Armeechef Süssli warnt: «Krieg in Europa könnte sich ausweiten»
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Schweiz

Armeechef Süssli warnt: «Krieg in Europa könnte sich ausweiten»

03.02.2024 09:32 - update 03.02.2024 16:59

Baseljetzt

Armeechef Thomas Süssli hat vor einer Ausweitung des Ukraine-Krieges in Europa gewarnt. «Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass sich der Krieg in Europa ausweiten könnte», sagte er in einem Interview.

Man sei sich unter europäischen Armeechefs einig, dass es zu einer Eskalation mit Russland kommen könnte, sagte Süssli in einem am Freitag online veröffentlichten Interview mit den Tamedia-Zeitungen. «Alle befürchten eine Verschärfung der Lage.» Die Schweiz sei ein Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur und könnte darum auch betroffen sein.

Schweden und andere Länder würden ihre Bevölkerung darauf vorbereiten, sagte der 57-Jährige, der seit Anfang 2020 Chef der Armee ist. Auch der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, der niederländische Admiral Rob Bauer, habe den europäischen Ländern geraten, sich damit auseinanderzusetzen.

«Krieg gegen des Westen»

«Russland hat konsequent auf Kriegswirtschaft umgestellt. Das ist schwierig umzudrehen», sagte Süssli. Russland produziere im Moment mehr Kriegsgüter als vor dem Krieg, namentlich auch ballistische Raketen, präzise Raketen. «Und es hat auch sein Narrativ verändert.» Die Rede sei nicht mehr von einer «Sonderoperation». Sondern man führe jetzt Krieg gegen den Westen. «Das sind alarmierende Zeichen, dass es über die Ukraine hinaus zu einer Eskalation kommen könnte.»

Nach den Worten Süsslis kam es mit dem Angriff auf die Ukraine durch Russland zu einer Zeitenwende. «Wir sind in einer neuen Ära. Die Regeln zwischen Ländern gelten zum Teil nicht mehr. Die Machtpolitik kehrt zurück, das Recht des Stärkeren ebenso. Und damit sind auch Konflikte wieder wahrscheinlicher.»

«Die Situation ist so, wie sie für die Armee noch nie war»

Süssli äusserte sich in dem Interview erneut zu den Liquiditätsengpässen bei der Armee. «Die Situation ist so, wie sie für die Armee noch nie war.» Die Schweizer Armee müsse Waffensysteme ausser Dienst stellen, bevor ein Ersatz beschafft werden könne. Dadurch entstehe eine «Fähigkeitslücke» von einigen Jahren. «Einfacher ausgedrückt: Ja, wir verlieren vorübergehend das Heer.»

Dass sich die sicherheitspolitische Lage in Europa derart verschlechtere, und dass gleichzeitig die Finanzlage beim Bund derart angespannt ist, das «dürfte es in der neueren Geschichte so noch nie gegeben haben», sagte Süssli.

Waffenkäufe auch ohne Finanzmittel beantragen

Armeechef Thomas Süssli will trotz der gegenwärtigen Finanznot neue Waffen für die Schweizer Armee bestellen. Er überlege sich, Verpflichtungskredite beim Parlament auch ohne momentan vorhandene Finanzmittel zu beantragen. Dies gab Süssli in der vorab veröffentlichten Samstagsrundschau von Radio SRF bekannt.

Dies würde es ermöglichen, «dass man bei einem Hersteller früher in die Warteschlange kommt, aber dann trotzdem erst später bezieht und später bezahlt», sagte Süssli. Dies sei eine Idee. Wenn das machbar sei, könne man trotzdem Rüstungsprogramme auflegen. Die Kapazitäten der Rüstungsindustrie seien vielfach ausgeschöpft. Für Waffenlieferungen gebe es lange Lieferfristen.

Ohne diese Investitionen in die Bodentruppe verliere die Armee mittelfristig das Heer, warnte Süssli. Doch wegen ihrer Finanzprobleme könne die Armee grössere zusätzliche Zahlungen für Rüstungsgüter erst wieder in den 2030er-Jahren leisten. (sda/jwe)

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06.02.2024 09:36

mil1977

Das was die USA, Israel, die Kurden und Jesiden dort bekämpfen, hat sich Europa ohne Grund selbst herein geholt. Eskaliert die Lage in Nahost vollends, eskaliert die Lage auch in einigen europäischen Ländern. Die israelfeindlichen Demonstrationen sind nur ein lauwarmer Vorgeschmack.
Ein schwacher Staat, eine schwache Gesellschaft ohne Werte, stehen dann plötzlich einer durch religiöse Radikalisierung homogenen Gruppe gegenüber, die sich von Platzverweisen und gutem Zureden nicht von Gewalttaten abhalten lassen wird.

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03.02.2024 09:41

skywings2

Wenn Russland die Schweiz in einen Krieg hinein zieht ist die Schweiz zerstört. Dann herrscht Krieg in Europa, dann ist alles weg. Militärisch hätten wir keine Chance, selbst mit massiver Aufrüstung. Nutzen würde nur eine Zusammenarbeit mit der Nato. Da bin ich aber noch sehr unschlüssig. Ich erachte das jetzige Kriegsgeheul unnötig. Vernünftiger wäre es die Armee in eine Katastrophen-Einsatz-Truppe umzubauen. Bei einem Kriegsfall nutzt das am meisten.

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