22 ungenutzte Wohnungen: Ärger über Dauer-Leerstand an der Schanzenstrasse
©Bild: Screenshot Telebasel
Sanierung
Basel-Stadt

22 ungenutzte Wohnungen: Ärger über Dauer-Leerstand an der Schanzenstrasse

01.10.2024 17:58 - update 01.10.2024 19:18
Michel Schultheiss

Michel Schultheiss

Seit über einem Jahr stehen in einer Häuserzeile in der Schanzenstrasse die meisten Wohnungen leer. Trotz mehrerer Ankündigungen verzögert sich die Sanierung. Bei den Nachbar:innen reisst der Geduldsfaden.

Vom Balkon aus sieht Tamea Wissmann eine gähnende Leere. Nur ein paar alte Blumentöpfe und ein Gartenschlauch zeugen davon, dass die Wohnungen gegenüber von ihr einst belebt waren. «Es ist einfach sehr bedauerlich – ich finde es total schade, dass hier so viel Wohnraum mitten in der Stadt leersteht», sagt die Anwohnerin gegenüber Baseljetzt. Nach Angaben der Eigentümer stehen in der Häuserzeile an der Ecke Schanzenstrasse/St. Johanns-Vorstadt 22 von 30 Wohnungen leer. Die letzten Mietparteien mussten wegen einer angekündigten Sanierung bis Mitte 2023 ausziehen – sie hatten befristete Verträge. Im Gebäude nebenan, wo auch Tamea Wissmann wohnt, konnten die Mietparteien bleiben.

Bereits vor gut einem Jahr berichtete Baseljetzt über den Leerstand in diesen Liegenschaften. Die Vaudoise Versicherungen, seit rund sechs Jahren Inhaberin der Häuserzeile, kündigten damals auf Anfrage an, dass die Renovierungsarbeiten Mitte 2024 beginnen sollen. Passiert ist seither nichts, wie ein Augenschein vor Ort zeigt und wie auch die Nachbar:innen bestätigen.

«Nun sieht man, wie alles verrottet»

So auch Urban Koch, der schon seit vielen Jahren in dieser Häuserzeile wohnt. Mit Blick auf die abgeriegelten Türen und Fenster nebenan sagt er, dass das alles sehr gute Wohnungen seien, genau gleich wie die Seinige. Früher sei nebenan alles belebt gewesen mit ganz verschiedenen Leuten. «Und nun sieht man langsam, wie alles verrottet», sagt Koch.

Die Pressesprecherin der Vaudoise Versicherungen nimmt gegenüber Baseljetzt Stellung zur verzögerten Sanierung und kündigt erneut einen baldigen Start an. «Wir arbeiten aktiv an den Vorbereitungen für die Durchführung der Bauarbeiten und sind dabei, die Ausschreibungsphase abzuschliessen, um in den nächsten Monaten mit den Arbeiten zu beginnen», heisst es in der Antwort. Der Zustand des Gebäudes lasse eine sichere Nutzung leider nicht zu, weshalb es geschlossen werden musste. Nach Abschluss der Arbeiten sollen sechs neue Wohnungen entstehen.

Nicht Wohn-, sondern Denkmalschutz als Faktor

Ein Mancher wird bei der verzögerten Sanierung womöglich zuerst an das kontrovers diskutierte Wohnschutzgesetz im Kanton Basel-Stadt denken. Damit hat dieser Fall aber nichts zu tun, wie die Eigentümer bereits letztes Jahr auf Anfrage versicherten. Die Sprecherin nennt als wichtigen Punkt, dass die Häuserzeile seit 2022 unter Denkmalschutz steht – die Liegenschaft ist übrigens bekannt durch das einstige Kino Forum. Daher seien in Abstimmung mit der Denkmalpflege mehrere Szenarien für eine Sanierung untersucht worden, was zeitaufwändig gewesen sei.

22 ungenutzte Wohnungen: Ärger über Dauer-Leerstand an der Schanzenstrasse
Blick auf auf den Innenhof mit den leeren Wohnungen. Fotos: Michel Schultheiss

Welche Rolle spielen also die Behörden bei dieser Verzögerung? Anfrage beim Bau- und Verkehrsdepartement: Dieses bestätigt, dass die denkmalpflegerischen Rahmenbedingungen im Jahr 2022 gemeinsam mit den Vaudoise Versicherungen definiert worden seien – der Schutzvertrag sei auch auf Wunsch der Eigentümer zustande gekommen. «Seit diesem Zeitpunkt hatte die Denkmalpflege keinen weiteren Kontakt mit der Eigentümerschaft und ist daher derzeit in kein konkretes Projekt involviert», schreibt eine Departementssprecherin. Gemäss diesen Aussagen funkten also in den letzten Jahren keine Behörden in das Sanierungsvorhaben hinein.

Anwohnerschaft fühlt sich mangelhaft informiert

Es bleiben somit noch einige offene Fragen. Aus Sicht der Bewohner:innen ist diese Unklarheit ärgerlich. «Es kommt jedes halbe Jahr ein Brief, wo es heisst, es werde saniert in den nächsten paar Monaten und dann passiert dann doch nichts, dann ist jedes Mal wieder diese Unsicherheit da», sagt Tamea Wissmann. Auch ihr Nachbar Urban Koch kritisiert die mangelnde Transparenz.

Über diese Situation beschweren sich gegenüber Baseljetzt zudem mehrere Geschäfte in der Häuserzeile, deren Betreiber:innen nicht namentlich genannt werden möchten. Einer von ihnen klagt etwa über die Planungsunsicherheit für seinen Betrieb. Anders klingt es hingegen bei der Vaudoise: Das Unternehmen versichert gegenüber Baseljetzt, dass die Geschäfte auch während der Bauarbeiten ihrer Tätigkeit nachgehen können.

Überwachungskameras im Haus

Die Häuserzeile machte bereits im September 2023 von sich reden. Damals kam es an der Schanzenstrasse Nummer 8 zu einer Hausbesetzung. Die Unbekannten weigerten sich trotz Aufforderung der Eigentümer, das Gebäude zu verlassen. Daraufhin räumte die Polizei das Haus, fand dort aber keine Besetzer:innen mehr vor. Um eine weitere Besetzung zu unterbinden, postierten die Eigentümer Sicherheitsleute vor die Eingänge. Diese stehen mittlerweile nicht mehr dort, wohl aber Überwachungskameras in den leeren Wohnungen sowie auf dem Dach.

Das stösst bei der Anwohnerschaft nicht auf Begeisterung. Die von Baseljetzt befragten Nachbar:innen kritisieren etwa, dass die Anwohnerschaft nicht direkt darüber informiert wurde. Die Vaudoise-Sprecherin räumt ein: «Die Kameras wurden von einem professionellen Unternehmen installiert und filmen nur unser Gebäude. Deshalb wurden die Nachbarinnen und Nachbarn nicht informiert», heisst es in der Antwort. Die Verwaltung habe aber eine Information im Gebäude angebracht, zudem wiesen Piktogramme auf die Kameras hin. Diese werden voraussichtlich bis zum Beginn der Sanierungsarbeiten bleiben, wie sie weiter schreibt.

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Kommentare

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02.10.2024 04:17

pserratore

👎👎👎

2 2
01.10.2024 18:31

spalen

war mir gar nicht bewusst.

3 1

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