Was das «Ammedyysli» mit einer Oper zu tun hat
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Was das «Ammedyysli» mit einer Oper zu tun hat

19.02.2023 12:37 - update 20.02.2023 08:46

Lars Franzelli

Über Dialekt können alle diskutieren. Doch wie unterscheidet sich eigentlich Baseldeutsch von anderen Dialekten? Dies und was das Dialektwort «Ammedyysli» mit einer Oper zu tun hat, erfährst du in diesem Beitrag.

«Welchen Dialekt sprichst du?» ist vermutlich eine der meistgefragten Fragen in der Schweiz. Dialekt stiftet Identität – und sorgt für Diskussionen. Ähnlich oft diskutieren Herr und Frau Schweizer wohl sonst nur noch über die SBB. Grund genug, «Baseldytsch» genauer zu betrachten.

Anders als andere Deutschschweizer Dialekte

Baseldeutsch unterscheidet sich von anderen Deutschschweizer Dialekten, denn es besitzt unter anderem zahlreiche niederalemannische Merkmale. So bestehen Ähnlichkeiten bei Aussprache und Satzbau zum Alemannischen in Baden-Württemberg und dem Elsass.

Diese Ähnlichkeiten zum Alemannischen zeigen sich etwa an Wörtern wie «grien (sonst «grüen») und «Johr» (sonst «Jahr»). Auch «klei» ist ein Beispiel. In Basel wird es mit k ausgesprochen, in den meisten Deutschschweizer Mundarten heisst es «chlii» mit «ch». Das «k» kann auch behaucht sein, wie zum Beispiel in «Khind» – was ebenfalls dem Hochdeutschen ähnelt. Ebenfalls markant für den Dialekt sind gedehnte Vokale wie zum Beispiel in «Baasel» (sonst «Basl»).

Was das «Ammedyysli» mit einer Oper zu tun hat
Das Wort Kind in einer Karte des Kleinen Sprachatlas der deutschen Schweiz. Grafik: KSDS

Unterschiede zu anderen Deutschschweizer Dialekten gibt es auch im Satzbau. Das zeigt der Satz «Ich habe Schuhe flicken lassen». Im Baseldeutschen sagt man, ähnlich wie im Hochdeutschen, «I ha d Schueh flicke lo». In den meisten anderen Dialekten heisst es «I ha d Schueh lo flicke».

Dialekt verändert sich

Regula Schmidlin ist Professorin für Germanistik an der Universität Fribourg und beobachtet den baseldeutschen Dialekt genau. Sie ist sie selbst aus der Region Basel. Tatsächlich habe sich der Dialekt in den letzten Jahrzehnten verändert. So hätten sich einige markante Merkmale im Vergleich zum Sprachbestand der 1950er-Jahre abgebaut: «So sagen heute die meisten ‹Füür› und nicht ‹Fyyr›. Auch das unflektierte Adjektiv – ‹e scheen Huus› – ist grösstenteils verschwunden, und es heisst heute ‹e schööns Huus›», so Schmidlin.

Ein Grund für die Veränderung des Stadt-Baseldeutschen sei sicher der enge Kontakt mit den umliegenden ländlichen Dialekten. Dieser sprachliche Austausch könnte erklären, warum für «klei» zunehmend «chlei» oder «chlii» gesagt wird, so die Expertin. Die Beeinflussung geht aber auch von der Stadt aufs Land, wie das Pronomen «uns» zeigt, welches vielerorts «öis» verdrängt hat.

Was das «Ammedyysli» mit einer Oper zu tun hat
Das Wort uns in einer Karte des Kleinen Sprachatlas der deutschen Schweiz. Grafik: KSDS

Dialektwörter werden verdrängt – auch das «Ammedyysli»?

Zum regionalen sprachlichen Austausch kommen schweizweite Veränderungen. Immer mehr hochdeutsche Wörter werden in den Dialektwortschatz aufgenommen: «Ross» wird zu «Pferd», «Angge» zu «Butter». «Das kann dazu führen, dass die Dialektwörter schliesslich verdrängt werden. Das kann man bedauern, ist aber nicht aufzuhalten», ergänzt Schmidlin.

Gefährdet ist wohl auch das Dialektwort «Ammedyysli», baseldeutsch für Pulswärmer. Es hat eine besonders spannende Geschichte. Laut dem Idiotikon kommt es vom französischen «amadis», wo es den engen Hemd- oder Halbärmel bezeichnet. Solche Ärmel wurden nach der 1684 uraufgeführten, von Jean-Baptiste Lully komponierten Oper «Amadis» beliebt. In der Oper trug die Hauptperson Pulswärmer.

Trotzdem muss man keine Angst haben, dass es bald keinen Dialekt mehr gibt. Dialekte, also auch Baseldeutsch, blieben trotz struktureller Veränderungen erstaunlich stabil, so Schmidlin. «Solange man sie, wie in der Deutschschweiz, als wichtigste Alltagssprache braucht, werden sie nicht verschwinden», ergänzt die Expertin. «Aber sie werden sich weiter verändern.»

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