
Gesetzesarbeiten im Gang: Armee-Orientierungstag soll für Frauen Pflicht werden
Baseljetzt
Junge Frauen sollen sich künftig über Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten bei Armee und Zivilschutz informieren müssen. Der Bundesrat will die Verfassung entsprechend anpassen.
Bis Ende 2027 soll das VBS dem Bundesrat darlegen, wie es mit dem Dienstpflichtmodell weitergehen soll. Frauen sollen am Orientierungstag Einblick erhalten in Möglichkeiten und Chancen bei Militär und Zivilschutz, wie Bundesrätin Viola Amherd am Mittwoch in Bern vor den Medien sagte. «Der Bundesrat ist überzeugt, dass dank der vertieften Information das Interesse der Frauen an Militär und Zivilschutz wächst.»
Auch die Kantone seien interessiert an einer Regelung, sagte die Verteidigungsministerin. Sie habe aus Kantonen gehört, dass es Frauen gebe, die sich zwar für den Tag interessierten, aber wegen der Freiwilligkeit Hemmungen hätten, daran teilzunehmen. Dies etwa, weil sie von der Arbeit freinehmen müssten.
Kosten würde die obligatorische Orientierung für die Frauen zusätzlich rund 3 Millionen Franken. Diese Kosten würden sich die Kantone, die die Veranstaltungen durchführten, und der Bund teilen, sagte Amherd.
Das Verteidigungsdepartement hat den Auftrag, bis Ende 2025 eine Vernehmlassungsvorlage vorzubereiten. Weil die Einführung eines obligatorischen Orientierungstages für Frauen eine Änderung der Verfassung erfordert, haben nach dem Parlament auch Volk und Stände darüber zu entscheiden.
Orientierungstag für Frauen wird positiv aufgenommen
Der Verband Militärischer Gesellschaften Schweiz (VMG) kämpfe schon seit Jahren für dieses Anliegen, das 2018 noch knapp gescheitert sei, erklärte VMG-Präsident Stefan Holenstein am Mittwoch auf Anfrage. Das sei ein Meilenstein. 2018 wurden die Arbeiten am Vorhaben eingestellt, weil sich die Kantone gegen das Obligatorium und die damit verbundene Verfassungsänderung aussprachen.
Für die Armee sei es eine Chance, weil damit der heute immer noch sehr tiefe Frauenanteil am Armee-Gesamtbestand von rund 1,4 Prozent substanziell erhöht werden könnte. «Denn es dürften dank dem Orientierungstag mehr überzeugte Frauen in Zukunft ins Militär gehen», so Holenstein. Zudem werde die Armee dank mehr gut qualifizierten und motivierten Frauen auch durchmischter.
Auch die Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz, Feuerwehr begrüsst laut Alexander Krethlow die Einführung eines obligatorischen Orientierungstages für Frauen. Aufgrund der Chancengleichheit sei es gut, dass auch junge Frauen am Orientierungstag umfassend informiert würden, hiess es auf Anfrage.
«Bedarfsorientierte Dienstpflicht» auch für Frauen
Der Bundesrat befasste sich am Mittwoch auch mit dem knapper werdenden Personalbestand von Armee und Zivilschutz. Die seit Längerem zur Debatte stehenden neuen Modelle eigneten sich etwa gleich gut, um die Bestandesprobleme zu lösen, sagte Amherd nun.
Das erste Modell ist die «Sicherheitsdienstpflicht», die ausschliesslich für Schweizer Männer gelten würde. Diese müssten den Dienst entweder in der Armee leisten oder beim Katastrophenschutz. In dieser Organisation in der Zuständigkeit der Kantone würden der heutige Zivilschutz und der Zivildienst aufgehen.
Das zweite diskutierte Modell ist die «bedarfsorientierte Dienstpflicht». Es würde eine Dienstpflicht neu auch für Frauen bringen. Allerdings müsste lediglich Dienst leisten, wer für die Alimentierung von Armee und Zivilschutz tatsächlich benötigt wird. Der Zivildienst würde bei diesem Modell bestehen bleiben.
Die «Sicherheitsdienstpflicht» erhalte mehr Unterstützung als das zweite, sagte Amherd. Auch eine Integration von Ausländern in die Dienstpflicht lässt der Bundesrat prüfen. In Frage kämen Einsätze beim Katastrophenschutz, aber nicht in der Armee.
In etwa gleich hohe Kosten
Bei beiden Varianten fallen laut dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) Investitionskosten von rund 900 Millionen Franken an. Dieses Geld würde für zusätzliche Unterkünfte und Ausbildungseinrichtungen benötigt.
Um ebenfalls rund 900 Millionen Franken würden die jährlichen Mehrkosten für Bund und Kantone bei beiden Varianten ansteigen. Weil die Kantone mitbetroffen sind, will der Bund die Dienstpflichtmodelle im Rahmen des laufenden Projekts zur Aufgabenentflechtung diskutieren.
Das VBS hat den Auftrag erhalten, dem Bundesrat bis Ende 2027 Antrag zum weiteren Vorgehen in Sachen Dienstmodelle zu stellen. Es sollen noch Erkenntnisse aus laufenden Gesetzesarbeiten abgewartet werden, wie Amherd sagte.
Gesetzesarbeiten im Gang
Das Parlament diskutiert zurzeit über Gesetzesänderungen, mit denen Zivildienst-Leistende zum Zivilschutz geschickt werden können, wenn dieser zu wenig Personal hat. Zudem sollen mehr ehemalige Armeeangehörige zum Zivilschutz umgeteilt werden können. Der Ständerat hiess das gut, der Nationalrat wird noch entscheiden.
In Arbeit sei ausserdem eine Vorlage, die Abgänge von der Armee zum Zivildienst reduzieren soll, sagte Amherd. Auch das solle die Bestände der Armee sichern. Über diese Vorlage werde der Bundesrat demnächst entscheiden. (sda/alr)
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vatiga
Finde es gut, dass zumindest der Infotag für alle Schweizerinnen und Schweizer gelten soll. Dürfte man allenfalls sogar auf in der Schweiz geborene und aufgewachsene Ausländerinnen und Ausländer ausweiten
Sonnenliebe
Nicht wahr..