Bund soll die Kantone beim Spitalwesen entmachten: Was sagt die Politik dazu?
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Spitalwesen
Basel-Stadt

Bund soll die Kantone beim Spitalwesen entmachten: Was sagt die Politik dazu?

27.09.2023 18:36 - update 03.10.2023 10:04
Larissa Bucher

Larissa Bucher

Die Krankenkassenprämien steigen immer weiter an. Santésuisse fordert nun, dass der Bund den Kantonen die Verantwortung über die Spitäler abnimmt. Nur so könne man die Gesundheitskosten senken.

Die Krankenkassenprämien steigen 2024 um rund 8,7 Prozent. Das hat Bundesrat Alain Berset am Dienstag verkündet. Der Krankenkassenverband Santésuisse hatte bereits mit dieser Prämienerhöhung gerechnet. Der Grund: Die Gesundheitskosten im ersten Halbjahr 2023 sind um knapp 7,9 Prozent angestiegen.

Entsprechend will der Verband nun aktiv werden und fordert, dass der Bund die Kantone in Sachen Spitalplanung entmachten soll. In einem Interview mit Tamedia spricht sich Präsident Martin Landolt klar dafür aus, das aktuelle System zu ändern, indem jeder Kanton selbst über die Spitäler und deren Leistungen verfügen kann. Er wolle dazu eine Volksinitiative ausarbeiten lassen.

Engelberger will andere Lösung

Nicht begeistert von diesem Vorschlag ist Lukas Engelberger, Regierungsrat und Gesundheitsdirektor des Kantons Basel-Stadt: «Solch eine Kompetenzverschiebung wäre ein Umkrempeln unseres Systems.» Eine Verbesserung würde es nicht bringen. «Was es bewirkt, ist bloss eine Verschiebung. Der Bund muss sich dann mit den selben Themen herumschlagen wie wir jetzt.» Dennoch sei es gut und wichtig, sich mit den Reformideen auseinanderzusetzen.

Dass eine «Machtübernahme» durch den Bund die Lösung für die hohen Gesundheitskosten ist, bezweifelt Engelberger also. «Ländern, die zentral gesteuert sind, geht es auch nicht besser. Ich habe also keine grossen Erwartungen, dass wir die Situation so verbessern können», sagt er.

Stattdessen warnt der Gesundheitsdirektor davor, jetzt überstürzt zu handeln. «Wir müssen nun einen distanzierten Blick auf die langjährige Kostenentwicklung werfen», sagt er. So seien die Kosten pro versicherter Person in den letzten zehn Jahren um rund 1,7 Prozent gestiegen. «Das ist keine Explosion, sondern eine eher moderate Entwicklung.» Natürlich würde es, wie jetzt, aber immer wieder Jahre geben, die ausschlagen.

Die Lösung für das Problem sieht Engelberger eher in der Zusammenarbeit zwischen den Kantonen. «Basel-Stadt und Baselland haben bereits eine gemeinsame Spitalplanung. Das ist neu, und wir müssen sicherlich noch einiges verbessern», erklärt er. So könne man aber konkret Ansätze in Zusammenarbeit mit dem Kanton Baselland verfolgen. «Schweizweit wäre es sinnvoll, wenn die Kantone vermehrt gemeinsam diese Aufgaben angehen könnten.»

Wyss sieht Potenzial

SP-Nationalrätin Sarah Wyss sieht hingegen eine Chance in der Entmachtung der Kantone. «Es ist wenig zielführend, dass jeder Kanton für sich separat die Spitalplanung bedarfsgerecht zu planen versucht», sagt sie. «Wir müssen viel mehr in Gesundheitsregionen denken.» Ein grosser Vorteil, den sie in der nationalen Planung sieht: Regionale oder kantonale Überkapazitäten würden besser abgebaut und auch unterversorgte Fachgebiete besser bedient werden können. «Dass eine interkantonale Planung sinnvoll ist, befand auch die Bevölkerung im Jahr 2018, als sie den Staatsvertrag der gemeinsamen Spitalplanung BS/BL annahm.»

Laut Wyss müsse man sich bei einer Lösung an zwei Ansätze halten. «Die Kosten müssen sozialer verteilt werden», sagt sie. Oder anderes gesagt: Es braucht bessere Prämienverbilligungen. Dazu müsse man die Gesundheitskosten dämpfen, ohne gleichzeitig Leistungen abzubauen. «Ich denke hier beispielsweise an eine Krankenkasse für alle, die extrem viel Geld beim Verwaltungsaufwand sparen könnte – oder eine Generika-Pflicht, die jährlich 685 Millionen Franken sparen würde», erklärt sie. Das alles sei möglich, der politische Wille dazu würde jedoch fehlen.

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27.09.2023 17:23

tunix

Nicth überstürzt handeln?
Der Lukas macht wohl Witze. Seit 11 Jahren Berset sind die Gesundheitskosten um über 43% gestiegen. Da hat bisher keiner auch nur einen Finger gerührt. Besonders der Engelberger nicht. Wie kann er es wagen, von nur 1,7 % in zehn Jahren zu fabulieren, wenn wir seit Berset 43% haben?
Statt dessen hätte er lieber ein einheitliches IT System für alle Basler Spitäler einführen müssen. Das muss man sich mal vorstellen: wenn wer vom UniSpital ins zB FelixPlatter wechselt, hat keine Ahnung wie man dort Patientendaten einsehen kann, oder welche Medikamente verordnet sind. Die Hölle auch für Temporäre, die in allen verschiedensten Spitälern einspringen müssen und keinen Schimmer vom jeweiligen Computerprogram haben.
Auch die 90 Mio AbschreibungsVerluste bei eben dieser Fehlgeburt FPSpital, die die Steuerzahler berappen müssen, sind wegen fehlenden Kontrollen und vor allem Inkompetenz des Schefs entstanden. Meine Frau als Diplomierte Pflegefachfrau hatte schon bei der Besichtigung des Rohbaus den führenden Architekten auf die völlige Fehlplanung hingewiesen.
Seit der Eröffnung dieser Missgeburt vergeht kein Tag ohne Heerscharen von Arbeitern und Technikern, die an Dauerschäden verzweifeln.
Klar steigen so auch Kosten, die gar nichts mit den Gesundheitskosten zu tun haben, jedoch von arroganten und unfähigen Politikern verursacht werden.

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