt mit Zoom-Calls oder Chats, bei denen auch von zu Hause aus oder von unterwegs Inhalte der Therapie vertieft oder ergänzt werden können. «Das ist ein sehr innovativer Ansatz. Ein analoges Therapieangebot in dieser Form gibt es in der Schweiz sonst nicht», sagt Martin Hatzinger gegenüber Baseljetzt. Hatzinger ist im Verwaltungsrat der Klinik Sonnenhalde und unter anderem Professor für Psychiatrie an der Uni Basel.
Einer der Vorteile der Hybrid-Tagesklinik sei, dass die Patient:innen so wenig wie möglich in ihrem Alltag mit Beruf oder Familie beeinträchtigt werden. Der Zeitaufwand für die Therapie wird dank des digitalen Angebots für die Patient:innen deutlich kleiner. «So können Leute, die nur teilweise physisch vor Ort sein können, zwischendurch Therapien weiterverfolgen und somit ein intensiveres Therapieprogramm erfüllen», erklärt Hatzinger.
Fokus auf Einsatz von Virtual Reality
Einen Schwerpunkt legt die Hybrid-Tagesklinik auf die Behandlung mittels Virtual Reality (VR). Wenn es sich anbietet, werden VR-Brillen in die Therapie eingebunden, um Ängste zu behandeln. Die Patient:innen nähern sich den angstauslösenden Situation an, sind aber zu jeder Zeit therapeutisch begleitet. «Die Brillen vermitteln ein sehr reelles Gefühl. Man lässt die Situation sehr nah an sich heran. Das führt dann irgendwann zu einer Gewöhnung, ohne dass dafür eine reelle Situation kreiert werden muss», so Hatzinger.
Angststörungen entstehen typischerweise im jungen Alter und können, sofern man sie nicht früh genug behandelt, im Erwachsenenalter eine starke Beeinträchtigung im Alltag darstellen. Mit dem Angebot in der Hybrid-Tagesklinik will man dies vorbeugen.

Im Hauptsitz der Klinik in Riehen wird die Therapie mit Virtual Reality bereits angewendet, um beispielsweise Platzangst, Höhenangst oder Angst vor Spinnen zu behandeln. Wer zum Beispiel Angst vor dem Autofahren hat, setzt die Brille auf und findet sich virtuell in einem Auto wieder. Dort können dann bestimmte Szenarien, wie das Fahren bei Nacht oder schlechtem Wetter durchgespielt werden. Wenn nötig kann die Therapeutin oder der Therapeut jederzeit eingreifen.
Ambulant ist günstiger als stationär
Auch die Regierungsräte Thomas Weber und Lukas Engelberger waren an der Eröffnungsfeier anwesend. Die Gesundheitsbehörden der beiden Basel befürworten das Konzept der Tagesklinik und unterstützen es. Der Abbau von stationären Behandlungen ist eins der Ziele, das verfolgt wird.
Ein Grund dafür sind die Kosten. Die stationäre Behandlung ist im Vergleich teurer als die ambulante. Im Austausch mit Fachpersonen habe sich ausserdem gezeigt, dass viele psychisch Erkrankte es schätzen, wenn sich Therapie und Alltag besser miteinander kombinieren liessen. «Es gibt Krankheitsbilder, bei denen die stationäre Behandlung zwingend erforderlich ist. Wenn dies aber nicht nötig ist, ist es natürlich günstiger, wenn die Patienten am Tag in der Klinik sind und danach nach Hause gehen und dort übernachten», sagt der Baselbieter Gesundheitsdirektor Thomas Weber.
Nicht alle Krankenkassen zahlen
Nicht alle Krankenkassen finanzieren den Tarif für eine Behandlung in der Hybrid-Tagesklinik. Die Freude sei aber gross, dass man mit zwei von drei Einkaufsgemeinschaften einen Tarif vereinbaren konnte, sagt Anja Oswald, CEO der Klinik Sonnenhalde gegenüber Baseljetzt. «Wir sind mit den Krankenkassen im Austausch, damit künftig alle Patientinnen und Patienten vom Angebot der Tagesklinik profitieren können.»

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