«Baselland kann sich das nicht mehr leisten»: Debatte um Unifinanzierung nimmt Fahrt auf
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«Baselland kann sich das nicht mehr leisten»: Debatte um Unifinanzierung nimmt Fahrt auf

16.06.2025 13:48 - update 16.06.2025 17:02

Janine Borghesi

Eine Initiative aus dem Oberbaselbiet entfacht eine grosse Debatte: Soll der Kanton Basel-Landschaft aus dem Trägervertrag mit der Universität Basel aussteigen? Im Sonntagstalk auf Telebasel diskutierten Vertreter von Politik und Medien über eine Idee, die potenziell das Hochschulsystem der Nordwestschweiz aufrütteln könnte.

In Rünenberg, einer 800-Seelen-Gemeinde im Oberbaselbiet, formiert sich Widerstand gegen die Bildungsfinanzierung des Kantons. Gemeindepräsident Thomas Zumbrunn will mit einer Gemeindeinitiative erreichen, dass der Kanton Basel-Landschaft aus dem Uniträgervertrag mit Basel-Stadt aussteigt – per Ende 2027. Die Gemeinden Rünenberg und Rümlingen unterstützen das Anliegen bereits, drei weitere sind inzwischen dazugekommen. Damit ist die notwendige Anzahl Gemeinden erreicht, um das Anliegen dem Volk vorzulegen – sofern es als rechtsgültig eingestuft wird.

Im Sonntagstalk von Telebasel diskutierten SVP-Politiker Peter Riebli, der ehemalige Grüne-Landrat Klaus Kirchmayr und SRF-Redaktor Patrick Künzle unter der Leitung von Moderatorin Martina Rutschmann über die Initiative – und die grundsätzliche Frage: Wer soll in der Schweiz für Hochschulbildung zahlen?

Riebli: Unifinanzierung ist ein Loch ohne Boden

Für SVP-Politiker Peter Riebli ist das Anliegen überfällig. In der Sendung sagte er: «Wir zahlen im Moment rund 170 Millionen Franken pro Jahr. Das kann sich Baselland einfach nicht leisten.» Die Belastung sei völlig ungleich verteilt: «Baselland stellt 21 Prozent der Studierenden, Basel-Stadt 17 Prozent. Aber wir finanzieren fast alles.» Die restlichen Studierenden kämen aus der übrigen Schweiz oder aus dem Ausland. Für sie betrage der Preis pro Studienplatz rund 15’000 Franken, während das Baselbiet de facto über 70’000 Franken pro Studierenden bezahle. «Das ist ein Anachronismus», meint der Präsident der SVP Baselland.

Riebli kritisierte zudem, dass frühere politische Vorstösse zur Neuverhandlung des Trägervertrags gescheitert seien. «Wenn wir jetzt nichts machen, geht es einfach so weiter. Und irgendwann können wir die Zahlungen gar nicht mehr leisten.» Die Initiative sei deshalb ein notwendiger Weckruf – auch wenn sie ein letzter Schritt sei. «Wir haben mehrmals versucht, den Vertrag neu zu verhandeln. Jetzt soll die Bevölkerung entscheiden.»

Kritik am Weg, nicht am Anliegen

Auch Patrick Künzle, Leiter der SRF-Regionalredaktion Basel, zeigte Verständnis für den Unmut in den Gemeinden. «Das Anliegen ist berechtigt. Die Gemeinden sind vielerorts finanziell unter Druck, und das Unifinanzierungsmodell ist tatsächlich unfair – Hochschulkantone zahlen, während andere profitieren.» Dennoch zweifelt er am eingeschlagenen Weg. Ein Ausstieg aus dem Vertrag könne gravierende Folgen haben. «Wenn man das einfach so kündigt, schwächt man den Hochschulstandort Basel massiv. Und die Universität steht plötzlich ohne verlässliche Finanzierung da.»

Künzle sieht zudem wenig Aussicht auf Erfolg für eine nationale Lösung: «Es gab schon mehrere Anläufe, das auf Bundesebene zu regeln. Alle sind gescheitert.» Die Schweiz sei in dieser Frage bisher blockiert. Einen Alleingang des Baselbiets hält er daher für riskant.

Kirchmayr fordert neue Finanzarchitektur

Der frühere grüne Landrat Klaus Kirchmayr verortet die Probleme tiefer: «Wir haben ein strukturelles Problem: Die Gemeinden sind chronisch unterfinanziert. Baselland ist der zentralistischste Kanton der Schweiz, die Gemeinden haben kaum eigene Mittel.» Die Folge: fehlende Motivation und politische Frustration. Kirchmayr verwies etwa auf Reinach, wo von jedem zusätzlichen Steuerfranken 80 Rappen direkt in den kantonalen Finanzausgleich flössen.

Er schlug vor, die Finanzflüsse grundlegend neu zu ordnen. Denkbar wäre, einen festen Anteil an Kantonalbankgewinnen, Grundstückgewinnsteuern oder Nationalbank-Ausschüttungen direkt an die Gemeinden abzugeben – allerdings verbunden mit klaren Erwartungen, etwa beim Wohnungsbau oder der Standortentwicklung.

Zur Unifrage meinte Kirchmayr: «Ich verstehe das Anliegen. Aber ich kann dem Kanton Aargau nicht einfach sagen: Du zahlst jetzt doppelt so viel.» Ein Systemwechsel müsse gesamtschweizerisch gedacht sein, nicht im Alleingang. Die eigentliche Schwäche des aktuellen Modells sieht er im politischen Prozess: «Wir brauchen 2,5 Jahre, um einen vierjährigen Leistungsauftrag zu verhandeln. Drei Kommissionen, x Abstimmungen und am Schluss hat niemand Verantwortung.» Die Universität sei dadurch mehr mit interner Politik beschäftigt als mit strategischer Entwicklung. Er schlug vor, dass das Baselbiet einzelne Institutionen wie das Swiss TPH selbst mitträgt, um Mitsprache und Verantwortung zu übernehmen.

Ob es überhaupt zu einer Abstimmung kommt, entscheidet nun der Landrat. Dort wird geprüft, ob die Initiative rechtsgültig ist. Falls ja, könnte das Baselbieter Volk schon bald über einen möglichen Ausstieg aus dem Uniträgervertrag entscheiden.

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Kommentare

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16.06.2025 14:08

spalen

eine gesamtschweizerische regelung wäre wünschenswert. es kann nicht sein, dass es soweit kommt, dass der geldbeutel der eltern entscheidet, wer studieren kann und wer nicht.

6 0
17.06.2025 07:09

pserratore

…ganz genau 👍

2 0
16.06.2025 13:40

Brunoe

Ist doch klar, für die SVP sind nur dumm gebliebene Eidgenossen interessant.

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