Wirtschaftsprofessor Rolf Weder: «Bei einem Handelskrieg verliert die ganze Welt»
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Trumps Zollpolitik
Basel-Stadt

Wirtschaftsprofessor Rolf Weder: «Bei einem Handelskrieg verliert die ganze Welt»

02.04.2025 21:39 - update 02.04.2025 21:40
Larissa Bucher

Larissa Bucher

Der heutige 2. April soll in den USA als «Befreiungstag» in die Geschichtsbücher eingehen. Denn ab sofort will US-Präsident Donald Trump Zölle auf breiter Front einführen. Rolf Weder, Professor für Aussenwirtschaft an der Universität Basel, ordnet ein.

US-Präsident Donald Trump feiert es als «Befreiungstag», für die Europäer:innen dürfte es die nächste Eskalationsstufe im Handelsstreit mit den USA sein: Trump will neue weitreichende Zölle verhängen. Konkret heisst das: Die USA wollen überall dort Zölle anheben, wo sie derzeit weniger verlangen als ihre Handelspartner. Trump kündigte auch an, andere Handelshemmnisse in den Blick zu nehmen – etwa strenge Einfuhrvorgaben oder Subventionen. Er will damit das Handelsungleichgewicht korrigieren und die USA als Produktionsstandort stärken.

Rolf Weder, Professor für Aussenwirtschaft und Europäische Integration an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel ordnet die Situation im Interview mit Baseljetzt ein.

Baseljetzt: Dieses Jahr hat die Schweiz neue Freihandelsabkommen mit Indien und Thailand abgeschlossen. Grundsätzlich war in den letzten Jahrzehnten ein Trend zu einer globalen und freien Handelswirtschaft zu beobachten. Was ist der Vorteil einer freieren Handelspolitik?

Rolf Weder: In den letzten 50 Jahren hat man Schritt für Schritt die Importzölle abgebaut. Das hat sicherlich etwas damit zu tun, dass viele Studien zeigen, dass Importzölle viel kosten. Ein anderer Grund ist, dass gewisse Länder andere Einnahmequellen und ein besseres Steuersystem aufbauten. Ein weiterer Grund ist, dass wir eine Welthandelsorganisation haben, die den Importzoll-Abbau in einem Land immer mit einem gegenseitigen Abbau verbunden hat. Somit kann man als Land oder Politiker:in i einem Land immer sagen, dass die Zölle zwar reduziert werden – was Nachteile für gewisse Branchen hat – aber gleichzeitig die Export-Industrie davon profitiert, da andere Länder die Zölle gleichzeitig auch abbauen. Somit ist ein Prozess entstanden, bei dem die Zölle immer weiter heruntergesetzt wurden.

Trump plant am 2. April den «Befreiungstag», an dem er Zölle auf breiter Front einführen will. Mit welchen Zollmassnahmen muss die Schweiz rechnen?

Die Einführung von Importzöllen hätte einen Effekt in den USA und in allen Länder, die in die USA exportieren – dazu gehört auch die Schweiz. Die inländische Industrie, die direkt hinter der Zollwand ist, wird durch die Erhöhung der Importzölle geschützt und sie wird expandieren. Gleichzeitig leiden aber die Konsument:innen und alle Brachen, die importierte Zwischenprodukte verwenden. Für viele Firmen in den USA heisst das, dass die Kosten steigen werden. Diese sind demnach nicht unbedingt glücklich mit Trumps Plänen.

Die ausländischen Firmen, die in die USA exportieren, werden eine Zugangsbeschränkung in den USA haben und nicht mehr gleich ins Land exportieren können. Falls die Schweiz davon betroffen sein wird, könnte das in Zukunft für höhere Kosten sorgen. Dazu kommt: Indirekt könnten alle Schweizer Firmen, die Zwischenprodukte an die EU liefern, ein Problem kriegen. Denn die Nachfrage nach Schweizer Zwischenprodukten wird sinken und der Preisdruck wird grösser werden.

Zusammengefasst kann man sagen: Das Ausland hat kein Interesse an den neuen Zöllen von Trump, aber auch in den USA gibt es einen Grossteil der Wirtschaft, welche auch kein Interesse daran hat. Gesamtwirtschaftlich ist spannend, dass sowohl die USA, als auch alle Länder, die dorthin exportieren wollen, nicht davon profitieren.

Schadet sich Trump damit nicht selber am meisten? Auch in einem Wahlkampf wird es sicherlich nicht helfen, wenn Konsument:innen bereits unter seiner Politik gelitten haben.

Das ist so. Er hat vielleicht ein paar wenige sehr gut organisierte Branchen, die froh sind um die neue Zollpolitik. Die Stahl- und Aluminiumindustrie ist wahrscheinlich momentan glücklich damit. Die Automobilindustrie könnte im ersten Moment auch glücklich damit sein, denn die Zölle könnten die Konkurrenz von ausländischen Automobilfirmen etwas lindern. Aber die Konsument:innen und alle Firmen, die Zwischenprodukte brauchen, haben höhere Kosten. Für Donald Trump ist es also ein zweischneidiges Schwert. Es gibt vielleicht wenige, die es toll finden, aber die Mehrheit der Volkswirtschaft wird es als Eigentor sehen.

Ist ein Handelskrieg zwischen der EU (inklusive Schweiz) und den USA zu befürchten? Wie könnte das Ausland jetzt reagieren?

Das Ausland hat bisher etwas verhalten reagiert. Momentan scheint es jedoch so, als wolle die EU die neue Zollpolitik von Trump nicht akzeptieren. Wenn Trump also die Zölle erhöht, dann könnte die EU gezielt auch die Zölle auf amerikanische Güter erhöhen. Trump kontert dann vielleicht mit einem riesigen Importzoll auf Weine aus Italien oder ähnliches. Dann haben wir einen Handelskrieg, also einen Trade War. Mehrere Seiten gehen dabei auf Konfrontation. Die grosse Gefahr ist, dass sich das ganze hochschaukelt. Klar ist: Bei einem Handelskrieg verliert die ganze Welt.

Wie geht es in den nächsten Wochen bis Monaten weiter?

Es ist sehr schwierig, Donald Trump einzuschätzen. Wenn er wirklich glaubt, dass er mit einem Importzoll seine Volkswirtschaft retten kann, kann es gut sein, dass er den Zoll immer weiter erhöht. Ich persönlich kann es aber fast nicht glauben, dass er wirklich nicht einsieht, dass ein Importzoll mehr schadet als hilft. Er denkt vielleicht, dass er damit kurzfristig viel Geld in die Staatskassen spülen kann. Meiner Meinung nach geht es ihm bei der ganzen Sache aber um etwas ganz Anderes: Er will, dass der Rest der Welt die Zölle reduziert.

Die Zölle in der EU sind bei gewissen Branchen fast viermal so hoch wie in der USA. Die EU könnte mit den USA also einen Deal machen, dass sie gewisse Zölle senkt, wenn Trump jene der USA nicht erhöht. Denn wenn man die Handelstheorie ernst nimmt, muss man sagen, dass sich die EU mit einer Zollreduktion auf beispielsweise die Automobilbranche selber etwas Gutes tun würde. Und: Wenn diese Zollreduktion auch noch einen Handelskrieg verhindern würde, hätten alle profitiert.

Natürlich hat ein Zollabbau immer Umstrukturierungen zufolge, aber diese sind nicht vergleichbar damit, was passieren würde, wenn ein Handelskrieg ausbricht. Meine Prognose ist: Wenn der Rest der Welt klug reagiert, könnte man einen Handelskrieg verhindern. Dann würde Donald Trump sogar als Freihändler in die Geschichte eingehen. Momentan erhöhen jedoch einfach alle Seiten die Zölle und keiner überlegt sich, was die Folgen für die Gesamtwirtschaft sind.

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04.04.2025 15:18

skywings2

Despoten wie Trump, Putin, Bolsanaro, etc. interessierte dies noch nie, Hauptsache sie bringen ihre Attacken durch.

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