Zweite Instanz kippt Freispruch im Basler Vergewaltigungsfall
©Bild: Keystone
Elsässerstrasse
Basel-Stadt

Zweite Instanz kippt Freispruch im Basler Vergewaltigungsfall

30.07.2025 13:48 - update 30.07.2025 17:46

Baseljetzt

Das Appellationsgericht Basel-Stadt hat den Freispruch des Jugendgerichts im Fall der Vergewaltigung an der Elsässerstrasse im Februar 2020 aufgehoben. Dies geht aus einem am Mittwoch publizierten Urteil vom September 2024 hervor.

Das nun veröffentlichte und inzwischen rechtskräftige Urteil richtet sich gegen den zum Tatzeitpunkt noch nicht volljährigen Beschuldigten. Er wurde in zweiter Instanz der Vergewaltigung, versuchten Vergewaltigung und mehrfachen sexuellen Nötigung schuldig gesprochen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Probezeit beläuft sich ebenfalls auf ein Jahr.

Das separat gemäss Erwachsenenstrafrecht geführte Verfahren gegen den zum Tatzeitpunkt volljährigen Mittäter ist ebenfalls zu einem rechtskräftigen Schluss gekommen, wie das Appellationsgericht auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA schrieb. Der Portugiese wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren mit 18 Monaten bedingtem Vollzug verurteilt und für sechs Jahre des Landes verwiesen.

Den beiden wurde vorgeworfen, am 1. Februar 2020 eine alkoholisierte Frau im Eingang ihres Wohnortes vergewaltigt und sexuell genötigt zu haben. Die Verfahren blieben aber getrennt, weil der jüngere Beschuldigte noch nach Jugendstrafrecht beurteilt wurde. Der ältere hatte seinen Fall bis vor Bundesgericht gezogen, entkam einer Verurteilung aber nicht.

Aussagen der Täter «lebensfremd und unschlüssig»

Das erste Urteil des Appellationsgerichts gegen den erwachsenen Mittäter hatte für Aufruhr gesorgt. Das Gericht sah sich mit Vorwürfen konfrontiert, dem Opfer eine Mitschuld an der Tat gegeben und den Mann zu mild bestraft zu haben. Es kam gar zu Protesten wegen Aussagen, die bei der Urteilsverkündung gefallen waren.

Das Dreiergericht der zweiten Instanz kam in seinem Urteil gegen den damals 17-jährigen Portugiesen zum Schluss, dass die gefundenen Spuren die Aussagen des weiblichen Opfers teils bestätigten, teils zumindest nicht widerlegten. Dem Opfer könne zudem wegen einer früheren Verurteilung wegen falscher Anschuldigung nicht per se die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden.

Vielmehr seien konkrete Aussagen für die Wahrheitsfindung massgebend. Diesen Aussagen des Opfers mass das Gericht eine hohe Aussagequalität zu und befand sie, entgegen der Ansichten des Beschuldigten und des Jugendgerichts, für «schlüssig und widerspruchsfrei». Die Aussagen des Beschuldigten und des Mittäters taxierte es hingegen als «lebensfremd und unschlüssig».

Zudem habe das Jugendgericht aus Sicht des Appellationsgerichts verkannt, dass traumatische Erlebnisse anders verarbeitet würden als alltägliche. Insgesamt erachtete es, dass das Erinnerungsvermögen des Opfers zum Tatzeitpunkt intakt war.

Damit erachtete das Gericht den Sachverhalt gemäss Anklageschrift als erstellt. Es korrigierte jedoch vereinzelte Details. Zum Beispiel folgte es der Anklage nicht im Punkt, dass die beiden Täter die Tat von langer Hand geplant hätten. Vielmehr hätten sie spontan aber in Mittäterschaft gehandelt, nachdem ihnen das Opfer am Hauseingang eröffnet habe, niemanden mit in ihre Wohnung zu nehmen.

Aktivere Rolle als Mittäter eingenommen

Das Vorgehen des Beschuldigten sei «einzig von seinem Bestreben nach sexueller Befriedigung» getragen worden. Er sei «unvermittelt» über das Opfer «hergefallen» und habe die aktivere Rolle als der Mittäter eingenommen.

Hingegen waren für das Gericht die Voraussetzungen für eine theoretisch mögliche Maximalstrafe von vier Jahren nicht erstellt. Die dafür nötige Skrupellosigkeit oder Offenbarung «einer besonders verwerflichen Gesinnung» erkannte es nicht.

Damit gelangte es zu einer Maximalstrafe von einem Jahr, die bedingt ausgesprochen wurde. Einen unbedingten Vollzug erachtete es als nicht notwendig. So habe sich der Beschuldigte seit der Tat nichts mehr zu Schulden kommen lassen und gehe nun einer Arbeit nach. Zudem sei er zum Zeitpunkt des Urteils verlobt gewesen. (sda/daf/mik)

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.