Wenslingerin kämpft für geflüchtete Familie aus Tschetschenien
Ausschaffung
Baselland

Wenslingerin kämpft für geflüchtete Familie aus Tschetschenien

18.02.2023 18:04 - update 19.02.2023 11:53

Julia Schwamborn

Weil der Grossvater der Familie C.* in Tschetschenien eine Hinrichtung beobachtete, musste sie überstürzt fliehen. Nun droht ihr in die Ausschaffung. Unterstützer:innen versuchen dies zu verhindern.

Anna Basler, die der fünfköpfigen Familie mit Rat und Tat zur Seite steht, lernte den Familienvater U. C.* im Wenslinger Naturschutzverein kennen. Er half dort aus. Erst zwei Jahre später habe Anna Basler erfahren, dass das Asylgesuch abgelehnt wurde. Aufgrund dessen habe sie mit der Familie Kontakt aufgenommen. «Ich habe versucht, mit ihnen Zeit zu verbringen und habe schnell gemerkt, dass es wirklich ernst ist» erklärt sie. Rasch habe sie realisiert, dass eigentlich schon fast alles probiert wurde. So habe sie sich in das Asylwesen einarbeiten müssen, um zu sehen, welches die letzten verbleibenden Möglichkeiten sind.

Wenslingerin kämpft für geflüchtete Familie aus Tschetschenien
Familie C. flüchtete mit zwei Kindern in die Schweiz. Ein drittes wurde in Basel geboren.Bild: Telebasel/Julia Schwamborn

«Kadyrovs Clans bringen mich und meine Söhne um»

Der Grund, weshalb die Familie C. vor sechseinhalb Jahren in die Schweiz flüchtete, ist Präsident Kadyrov und dessen Gefolgschaft, welche in Clans organisiert ist. Der Grossvater der Familie habe vor einigen Jahren durch Zufall eine Hinrichtung beobachtet. Infolgedessen habe er und die ganze Familie fluchtartig das Land verlassen müssen.

Den beiden Grosseltern gelang dies jedoch nicht. Der Clan nahm sie fest und sperrte sie in ein Kellerverliess ein, erzählt U. C. «Sie mussten dort Schläge einstecken und wurden dann unter Hausarrest gestellt. Meine Frau und ich konnten mit den Kindern zum Glück in die Schweiz fliehen». Nun erpresse sie das Regime. «Sie wollen, dass wir zurück nach Tschetschenien kommen. Nur dann lassen sie meinen Vater frei. Das ist aber gelogen. In Tschetschenien gilt die Blutrache. Kadyrovs Clans bringen mich und meine Söhne um, wenn wir zurück kehren».

Die autonome Russische Teilrepublik Tschetschenien wird seit 2007 von Ramsan Kadyrow regiert. Bekannt ist Putins Gehilfe vor allem wegen seiner rassistischen und frauenverachtenden Ansichten, des brutalen Vorgehens gegen Islamisten, der Anwendung von Folter und extremer Form von Homophobie, wie die preisgekrönte Doku «Welcome To Chechnya» jüngst veranschaulichte.

Wenslingerin kämpft für geflüchtete Familie aus Tschetschenien
Tschetschenischer Präsident Ramsan Kadyrov links neben Vladimir Putin. Bild: AP Photo/RIA-Novosti, Alexei Nikolsky

Nicht genügend Beweise für Verfolgung

Politisch Verfolgte erhalten in der Schweiz normalerweise Asyl. Die Familie aus Wenslingen könne die Gefahr gegenüber den Schweizer Behörden jedoch nicht gut genug beweisen. Auch, dass der Vater vom Russischen Militär aufgeboten ist, um in der Ukraine zu kämpfen, sei kein Grund genug für Asyl. Deshalb nimmt Anna Basler nun die Härtefallklausel wahr.

Sie startete eine Petition, welche von rund 400 Leuten unterzeichnet wurde. Auch schön sei, dass ein Wirt und ein Bauer aus Oltingen sich dazu bereit erklärt hätten, den beiden Eltern einen Job zu geben. «Der Wirt sagte, im Moment könne die Mutter 60 Prozent beschäftigen und in Zukunft auch mehr. Und der Vater hat ein Angebot von einem Bauern, der sehr sozial engagiert ist. Er hat sonst eigentlich schwererziehbare Jugendliche, aber soviel ich weiss, hat er im Moment auch Ukrainer beschäftigt», so Anna Basler.

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U. C. fürchtet um die Sicherheit seiner FamilieBild: Telebasel/Julia Schwamborn

Primarschule hilft nicht mit

In Wenslingen haben sich ein paar Leute gefunden, die helfen wollen. Was jedoch irritiert: Die Primarschule, zu welcher die beiden älteren Kinder gehen, will kein gutes Wort einlegen. «Sie sagen, dass sie nur gegenüber Ämtern mündliche Aussagen machen dürften. Jetzt müssen wir uns halt mit den Zeugnissen zufrieden geben. Wir schauen, dass wir das auf anderem Weg erhalten», so Anna Basler.

Diese Woche gab es aber trotz allem noch Grund zur Freude. Das Ausschaffungsverfahren sei vorübergehend pausiert worden. So bleibt Familie C. und ihren Unterstützer:innen mehr Zeit, eine Lösung zu finden.

*Name der Redaktion bekannt

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