
Beschuldigter im Hungerstreik: Bässlergut-Prozess wird verschoben
Leonie Fricker
Im Dezember 2023 kam es im Gefängnis Bässlergut zu einem brutalen Messerangriff. Ein 35-Jähriger soll auf einen Mithäftling eingestochen haben. Am Montag sollte der Prozess gegen den Mann starten, doch dieser befindet sich im Hungerstreik.
Eigentlich hätte dem 35-jährigen Algerier am Montag der Prozess gemacht werden sollen. Die Staatsanwaltschaft hat ihn wegen versuchten Mordes angeklagt, er soll einem seiner Mitgefangenen im Dezember 2023 mehrmals mit einem Messer in den Hals gestochen haben. Die auf zwei Tage angesetzte Verhandlung am Basler Strafgericht war jedoch schneller vorbei als gedacht. Grund dafür ist sein Nichterscheinen vor Gericht. «Er ist in den Hungerstreik getreten», sagte Gerichtspräsidentin Susanne Nese.
Wegen des Hungerstreiks habe sich die gesundheitliche Situation des Beschuldigten in den vergangenen Monaten verschlechtert. Aktuell befinde er sich im Inselspital in Bern, wo er medizinisch und psychiatrisch versorgt wird. Ein Erscheinen vor Gericht ist in diesem Zustand unmöglich. Auch das Opfer hätte am Montag befragt werden sollen, erschien aber ebenfalls nicht.
Schuldfähig oder nicht?
Die Kammer hatte am Montagvormittag über das weitere Vorgehen zu beraten. Es mussten mehrere Fragen geklärt werden: Zum einen, ob die Abwesenheit des Angeklagten entschuldigt wird, vor allem aber, ob vor der Verhandlung ein psychiatrisches Gutachten des Beschuldigten eingeholt werden muss.
Denn am Strafgericht haben die Anwesenden über eine mögliche Schuldunfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit diskutiert. Dem 35-Jährigen wird versuchter Mord, eventuell versuchte vorsätzliche Tötung vorgeworfen. Die Frage, die es nun zu klären gilt: Griff er sein Opfer im religiösen Wahn an oder nicht. Psychiater aus mehreren Haftanstalten in der Schweiz hätten diesbezüglich verschiedene Einschätzungen abgegeben.
Am Strafgericht äusserte sich am Montagvormittag zunächst die Staatsanwältin. Als erstes sei die Abwesenheit des Angeklagten zu entschuldigen. Er habe sich zwar selbst in den Hungerstreik begeben, jedoch mit dem Ziel, in eine andere Institution verlegt zu werden. An der Schuldfähigkeit des Angeklagten gebe es jedoch «keine Zweifel», so die Staatsanwältin weiter. Die ersten Anzeichen einer wahnhaften Störung seien erst Monate nach der Messerattacke im Gefängnis Bässlergut festgestellt worden.
Der Beschuldigte nahm Schlafmittel
Dem schloss sich Verteidiger Sandro Horlacher an. Der Beschuldigte befinde sich aktuell nicht in derselben psychischen Verfassung wie zum Zeitpunkt der Tat. Die Haft und der Hungerstreik seien eine «absolute Extremsituation» für den 35-Jährigen. Es sei daher naheliegend, dass dieser unter einer vorübergehenden psychotischen Störung leide. Zwar habe er während der Haft immer wieder feste Glaubensüberzeugungen geäussert, dies sei aber nicht gleichzustellen mit einem religiösen Wahn. Mit seinem Plan, durch den Hungerstreik eine Verlegung in eine andere Institution zu erzwingen, verfolge er ausserdem ein «rationales Ziel».
Es müsse jedoch abgeklärt werden, ob der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt Entzugserscheinungen hatte. Laut Verteidigung habe er seine Medikamente –genannt wurden Schlafmittel – nicht bekommen. Welche möglichen Auswirkungen die ausbleibende Medikation auf das Verhalten des 35-Jährigen hatte, müsse von einem Sachverständigen beurteilt werden.
«Es geht um einiges»
Beide Parteien waren der Meinung, ein Gutachten sei nicht nötig. Doch nach einer knapp zweistündigen Pause am Basler Strafgericht kommt die Fünferkammer zu einem anderen Schluss: «Es gibt Zweifel an der Schuldfähigkeit, deshalb braucht es das Gutachten», sagte Gerichtspräsidentin Nese.
Weiter gebe es «deutliche Hinweise auf ein religiöses Motiv». Das Opfer habe bei der Einvernahme ausgesagt, der Angeklagte habe während der Messerattacke Glaubensbekenntnisse von sich gegeben. Beim Beschuldigten seien zudem Ende Juli diesen Jahres ein religiöser Wahn sowie eine weitere Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden. «Es geht um einiges. Um versuchten Mord oder versuchte vorsätzliche Tötung», so Nese. «Das wollen wir gutachterlich abgeklärt haben.»
Auch was mögliche Entzugserscheinungen aufgrund fehlender Medikation betrifft, solle im Gutachten berücksichtigt werden.
Fraglich bleibt jedoch, ob der Beschuldigte kooperativ sein wird. Er habe bereits im Vorfeld der Verhandlung angekündigt, er wolle nicht zum Gerichtstermin erscheinen und brauche keinen Anwalt. Die Kammer geht deshalb von einer unentschuldigten Abwesenheit aus. Sobald jedoch das Gutachten vorliegt, will man einen neuen Verhandlungstermin ansetzen. Dieser wird voraussichtlich erst nächstes Jahr stattfinden.
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mil1977
Endlich konsequent abschieben. Will keinen einzigen von denen irgendwann auch nur eine Sekunde in der Nähe von meiner Familie sehen und lebenslang mit Sozialhilfe finanzieren.
Sprissli
Wow Katz und Maus Spiel respektive Justiz lässt sich an der Nase rum führen,was ist auch der ehrlichen neutralen gerechten Basler Justiz geworden!!