Was die Herbstmesse und die Uni mit berühmten Gästen in Basel zu tun haben
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Was die Herbstmesse und die Uni mit berühmten Gästen in Basel zu tun haben

27.01.2023 11:51 - update 01.02.2023 09:37
Jennifer Weber

Jennifer Weber

Was haben Johann Wolfgang von Goethe und Papst Pius II. gemein? Sie haben Basel besucht, als das Reisen noch viel beschwerlicher war. Welche Grössen der Geschichte weilten in den vergangenen Jahrhunderten ebenfalls in unserer Stadt?

In der heutigen Zeit ist es nicht mehr ganz so spektakulär, wenn berühmte Persönlichkeiten Basel besuchen. Dass Weltstars wie beispielsweise Brad Pitt an der Art Basel anzutreffen sind oder Michael Jackson im Rahmen seiner «HIStory World Tour» im Juli 1997 im alten Joggeli Halt machte, sorgt zwar für Aufsehen, ist aber kein Wunder. Auch die kürzlich verstorbene Queen Elizabeth II. besuchte im Mai 1980 die Grün 80. In den vergangenen Jahrhunderten war dies aber noch anders.

So waren bereits Grössen der Weltgeschichte in Basel zu Gast, als man sich noch nicht ins nächste Flugzeug oder den Zug setzen konnte und reisen noch nicht so einfach war, wie in der jetzigen Zeit. Wusstest du beispielsweise, dass der spätere Papst Pius II. und Johann Wolfgang von Goethe Basel besucht haben? Der Basler Historiker und Journalist Gustaf Adolf Wanner (1911-1984) begab sich in seinem 1981 erschienenen Buch «Berühmte Gäste in Basel» auf die Spuren dieser Persönlichkeiten.

Hier nehme ich dich mit auf eine kleine Reise durch Basel – vorbei an der Universität Basel, der Herbstmesse, dem «Friedrich Nietzsche-Brunnen» und dem «Blauen Haus» am Rheinsprung – anhand vier grosser Personen aus der Geschichte.

Enea Silvio Piccolomini (späterer Papst Pius II.)

In besonders enger Verbindung zu Basel steht Enea Silvio Piccolomini (1405-1464), der spätere Papst Pius II. Er war Stifter der Universität Basel und ebenfalls an der Gründung der Messen beteiligt. Dafür wurde Piccolomini mit einer Strasse auf dem Bruderholz, der Aeneas Silvius-Strasse, in Basel verewigt.

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Die Aeneas Silvius-Strasse liegt auf dem Bruderholz. Bild: Google Street View

Während des Konzils von Basel (1431–1449) weilte Piccolomini in der Stadt am Rheinknie. Zu dieser Zeit wurde Basel neben Rom zum Mittelpunkt der christlichen, westlichen Welt. Piccolomini arbeitete im einflussreichen Glaubensausschuss mit und war ab 1436 Schreiber des Konzils.

In zwei Briefen aus den Jahren 1433 und 1438 schilderte er seine persönlichen Eindrücke von Basel. Er habe die vielen Fische im Rhein, das bunte Treiben auf den Plätzen der Stadt, insbesondere auf dem Petersplatz, die Weinberge und die Gemütlichkeit der Bürgerhäuser gelobt. Auch nach dem Weggang aus Basel blieb Enea Silvio Piccolomini, der ab 1458 bis zu seinem Tod Papst Pius II. war, der Stadt verbunden.

Nach dem Ende des Konzils folgte für Basel eine wirtschaftlich schwierige Periode, durch die Gründung der Uni und der Messen wollte man dem entgegenwirken. Am 12. November 1459 stellte Papst Pius II. in Mantua (Italien) die päpstliche Stiftungsbulle für eine Universität in Basel aus. Im darauffolgenden Jahr wurde die Universität Basel dann schliesslich gegründet.

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Die Universität Basel feierte im März 2010 ihr 550-Jahr-Jubiläum. Bild: Keystone

Zudem forderte er Friedrich III., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, dazu auf, der Stadt Basel das Privileg zur Durchführung regelmässiger Messen zu geben. Erst sieben Jahre nach dem Tod Pius II. kam dieses Privileg zum Tragen. Am 11. Juli 1471 erlangte Basel auf ewige Zeiten das Recht, jedes Jahr zwei Messen durchzuführen. Daraus entstanden sind die Herbstmesse und die Mustermesse.

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Die Herbstmesse haben wir auch Papst Pius II. zu verdanken. Bild: Keystone

Kaiserin Marie-Louise

Auf ihrer Reise von Paris nach Wien verbrachte Kaiserin Marie-Louise (1791-1847) zwei Tage in Basel. Erst kürzlich getrennt von Napoleon fand die französische Kaiserin und Tochter des Kaisers von Österreich im Mai 1814 zusammen mit ihrem dreijährigen Sohn, dem König von Rom, Unterschlupf im «Blauen Haus» am Rheinsprung.

Ein kurzer Exkurs: Das «Blaue Haus», das im 18. Jahrhundert vom Architekten Samuel Werenfels gebaut wurde, war ab 1802 im Besitz von Peter Vischer-Sarasin (1751-1823). Er wohnte zusammen mit seiner Familie dort. Im Haus war ausserdem eine Seidenbandfabrik angesiedelt. In den 1940er Jahren ging das «Blaue Haus» in den Besitz der Einwohnergemeinde der Stadt Basel über – heute ist dies, zusammen mit dem «Weissen Haus», der Sitz des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt.

Nun zurück zu Marie-Louise. Um circa 12 Uhr kam die Kaiserin am 2. Mai in Begleitung von etwa 70 Personen in mehr als 20 Wagen beim Spalentor an. Weiter ging es via Spalenvorstadt, Petersgraben, Freie Strasse, Münsterplatz in die Martinsgasse zum «Blauen Haus». Es habe ein riesiges Gedränge geherrscht, als Marie-Louise aus ihrem Wagen ausstieg, schreibt Gustaf Adolf Wanner in seinem Buch. Ihr Gesicht sei nicht zu sehen gewesen, da die Kaiserin einen grossen Hut trug – sehr zum Bedauern der vielen Anwesenden. Die schöne Aussicht aus ihrem Zimmer im «Blauen Haus» habe der damals 23-jährigen Marie-Louise sehr gefallen.

Für den hohen Besuch musste der Hausherr Vischer sein eigenes Schlafzimmer im «Blauen Haus» für die Entourage der Kaiserin freigeben und mit einer «Eckstube» vorlieb nehmen, was ihm gemäss seiner persönlichen Aufzeichnungen nicht sonderlich gefiel.

Am Morgen des folgenden Tages stand für Marie-Louise eine Audienz mit dem Who-is-who der Stadt auf dem Programm. Zu dieser erschien sie «mit der einnehmendsten Artigkeit», wie Ratsherr Vischer festhielt. Vor dem Mittag schaute sie sich das «Thun Panorama» des Basler Künstlers Marquard Wocher in einem Pavillon beim Aeschengraben an. Den Nachmittag verbrachte die Kaiserin in der Ermitage in Arlesheim. Am Abend war Marie-Louises Stimmung nicht mehr so heiter. Mehrmals habe sie sich ihr Taschentuch vor die Augen gehalten und vermutlich geweint. «Man erblickte eine stille Traurigkeit in ihrem Innern, ohneacht der Freundlichkeit, die sie gegen jedermann äusserte», hielt Peter Vischer in seinen Aufzeichnungen fest.

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Das im Jahre 1814 von Marquard Wocher fertiggestellte Gemälde «Thun Panorama» gilt als das älteste Rundbild der Welt. Bild: Keystone

Am nächsten Tag, am 4. Mai, reiste die Kaiserin nach Konstanz weiter. Vor der Abreise lernten Vischers Ehefrau sowie seine Kinder Marie Louise kennen. Tochter Anna-Elisabeth Vischer (1783-1857) war, wie sie ihrem Tagebuch anvertraute, nicht sonderlich beeindruckt von der Kaiserin: «Diese Marie-Louise flösst mir nicht den geringsten Enthusiasmus ein und auch nicht viel Bedauern. Ich meine, an Geist und Liebenswürdigkeit könnte sie der verstorbenen Königin Louise von Preussen nicht das Wasser reichen… Hätte sie mehr Verstand, so könnte sie vielleicht eine schönere Rolle spielen…» Mehr Eindruck hinterliess Marie-Louise jedoch beim Vater Peter Vischer, er spricht in seinen Aufzeichnungen von der «in jeder Hinsicht liebenswürdigen Marie-Louise».

Zum Abschied habe Marie-Louise ein grosszügiges Trinkgeld von 500 Livres überreicht, was dem Hausherren Vischer mit Sicherheit gelegen kam. Denn die Zimmer, Möbel, sein Geschirr, das Tisch- und Bettzeug hätten sehr unter dem kaiserlichen Besuch gelitten. Dennoch behielt Vischer den glamourösen Besuch in seinen vier Wänden in guten und geschätzten Erinnerungen.

Johann Wolfgang von Goethe

Wer kennt ihn nicht? Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832). Du hast bestimmt schon von seinen literarischen Werken «Faust. Eine Tragödie» und «Die Leiden des jungen Werthers» gehört oder sie sogar gelesen. Wusstest du, dass der deutsche Dichter und Naturforscher Goethe einst in Basel weilte?

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Johann Wolfgang von Goethe auf einem Gemälde aus dem Jahre 1828 von Joseph Stieler. Bild: Keystone

Erste Berührungspunkte mit Basel hatte der junge Goethe bereits in Frankfurt, wo er regelmässig im «Basler Hof» anzutreffen war. Und auf dem Odilienberg im Elsass wollte man ihm 1771 am Horizont Basel zeigen. In «Dichtung und Wahrheit» schreibt er dazu: «dass wir es gesehen, will ich nicht beschwören». Aber das «entfernte Blau der Schweizer Berge» beeindruckte ihn sehr.

1775 war es dann endlich soweit: Während seiner ersten Schweiz-Reise kam der damals 26-jährige Goethe auch nach Basel. Dabei besuchte er den Ratsschreiber Isaak Iselin (1728-1782) und den Kupferstecher und Kunsthändler Christian von Mechel (1737-1817). In seinen Aufzeichnung hielt Goethe gemäss Gustaf Adolf Wanner lediglich «Eile über Basel. Von Mechel» fest.

Vor allem von Mechel war beeindruckt vom Besuch des jungen Dichtergenies. Goethe sei gekleidet in einem blauen Frack und gelber Weste in von Mechels Haus, dem «Erlacherhof», an der St. Johanns-Vorstadt aufgetaucht.

Drei Jahre später statte Johann Wolfgang von Goethe von Mechel erneut einen Besuch ab. In einem Brief hielt Goethe den neuerlichen Aufenthalt in Basel sehr kryptisch fest: «In Basel Mechel; bei ihm interessante Wiener Portraits pp., Gegend, Bibliothek, Holbeins pp., Antiquitäten, Fabriken pp.» Gemäss Gustaf Adolf Wanner soll Goethe sich die Basler Bandfabriken, die Papierfabrik im St. Alban-Tal (deren Produkte Goethe sehr mochte) und das Haus «zur Mücke», wo sich Bücher der Universität, Antiquitäten sowie Gemälde Holbeins befanden, angesehen haben.

Ein drittes Mal wollte Goethe die Stadt am Rheinknie 1797 besuchen, doch «Jahreszeit, Wetter und Weg» hätten ihm schliesslich einen Strich durch die Rechnung gemacht.

In den folgenden Jahren empfing der Dichter immer wieder Besuch aus Basel in seinem Haus in Weimar. Die letzte Begegnung zwischen von Mechel und Goethe fand 1805 statt, als der Basler Kupferstecher einen ganzen Monat in Weimar verbrachte.

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Das Goethe-Nationalmuseum in Weimar mit dem historischen Wohnhaus von Johann Wolfgang von Goethe. Bild: Keystone

Noch am Abend vor seinem Tod im Jahr 1832 habe Goethe an Basel gedacht, wie Gustaf Adolf Wanner schreibt. Denn er habe Ottilie, seiner Schwiegertochter, den Basler Frieden von 1795 erklärt, der am Nadelberg im «Rosshof» zwischen Frankreich und Preussen geschlossen wurde.

Friedrich Nietzsche

«Übermensch», «Willen zur Macht» und «ewige Wiederkunft». Diese Konzepte stammen von Friedrich Nietzsche (1844-1900). Der deutsche klassische Philologe und Philosoph lebte an keinem anderen Ort länger als in Basel. 1869 wurde Nietzsche mit 25 Jahren zum ausserordentlichen Professor für klassische Philologie an die Uni Basel berufen – noch bevor er einen Doktortitel erlangt hatte.

Seinen ersten längeren Wohnsitz in Basel fand Nietzsche ab 1. Juli 1869 in der «Baumannshöhle». Das Haus am Schützengraben war gemäss Gustaf Adolf Wanner ein richtiges Gelehrtenheim. Bereits vor Nietzsches Ankunft hauste dort der Professor für Nationalökonomie Gustav Schönberg. Professor Gustav Hartmann, Inhaber des Lehrstuhls für römisches Recht, und Franz Overbeck, Dozent für neutestamentliche Exegese und ältere Kirchengeschichte, lebten ebenso in der «Baumannshöhle». Mit letzterem entwickelte Nietzsche eine tiefe Freundschaft.

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Die «Baumannshöhle» am Schützengraben: Friedrich Nietzsche wohnte hier von 1869 bis 1875. Bild: Jennifer Weber

Es habe nicht lange gedauert und der elegant gekleidete Professor sei zum Schwarm der jungen Frauen geworden. Nietzsche habe etliche bewundernde Blicke auf sich gezogen und die Menschen in seinen Bann gezogen, wenn er öffentliche Vorträge hielt. «Feurig, elastisch, selbstbewusst, wie ein junger Löwe», sei Nietzsche laut Wanner beschrieben worden.

In den Jahren 1875 und 1876 wohnte der Philosoph auch am Spalentorweg, wo heute noch eine Tafel an den berühmten Bewohner erinnert.

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Oberhalb der Tür an einem Haus am Spalentorweg befindet sich eine an Nietzsche erinnernde Gedenktafel. Bild: Jennifer Weber

In Basel ist sein erstes grösseres Werk «Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik» (1872) entstanden. Ebenso verfasste Nietzsche die vier «Unzeitgemässen Betrachtungen» (1873-1876) und «Menschliches, Unmenschliches» (1878) hier.

1879 liess sich Nietzsche frühzeitig pensionieren. Seine Magenprobleme und Migräneanfälle, die er seit Kindestagen an hatte, sowie seine extrem starke Kurzsichtigkeit zwangen ihn zu diesem Schritt. Im selben Jahr verliess der damals 35-Jährige Basel. Ein Ruhegehalt sei ihm bis zu seinem Tod im Jahr 1900 von Basel ausbezahlt worden. So blieb er sein Leben lang mit Basel verbunden.

Kennst du den Brunnen, da wo der Schützengraben und der Spalentorweg aufeinandertreffen? Nietzsches Arbeitsweg führte immer an diesem vorbei. Lange war der Brunnen als «Schützengrabenbrunnen» bekannt. Im Jahr 2015, zum 115. Todestag Nietzsches, wurde der Brunnen, der 1864 errichtet wurde, schliesslich in «Friedrich Nietzsche-Brunnen» umbenannt. Auf der Rückseite findet sich eine Gedenktafel. Darauf ist ein Ausschnitt aus seinem Werk «Die fröhliche Wissenschaft» zu lesen: «Wir Freigebigen und Reichen des Geistes, die wir gleich offnen Brunnen an der Strasse stehn und es Niemandem wehren mögen, dass er aus uns schöpft…»

Beim nächsten Spaziergang durch Basel wirst du den einen oder anderen Ort nun vielleicht mit anderen Augen sehen und dich an die aussergewöhnlichen Menschen erinnern, die hier weilten.

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