Blatter und Platini beteuern auch in Muttenz ihre Unschuld
©Bild: Keystone
Berufungsprozess
Baselland

Blatter und Platini beteuern auch in Muttenz ihre Unschuld

03.03.2025 17:56 - update 25.03.2025 13:20
David Frische

David Frische

In Muttenz hat am Montag der Berufungsprozess gegen Sepp Blatter und Michel Platini wegen einer Fifa-Zahlung an Platini begonnen. Die Angeklagten blieben bei ihren bisherigen Aussagen. Es gibt aber ein neues Beweismittel.

Bühne frei für die zweite Runde im Gerichtsprozess gegen den Ex-Fifa-Präsidenten Sepp Blatter und die französische Fussball-Legende Michel Platini. In Muttenz. Durch Zufall wird das Berufungsverfahren gegen die beiden weltbekannten Funktionäre im beschaulichen Baselbiet durchgeführt. Wieso, das liest du in der Vorschau auf den Prozess.

Im Strafverfahren geht es um die Frage, ob eine Zahlung der Fifa von zwei Millionen Franken an Michel Platini aus dem Jahr 2011 rechtmässig war. Die Bundesanwaltschaft wirft Blatter und Platini in ihrer Anklage Betrug vor. Platini stehe die Zahlung nicht zu, Blatter habe sie als damals amtierender Fifa-Präsident genehmigt. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona sprach die beiden im Jahr 2022 frei, die Bundesanwaltschaft legte Berufung gegen das Urteil ein. Die Fifa schloss sich als Privatklägerin an.

So beschäftigt sich eine ausserordentliche Richterkammer in den Räumlichkeiten des Baselbieter Strafgerichts in Muttenz nochmals mit dem Sachverhalt.

Blatter: «Ich sehe da nichts Unehrliches dabei»

Der Verhandlungsort wechselte, die Äusserungen der Angeklagten blieben dieselben. Sowohl Blatter als auch Platini beteuerten vor der Dreier-Richterkammer ihre Unschuld. Bei der Zahlung von zwei Millionen Franken an Platini sei alles korrekt abgelaufen.

Platini habe als Blatters Berater zurecht zwei Millionen Franken eingefordert, die ihm die Fifa schuldete, sagte Blatter am Montag vor Gericht. Das Ganze sei rechtens und ohne böse Absichten über die Bühne gegangen. «Was man mir da vorwirft, kann ich nicht verstehen. Wenn man von Fälschungen, Lügen und Betrug redet,… das bin nicht ich», so Blatter. Das Gericht wollte vom Ex-Fifa-Präsidenten wissen, wieso er mit Platini nicht von Anfang an einen schriftlichen Vertrag für dessen Beratertätigkeit bei der Fifa gemacht hat. «Wenn Platini mir sagt, wir seien ihm zwei Millionen Franken schuldig, dann bezahlen wir ihm das – ich sehe da nichts Unehrliches dabei», antwortete Blatter.

Auch Platini verteidigt die Zahlung

Auch Michel Platini sagte vor Gericht aus, dass ihm die zwei Millionen Franken aufgrund seiner Beraterfunktion bei der Fifa zugestanden hätten. Zunächst hätten er und Blatter sich auf einen Betrag von einer Million Franken geeinigt. Da die Fifa dies laut Blatter aber zunächst nicht zahlen konnte, habe Blatter ihm rund ein Jahr später angeboten, dass er 300’000 Franken erhalte – gleich viel wie der damalige Fifa-Generalsekretär, erklärte Platini. An die Vereinbarung sei Blatters Versprechen gekoppelt gewesen, dass die Fifa Platini den versprochenen Betrag später zahle, sobald sie genug Geld habe. Darauf habe Platini vertraut.

Schliesslich stellte der einstige französische Fussballstar der Fifa im Jahr 2011 eine Rechnung von zwei Millionen Franken für seine Beratertätigkeit von 1998 bis 2002 aus – in vier Tranchen à je 500’000 Franken. Dies zeigt ein Rechnungsbeleg in der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft. Die Fifa überwies das Geld kurz darauf auf ein Konto Platinis.

Grosser Medienrummel

Der erste Prozesstag hatte in mehrfacher Hinsicht etwas Spektakuläres. Zum einen war da der Auftritt der beiden Protagonisten Sepp Blatter und Michel Platini in einem kantonalen Gericht. In Erwartung der Beiden versammelte sich am Montag in Muttenz eine Schar aus Journalist:innen, Fotograf:innen und Kameraleuten aus dem In- und Ausland. Es wurde Deutsch, Französisch und Englisch gesprochen. Das Sicherheitsaufgebot war höher als bei einem gewöhnlichen Prozess am Baselbieter Strafgericht.

Fifa wird nicht vom Verfahren ausgeschlossen

Zum anderen war da die Fifa, die eben nicht da war. Der Weltfussballverband ist Privatklägerin im Berufungsprozess, liess sich im Vorfeld der Verhandlung aber für das gesamte Verfahren dispensieren. Der amtierende Präsident Gianni Infantino hat wohl das Interesse am Fall verloren.

Trotzdem war die Fifa zum Auftakt des Berufungsprozesses das grosse Thema. Bundesanwaltschaft und Verteidigung stritten vor Gericht darüber, ob die Fifa vom Verfahren ausgeschlossen werden soll. Zwar legte auch die Fifa eine Anschlussberufung gegen die Freisprüche für Blatter und Platini im Jahr 2022 ein. Sie reichte bis heute allerdings keine schriftliche Begründung für ihre Berufung ein, wie die beiden Verteidiger vor Gericht argumentierten.

Das Gericht stellte fest, dass die Anschlussberufung der Fifa als zurückgezogen gelte. Die Fifa bleibe aber Partei im Verfahren. Denn ihre Dispens könne nicht als Gleichgültigkeit gewertet werden, sondern als Zeichen, dass die Fifa an ihren Anträgen aus dem ersten Verfahren festhalte.

Zeitungsartikel als neues Beweismittel

Neu im Berufungsprozess gegen die beiden Ex-Spitzenfunktionäre im Fussball ist ein Beweismittel. Bundesanwalt Thomas Hildbrand stellte überraschend den Antrag, dass ein kürzlich erschienener Artikel in der französischen Zeitung «Le Monde» als Beweismittel in die Akten aufgenommen wird und dass das Gericht den Autor des Artikels als Zeuge zur Befragung vorlädt. Blatters und Platinis Verteidiger reagierten auf den Antrag mit Entsetzen. Es fielen Aussagen wie: «Wie verzweifelt muss die Bundesanwaltschaft sein, dass sie einen Zeitungsartikel als Beweismittel einbringt?». Bundesanwalt Hildbrand hingegen sieht im Zeitungsartikel und der Recherche des Journalisten durchaus wertvolle Informationen für das Verfahren.

Das Gericht gab dem Antrag schliesslich statt, der Artikel wird als Beweismittel aufgenommen. Es wird sich zeigen, ob er einen entscheidenden Einfluss auf den weiteren Verlauf des Prozesses hat. Ob der Autor des Artikels als Zeuge befragt wird, entscheidet das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt.

Und so stand dieser doch aussergewöhnliche erste Prozesstag sinnbildlich für den aussergewöhnlichen Umstand, dass Muttenz in diesen Tagen Schauplatz eines Gerichtsprozesses von internationalem Interesse ist. Oder wie eine Sprecherin des Baselbieter Strafgerichts bereits im Vorfeld der Verhandlung gegenüber dem Medium Kleinreport gesagt hatte: «So etwas haben wir hier noch nie erlebt».

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.