
Xhaka verlässt Arsenal – damit endet ein bewegtes Kapitel
Lars Franzelli
Nach sieben Jahren bei Arsenal, verlässt Xhaka die Insel in Richtung Leverkusen. Es ist das Ende einer Geschichte, die schwierig begann und doch noch versöhnlich endete. Wir wagen einen Blick zurück.
Jetzt ist es also fix. Granit Xhaka verlässt Nordlondon in Richtung Rheinland: Bayer Leverkusen heisst sein neuer Arbeitgeber. Bei den Rheinländern erhält er einen 5-Jahresvertrag. Xhaka soll zum zentralen Pfeiler der Werkself werden – der spanische Trainer Xabi Alonso wollte ihn unbedingt. Das zeigt auch die Transfersumme: 25 Millionen Euro lässt der Verein für Granit Xhaka springen.
Damit schliesst sich das Kapitel Arsenal, welches Xhaka in den letzten Jahren massgeblich geprägt hat. Sein 297. Einsatz am 28. Mai gegen die Wolverhampton Wanderers war gleichzeitig sein Letzter für die Gunners.
Besser hätte die Abschiedsvorstellung nicht laufen können. Xhaka schnürte beim 5:0-Sieg einen Doppelpack. Bei seiner Auswechslung erhielt er eine Standing Ovation und die Fans skandierten ein letztes Mal seinen Namen. Aufgrund seiner Vorgeschichte ist das erstaunlich.
Als Gladbach-Captain zu Arsenal
Am 26. Mai 2016 unterschrieb der Basler mit 23 Jahren bei den Gunners. 30 Millionen Pfund überwies Arsenal an seinen vorherigen Arbeitgeber Borussia Mönchengladbach.

Xhaka kam mit viel Vorschusslorbeeren in den Norden Londons. Bereits in jungen Jahren trug er die Captain-Binde bei Gladbach. Mit seinem harten Spielstil schien er perfekt in die Premier League zu passen.
Schwieriger Start bei den Gunners
Doch Xhaka und Arsenal, das wollte nicht so recht. Viele Fans waren von Beginn weg kritisch eingestellt. Auch, weil viele lieber N’golo Kanté gehabt hätten, der im gleichen Sommer von Neo-Meister Leicester zu Chelsea wechselte.
Im Team von Trainerlegende Arsène Wenger war Xhaka zwar von Beginn weg unbestrittene Stammkraft, doch dabei fiel er nicht nur positiv auf. Bereits nach wenigen Spiel sah er das erste Mal direkt-Rot. Ein gefundenes Fressen für die ohnehin bereits kritischen Fans und die berüchtigte englische Boulevardpresse, genoss er doch aus seiner Gladbach-Zeit den Ruf als Heisssporn.

Dabei half es nicht, dass Wenger anscheinend auch nicht wusste, was er mit Xhaka anfangen sollte. Nach seiner Verpflichtung sagte der Elsässer nämlich noch: «Ich persönlich bevorzuge ihn als Box-to-Box-Spieler», also als Achter.
Eingesetzt wurde Xhaka dann aber als Sechser direkt vor der Abwehr. Das Tempo der Premier League schien für Xhaka auf dieser Position zeitweilen zu hoch. Die Gegner setzten Xhaka mit Pressing unter Druck. Dieser leistete sich mehrere Fehler, welche zu Toren führten.
Trotz Cupsieg in der Kritik
Am Ende seiner ersten Saison resultierte für die Gunners der enttäuschende fünfte Rang. Erstmals seit 20 Jahren spielte man in der darauffolgenden Saison nicht mehr in der Champions League. Für die Fans war Xhaka einer der Sündenböcke. Sein teils unbeholfenes defensives Verhalten – welches in Teilen der dürftigen taktischen Ausrichtung geschuldet war – und die zahlreichen gelben Karten, fielen den enttäuschten Fans negativ auf. Auch wenn es in der Liga nicht lief, überzeugten die Gunners im Cup: Mit Granit Xhaka als Stammspieler holte sich Arsenal den FA Cup.

Auch in der Saison 2017/18 lief es den Gunners nicht besser. Das Team rund um Xhaka bekam taktisch immer wieder seine Grenzen aufgezeigt. Dies mündete darin, dass Arsène Wenger nach 22 Jahren als Trainer den Verein nach dem 6. Platz verlassen musste.
Zahlreiche Fans hatten lautstark gegen die Vereinsführung und Trainer Wenger protestiert. Die Beziehung zwischen Fans und Club war zerrüttet. Eine seiner grossen Stärken erwies sich auch als Problem: Granit Xhaka war fast nie verletzt. Deshalb spielte er eigentlich immer – als Dauerbrenner wurde er oft heftig kritisiert.
Auch mit Emery wurde es nicht besser
Nachfolger von Wenger war der Spanier Unai Emery. Der ehemalige Trainer von PSG sollte den Club zurück in die Champions League führen. Und auch Emery setzte auf Xhaka. Doch mit dem Spanier wurden die Fans nie warm. Zwar führte er die Gunners 2019 in den Europa-League-Final, in diesem wurde Arsenal aber vom Rivalen Chelsea mit 4:1 vorgeführt.

Granit Xhaka ist keiner der sich versteckt, sondern einer, der Verantwortung übernimmt und auch mal sagt, wenn ihm was nicht gefällt. Damit ist er immer wieder angeeckt. So kennt man ihn auch aus der Nationalmannschaft.
Im September 2019 wurde der Basler von Unai Emery zum Captain ernannt. Doch der Spanier schwächte Xhakas Position von Beginn weg. In den Medien war zu lesen, dass Emery das Team über den Captain habe abstimmen lassen. Dafür gab es wenig Verständnis.
Tiefpunkt unter Emery
Der Tiefpunkt seiner Arsenal-Karriere war der 27. Oktober 2019. Der Schweizer wurde im Spiel gegen Crystal Palace in der 60. Minute ausgewechselt. Als seine Nummer auf der Anzeigetafel erschien, jubelte ein frustrierter Teil der Arsenal-Fans und buhte den Basler aus, als dieser das Spielfeld verliess.

Xhaka legte sich mit den Fans an und zog sein Trikot aus, bevor er in den Tunnel stürmte. Xhaka erklärte sich darauf: Seiner Familie sei auf den Sozialen Medien der Tod gewünscht worden. Trotz Erklärung wurde Xhaka das Kapitänsamt entzogen. Alle Zeichen standen auf Abschied.
Arteta überzeugt Xhaka vom Verbleib
Trainer Emery wurde jedoch im Dezember 2019 aufgrund schwacher Resultate entlassen und durch Mikel Arteta ersetzt. Arteta überzeugte Xhaka vom Verbleib und integrierte ihn wieder ins Team. Gegenüber der BBC erklärte Xhaka: «Er (Arteta) ist der Grund, warum ich immer noch in diesem Fussballverein bin.» Seine Koffer seien bereits gepackt gewesen.

Mit Arteta änderte sich vieles. Die Kultur im Club wurde als Problem identifiziert. Etablierte Namen – wie Özil, Mkhitaryan und Aubameyang – wurden nach und nach ausgemustert. Einer durfte bleiben: Granit Xhaka.
Rolle von Xhaka verändert sich
Wie Emery und Wenger vor ihm setzte auch Arteta bedingungslos auf Xhaka. In Interviews sprach der Spanier immer in den höchsten Tönen von Xhakas Persönlichkeit und seinem Arbeitsethos. Langsam gewann Xhaka die Unterstützung der Fans zurück, spielte eine wichtige Rolle bei Arsenals FA-Cup-Erfolg im Jahr 2020.

Nach und nach veränderte sich auch die Rolle Xhakas. Der Ghanaer Thomas Partey wurde als defensiver Mittelfeldspieler geholt. Xhaka spielte zunächst im Zentrum an seiner Seite, danach immer weiter vorne. Plötzlich nahm er die Rolle ein, welche Wenger ursprünglich für ihn vorgesehen hatte: als Achter, welcher die langen Distanzen zwischen den Strafräumen hinlegt.
Beste Saison zum Schluss
Arteta erkannte, wie man das Beste aus Xhaka rausholt. Das System kompensierte seine Schwächen und brachte seine Stärken zur Geltung. Zudem schien auch Xhaka gewillt, sich immer weiter zu verbessern. Nachdem der Schweizer schon in der Vorsaison fast durchgehend starke Leistungen brachte, gewann er in der Saison 2022/23 das Vertrauen der Fans endgültig zurück.
Wenn es nach den Sky-Experten geht, war es «einer der grössten Turnarounds in der Geschichte der Premier League.» In der offensiveren Rolle blühte Xhaka auf, wirkte spritziger und holte nur vier gelbe Karten.

Arsenal kämpfte bis wenige Runden vor Schluss um die Meisterschaft. Am Ende resultierte zwar kein Titel, dafür erstmals mit Xhaka die Qualifikation für die Champions League. Mit je sieben Toren und Assists war Xhaka massgeblich daran beteiligt. Die Beziehung zwischen Fans und Spielern ist so gut wie lange nicht mehr.
Beeindruckende Bilanz
Zieht man Bilanz, ist das, was Granit Xhaka bei Arsenal geleistet hat, beeindruckend. Während sieben Jahren war er bei einem der renommiertesten Clubs der Welt Stamm- und Führungsspieler. Unter dem Strich bestritt der Basler 225 Spiele in der Premier League. Er hat sich nie von der Kritik unterkriegen lassen, sondern gab seine Antwort auf dem Platz mit starken Leistungen.

In einem Interview gegenüber «The Athletic» sagte Xhaka einst: «Die Fans und ich werden wohl keine besten Freunde mehr.» Beste Freunde wurden sie wohl bis zuletzt nicht, mittlerweile hat sich der Basler aber trotzdem in die Herzen der Fans gespielt. Dem Arsenal-Support wird Xhaka in Erinnerung bleiben. Ein Spieler mit Ecken und Kanten zwar – aber einer, der immer alles fürs Team gegeben hat.
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