
Bali: Das Paradies und seine Schattenseiten
Laura Pauli
Die immersive Ausstellung «ROOTS» in der Kulturstiftung Basel H. Geiger nimmt dich mit in eine Zeitreise durch 100 Jahre Bali – von Tourismus und Immigration zu Kultur und Globalisierung.
Verlassene Hotellobby, kaputtes Dach, Wände voller Plakate, Bildschirme statt Fenster, die aktuelle Katastrophen zeigen. Das Prasseln des Regens in den Ohren, der Geruch von Räucherstäbchen überall – willkommen im heutigen Bali.
Doch wie kam es dazu? Um das zu verstehen, muss man bis zu den Anfängen des Tourismus auf der Insel zurückgehen. Genau dies ermöglicht die immersive Ausstellung «Roots» der Kulturstiftung Basel H. Geiger. Sie folgt dem Leben des deutschen Künstlers Walter Spies und beleuchtet seine prägende Rolle für die Entwicklung des damals als «Niederländisch-Indien» bekannten Gebietes.
Spies’ Einfluss auf Bali
«Spies ist heute völlig in Vergessenheit geraten, aber auf Bali kennt man ihn», sagt Kurator Michael Schindhelm im Gespräch mit Baseljetzt. Ende der 20er-Jahre verabschiedete sich Spies von seinem konventionellen Künstlerleben im Westen und machte sich auf den langen Weg nach Asien. 90 Tage später landete der damals 28-Jährige auf Bali, wo er den Rest seines Lebens verbringen sollte.
«Während seiner Zeit auf der indonesischen Insel hatte Spies einen grossen Einfluss auf die Kultur Balis», erklärt der Kurator der Ausstellung. «Nicht nur die Malerei, sondern auch Musik und Tanz wurden von ihm geprägt. Viele Balinesen hatten das Gefühl, dass er jemand war, der wesentlich zur Modernisierung beigetragen hat.»

«Schliesslich entdeckte er den Tourismus», erzählt Schindhelm. «Damals sah er darin eine Möglichkeit, den Armen zu helfen, denn er erkannte, dass Bali eine reiche Kultur hat, die man anderen Menschen zeigen – und damit Geld verdienen kann.» Sein Ziel war es, die Wirtschaft anzukurbeln, um seinen eigentlichen Plan voranzutreiben: eine grössere Unabhängigkeit der Balinesen vom Kolonialsystem.
Spies’ erste Tourismusprojekte machten Bali in Europa bekannt, bis die Insel zu einem der beliebtesten Reiseziele wurde. «Er nutzte ihre Kultur als Marketinginstrument, bis die Menschen selbst zu Werbeobjekten wurden», erklärt der Kurator.
Zwiespältiger Erfolg
«ROOTS» zeigt eindrucksvoll die Folgen des Massentourismus auf Bali. Schon in der Hotellobby wird deutlich, wie sehr die Insel leidet, besonders eindringlich aber im Badezimmer: Hier symbolisieren trockene Reisplantagen in der Badewanne die Bedrohung des Unesco-Weltkulturerbes, einer jahrtausendealten Tradition. Der Massentourismus schadet nicht nur der Umwelt durch unkontrollierbare Müllberge und sinkende Wasserqualität, sondern auch dem Regenwald, der Kultur und dem Glauben der Balinesen.

Für die Balinesen steht der Regenwald im Mittelpunkt ihrer Kultur und ihres Glaubens. In der Ausstellung wird dies im Badezimmer durch den Gott Boma, die Erdprinzessin Pertiwi und den Regengott Wisnu symbolisiert. «Doch heute sind all diese Aspekte durch Klimawandel, Globalisierung und den Bau immer neuer Tourismusanlagen, die durch die Abholzung des Regenwaldes ermöglicht werden, bedroht», erklärt Schindhelm.
Räume der Reflexion
Neben dem Badezimmer gibt es zwei weitere Räume. Das Schlafzimmer zeigt Filmausschnitte, die weitere Einblicke in die Auswirkungen des Tourismus geben. Der Wohnbereich thematisiert zudem die kulturelle Identität Balis selbst durch provozierende Kunstwerke und Interviews mit Balinesen, die schon einiges erlebt haben.
Am Ende der Ausstellung befindet sich eine Terrasse, auf der man sich noch einmal ausruhen und mehr über die Biografie von Walter Spies erfahren kann.
Exotische Provokation und Realität
Die Ausstellung setzt sich auch auf provokante Weise mit dem Thema Übersexualisierung auseinander: Ein Bild zeigt eine nackte Balinesin mit der Aufschrift „Fuck me, I’m exotic“ auf ihrem Dekolleté. Gleichzeitig zeigt sie den Mittelfinger und macht eine abwehrende Geste:

Es sei wichtig zu erwähnen, so der Kurator, dass «all diese Probleme nicht nur exotisch, sondern auch hier in Europa alltäglich sind». Bali sei nur ein Pionierland, in dem sich die Folgen des Tourismus früher als in anderen Ländern gezeigt hätten.
Die Ausstellung ROOTS ist noch bis am 17. November in der Kulturstiftung Basel H. Geiger zu sehen.
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Sonnenliebe
Interessanter Artikel.
spalen
klingt spannend, die künstlerische auseinandersetzung mit kunst und massentourismus.