Atici – der unterschätzte Kandidat
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Regierungswahlen
Basel-Stadt

Atici – der unterschätzte Kandidat

07.04.2024 18:45 - update 08.04.2024 08:30
Philippe Chappuis

Philippe Chappuis

Der Vorsprung im Vergleich zum ersten Wahlgang wurde zwar kleiner. Aber die Rechnung ging auf. Der 51-jährige Unternehmer Mustafa Atici wird Basler Bildungsdirektor. Sein Erfolg hat mehrere Gründe.

Basel-Stadt hat zum ersten Mal ein Exekutivmitglied mit Migrationshintergrund. Einer Stadt, die sich gerne weltoffen gibt, steht das gut an. Ausserdem sorgt die Wahl von Mustafa Atici dafür, dass das Erziehungsdepartement zum ersten Mal seit 74 Jahren nicht mehr in den Händen der Bürgerlichen ist*. Sondern in den Händen der Sozialdemokraten. 

Urgese hat noch einmal alles versucht

Dass Konkurrent Luca Urgese vom Ergebnis enttäuscht war, überrascht nicht. Er hatte sich für den zweiten Wahlgang noch Chancen ausgerechnet. Dennoch kann er sich keine Vorwürfe machen. Er lieferte rhetorisch gute Auftritte und legte sich auf ein sehr konkretes und detailliertes Wahlprogramm für den Bildungsbereich fest. Am Ende hat es nicht gereicht.

Bei Wahlen ist es immer schwieriger, einen Rückstand aufzuholen, als einen Vorsprung zu verteidigen. Dass Atici vorne blieb, hat drei weitere Gründe. Erstens war Mustafa Atici der stärkere Kandidat, als es viele Bürgerliche wahrhaben wollten. Deshalb liefen die Versuche, Atici die Kompetenz für das Amt abzusprechen, ins Leere.

Erfahrung und Vernetzung

Man darf nicht vergessen: Mustafa Atici war fast 15 Jahre lang Grossrat, vier Jahre lang Nationalrat und er ist ein erfolgreicher Unternehmer. Zweitens ist Atici hervorragend vernetzt – das hat beim Stimmen sammeln geholfen. Und es kann auch im Regierungsamt helfen, wenn es darum geht, parteiübergreifende Kompromisse zu schmieden. Drittens ist Links-Grün auch im zweiten Wahlgang diszipliniert an die Urne gegangen und hat den dritten Regierungssitz ins Trockene gebracht.

Mit dem heutigen Wahltag bekommt Basel endlich eine Verschnaufpause vom Dauerwahlkampf, der seit der Wahl von Beat Jans in den Bundesrat herrschte. Lange ist die Pause allerdings nicht. Im Oktober sind Gesamterneuerungswahlen. Das heisst: Im Sommer geht’s wieder los. 

Und bis dahin…

… kann Mustafa Atici vielleicht die ersten Pflöcke seiner Bildungspolitik einschlagen.

… werden sich die Bürgerlichen überlegen, mit welchem Kandidaten sie im Herbst ins Rennen steigen (ich tippe darauf, dass es Luca Urgese noch einmal versucht). 

… werden sich die Bürgerlichen überlegen, wen sie dabei angreifen. Ich tippe auf Baudirektorin Esther Keller (weil man es in diesem Amt sowieso niemandem Recht machen kann) oder noch einmal auf Mustafa Atici (weil sie dann das Narrativ aufwärmen würden: seht her, er kann es nicht). 

… sollten sich die Grünen mit der SP aussöhnen. Denn wenn sie ernsthaft Ambitionen auf einen Sitz in der Regierung haben, werden sie das ohne Unterstützung der SP nicht schaffen.

… wird die SVP versuchen, das Bündnis mit den Bürgerlichen (das sie für diese Ersatzwahlen geschmiedet hat) zu festigen. Ob das gelingt, ist fraglich. Zumindest bei der Mitte dürfte es zu heftigen Diskussionen kommen.

*Die 74 Jahre waren nicht ganz lückenlos. SP-Regierungsrätin Veronica Schaller war im Jahr 2000 während eines Jahres Erziehungsdirektorin. Dann wurde sie abgewählt.

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Kommentare

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07.04.2024 18:31

Carlos

😡😡😡😡

3 1
07.04.2024 17:34

list

Basel tickt anders
Mit einem neuen Regierungsrat der nicht einmal richtig Deutsch spricht.

4 1

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