Waldbrände in Griechenland forderten bisher 20 Tote
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Waldbrände in Griechenland forderten bisher 20 Tote

22.08.2023 14:30 - update 22.08.2023 17:48

Baseljetzt

Angst, Beklemmung, gar eine Art Weltuntergangsstimmung – mit diesen Gefühlen sind am Dienstag viele Menschen in Griechenland aufgewacht. In weiten Teilen des Landes wurde die Sonne von dichtem Rauch verdeckt.

Der Wind hatte ihn von den gewaltigen Waldbränden im Nationalpark Dadia hoch im Nordosten quer über das Land geschickt. In Dadia müssen sich allerdings noch weitaus schlimmere Dramen abgespielt haben als bislang bekannt: Dort stiess die Polizei am Dienstag Angaben zufolge in einer Hütte auf 18 verbrannte Leichen. «Da niemand vermisst wird, gehen wir davon aus, dass es sich um illegale Einwanderer handelt», sagte Feuerwehrsprecher Giannis Artopoios dem griechischen Staatssender ERT.

Der Fund der Leichen in der Nähe der Ortschaft Avas (auch: Avantas) bestätigte eine entsprechende Befürchtung der Feuerwehr, denn bereits am Dienstagvormittag war in den Wäldern die Leiche eines mutmasslichen Migranten gefunden worden. Der Mann sei vermutlich an einer Rauchvergiftung gestorben, hiess es. Zusammen mit einem Schäfer, der bereits am Montag ums Leben gekommen war, weil er versucht hatte, seine Tiere in Sicherheit zu bringen, stieg die Zahl der Toten damit auf 20.

Betroffenheit im ganzen Land

Angesichts der Toten und der unzähligen Brände herrscht tiefe Betroffenheit im ganzen Land. Mindestens fünf Feuerfronten sind sehr gross und nicht unter Kontrolle. In den betroffenen Gebieten kämpften Feuerwehrleute und Anwohner bis zur Erschöpfung – in der stark betroffenen Hafenstadt Alexandroupolis nun schon den vierten Tag in Folge. «Das Ausmass der Brände von Alexandroupolis übersteigt jeden Brandbekämpfungs-Mechanismus», bilanzierte ein Feuerwehrsprecher gegenüber dem Sender Skai. Soll heissen: Es geht kaum noch darum, das Feuer unter Kontrolle zu bringen, sondern nur noch darum, Menschenleben zu retten.

Waldbrände in Griechenland forderten bisher 20 Tote
Eine Fähre musste in Alexandroupolis Menschen aus den Waldbrandregionen evakuieren. Bild: Keystone

Das ist auch die Massgabe der Regierung: «Menschenleben sind oberste Priorität», sagte am Dienstag Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis vor Journalisten. Erst dann folgten Besitztümer und Umwelt. Er verwies darauf, dass die schnellen Evakuierungen erfolgreich seien. Unzählige Ortschaften nahe aller grossen Brände waren in den vergangenen Tagen vorsorglich evakuiert worden.

Migranten ohne Chance

Die Migranten jedoch hatten vermutlich keine Chance. Sie seien den Angaben nach in einer Hütte in der Nähe der Ortschaft Avas (auch: Avantas) gefunden worden, eine Untersuchung wurde eingeleitet. Im Waldgebiet von Dadia verstecken sich immer wieder Migranten, die illegal aus der Türkei über den Grenzfluss Evros nach Griechenland eingereist sind. Von dort hoffen sie weiter nach Mitteleuropa zu gelangen. Wie viele Menschen sich dort noch aufhalten und gefährdet sein könnten, ist völlig unklar.

Waldbrände in Griechenland forderten bisher 20 Tote
Der Nationalpark Dadia in Alexandroupolis steht in Flammen. Bild: keystone

Neben den Bränden von Dadia zeigten Fernsehbilder auch verzweifelte Menschen im nächtlichen Kampf gegen orange-leuchtende Feuerwände auf der Insel Euböa und weinende Anwohner, deren Häuser abgebrannt waren. In Alexandroupolis mussten rund 175 Menschen aus dem Universitätskrankenhaus in Sicherheit gebracht werden – ein Teil von ihnen auf eine Fähre, die später Richtung Kavala ablegte, der Rest in Krankenhäuser der Umgebung.

Nicht alle lassen sich vertreiben

Tiefschwarze Rauchwolken hüllten auch die Hauptstadt Athen ein – dort brannte es am Dienstag in der rund 15 Kilometer entfernten Gemeinde Aspropyrgos. Diese Athener Vorstadt hat zwar kaum Vegetation, dafür aber grosse Müllhalden, Industriehallen und Berge von Autoreifen, die Feuer fingen. Gegenüber dem Staatssender ERT kritisierte der Bürgermeister der Gemeinde, dass der Ort für den Müll der Hauptstadt Athen herhalten müsse und die Situation auch wegen der Armut in Aspropyrgos extrem schwierig sei.

Waldbrände in Griechenland forderten bisher 20 Tote
Die Luftansicht eines verbrannten Gebiets in Alexandroupolis. Bild: Keystone

Später brach dann auch weiter nördlich von Athen ein Feuer aus, erneut wurde evakuiert. Viele Menschen lassen sich jedoch nicht vertreiben, sondern wollen beim Löschen helfen. «Wir liefern hier einen panhellenischen Kampf gegen die Flammen», sagte ein Feuerwehrsprecher dem Sender Skai.

Viele Hinweise auf Brandstiftung

Gleichzeitig herrscht Verbitterung über mutmassliche Brandstifter. In sozialen Medien diskutieren die Menschen die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet bei den aktuell starken Winden so viele Feuer ausbrechen. Hinweise auf Brandstiftung gibt es viele, etwa die Tatsache, dass im Wald Dadia am Montag laut Feuerwehr binnen zwei Stunden zwölf Brandherde ausbrachen – in dieser Häufung ein Indiz für menschengemachte Feuer. Doch die Täter sind in den oft unzugänglichen Waldgebieten kaum zu schnappen.

Waldbrände in Griechenland forderten bisher 20 Tote
Griechenland steht in Flammen. International wird Hilfe in die Wege geleitet. Vor Ort tun Einheimische derweil alles, was sie können. Bild: Keystone

Auch der Klimawandel wird immer wieder als Ursache für die hohe Intensität der Brände genannt – von der griechischen Regierung ebenso wie von Forschern. In der sich aufheizenden Welt gebe es mehr Dürreperioden, sagte der Kieler Klimaforscher Mojib Latif am Dienstag dem Deutschlandfunk. Das führe zu mehr Bränden, die zunehmend ausser Kontrolle gerieten. In diesem Ausmass habe es das in der Vergangenheit nicht gegeben.

Extrem hohe Waldbrandgefahr

International wurde derweil erneut Hilfe für Griechenland auf den Weg gebracht: «Zusätzlich zu zwei Löschflugzeugen aus Zypern und Feuerwehrleuten aus Rumänien sind fünf weitere Flugzeuge und ein Hubschrauber sowie zusätzliche Feuerwehrleute auf dem Weg», kündigte der für Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic an. Die Hilfe komme aus Deutschland, Kroatien, Schweden und Tschechien.

Die weiteren Aussichten für die Entwicklung der Brände waren am Dienstag denkbar schlecht: Für fast ganz Griechenland warnte der Zivilschutz vor sehr hoher bis extrem hoher Waldbrandgefahr. Problematisch sind vor allem die starken Winde und mancherorts auch Sturmböen, die die Flammen vor sich her treiben und die Feuerfronten ausweiten. Sie machen die Löscharbeiten fast unmöglich und für die Löschhubschrauber und -flugzeuge zudem sehr gefährlich. (sda/mei)

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