
Wer kann seinen W(V)illen durchsetzen? Tschudy-Villa Eigentümer kämpft gegen den Kanton
Lea Meister
Seit knapp einem Jahr steht die Tschudy-Villa halb abgerissen da. In Person von SVP-Landrat Peter Riebli regte sich im Herbst Widerstand. Gemeinsam mit dem Eigentümer setzt er sich für dessen Rechte ein.
Wer regelmässig mit dem Zug an Sissach vorbeifährt, kennt sie: Die Tschudy-Villa. Im Frühling 2022 bot sich einem plötzlich ein überraschender Anblick, denn der Eigentümer der Villa hatte mit dem Abriss begonnen. Die Abrissfreude hielt nicht lange an, denn die Kantonale Denkmalpflege stoppte den Abbruch, indem sie eine Unterschutzstellung der Villa prüfen liess.
Sie tat dies im Wissen, dass der Eigentümer, Laurent de Coulon, klar dagegen ist. Die entsprechende Prüfung läuft noch immer und der Abriss der Villa steht entsprechend still. Kurz nach dem Abrissstopp verfügte der Kanton Schutzmassnahmen wie Pfeiler, die das Einstürzen verhindern sollen. Oder aber eine Abdeckung gegen Witterungsschäden.
Ein Paragraph im Zentrum der Diskussion
Im Mai des vergangenen Jahres folgte dann der nächste Akt im Fall Tschudy-Villa: Der Kanton reichte Strafanzeige gegen den Hauseigentümer ein. Der Vorwurf: de Coulon habe mit dem Abriss begonnen, obwohl eine amtliche Verfügung vorgelegen hatte, die das Haus vorübergehend unter Schutz stellte und einen Abriss verbot.

Ein knappes Jahr später läuft das Verfahren noch immer. Im Zentrum der Diskussion steht der Paragraph 8 des Denkmal- und Heimatschutzgesetzes des Kantons Baselland. «Dieser besagt ganz klar, dass eine Liegenschaft nicht ohne das Einverständnis des Grundeigentümers unter Schutz gestellt werden kann», äussert sich der Eigentümer Laurent de Coulon gegenüber Baseljetzt.
Unbeantwortete Fragen
Weil auch der SVP-Landrat Peter Riebli nicht einverstanden ist mit dem Vorgehen der kantonalen Denkmalpflege, hat er im Oktober eine Interpellation mit entsprechenden Fragen an die Regierung eingereicht. Darin unterstellte er der Denkmalpflege «willkürliches Treiben». Vier Monate später wurden seine Fragen beantwortet; zumindest teilweise. Klar ist: Die Antworten fielen nicht zu seiner Zufriedenstellung aus.

«Am meisten stört mich, dass die Fragen, die ich gestellt habe, absolut nicht beantwortet wurden», so Riebli. Es sei ihm natürlich bewusst, dass der Regierungsrat sich nicht zu einem laufenden Verfahren äussern könne. Er habe aber auch genügend Fragen gestellt, die man hätte beantworten können.
Wer hat die Kosten verursacht?
Offen bleibt beispielsweise, wer für die entstandenen Kosten aufkommt, wenn die Tschudy-Villa – entsprechend seiner Vermutung – eben nicht unter Schutz gestellt wird. Für den Kanton ist klar: Kosten seien erst ab dem Moment entstanden, als der Eigentümer mit dem Abriss anfing, ohne das eigentlich zu dürfen. Dies habe die nötigen Schutzmassnahmen zur Folge gehabt, die zu Kosten geführt hätten. Wer im Endeffekt aber wirklich für die Kosten aufkommen wird, lässt der Kanton in seinem Antwortschreiben offen. Und beruft sich auf das laufende Verfahren.
Für Riebli ein Affront: «Wenn der Denkmalschutz nicht interveniert hätte, dann wären gar keine Kosten entstanden.» Der Eigentümer habe ausserdem seiner Ansicht nach ganz klar davon ausgehen können, dass er das Haus abbrechen dürfe.
Pläne noch nicht spruchreif
Ein Baugesuch für einen Neubau auf dem Areal der Tschudy-Villa liegt Stand jetzt keines vor. Für den Kanton sei deshalb auch nicht ganz ersichtlich, um welche Kosten es hier gehen soll, wie der schriftlichen Antwort auf die Interpellation zu entnehmen ist.

Auf seine Pläne angesprochen sagt Eigentümer de Coulon: «Die sind noch nicht reif, es ist aber Wohnraum geplant.» Landrat Riebli hat indes eine klare Vorstellung davon, wie die aktuelle Pattsituation gelöst werden könnte. «Selbstverständlich wäre die perfekte Lösung, dass der Kanton eingesteht, dass der Denkmalschutz hier überreagiert hat und, dass der Eigentümer das Haus abbrechen kann.»
Der Kanton äussert sich nicht zur Situation
Die Neubebauung des Areals sei auch im Sinne des regionalen Entwicklungskonzepts der Gemeinde Sissach, fügt Riebli an. Inwiefern der Paragraph 8 des Denkmal- und Heimatschutzgesetzes im Streitfall vor Gericht Bestand haben wird, ist laut dem Kanton noch offen. Seitens Kanton möchte sich auf Anfrage von Baseljetzt aufgrund des laufenden Verfahrens niemand zur Situation äussern.
Die Tschudy-Villa wird also noch einen Moment trist in der Landschaft stehen, bis klar ist, wie es mit ihr weitergeht.
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