Bye bye KV Basel – ehemalige Schülerinnen und Schüler teilen Anekdoten
©Bild: Keystone / Montage: Baseljetzt
Ende einer Ära
Basel-Stadt

Bye bye KV Basel – ehemalige Schülerinnen und Schüler teilen Anekdoten

06.03.2024 11:59 - update 06.03.2024 15:34
Lea Meister

Lea Meister

KV-Lernende müssen bald ins Klybeckareal zügeln. Das Gebäude der Handelsschule KV Basel wird abgerissen. Ehemaligen Absolvent:innen kommt hier sofort die eine oder andere Anekdote in den Sinn. Wir haben einige für dich zusammengetragen.

Tagein Tagaus spazieren hunderte Schülerinnen und Schüler an den Aeschengraben 15 zum KV Basel. Das Gebäude beim Aeschenplatz stammt aus dem Jahr 1937 und wurde seit 20 Jahren nicht renoviert. Die Folge: Es entspricht nicht mehr den Anforderungen und muss abgerissen werden, wie die bz Anfang Februar berichtete.

Sobald die Baubewilligung für den Neubau vorliegt, soll dieser innert zwei Jahren fertiggestellt werden. Bis der Neubau abgeschlossen ist, werden rund 1’000 Schüler:innen an einem Zwischennutzungsstandort im Klybeckareal unterrichtet. Die genauen Umzugspläne stehen noch nicht fest und hängen vom weiteren zeitlichen Verlauf des Projekts ab.

Dennoch: Für Absolvent:innen des KVs war die Meldung in irgendeiner Art und Weise bewegend, egal, ob positiv oder negativ. Wir haben uns bei acht Personen umgehört, die im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte das KV Basel besucht haben. Die Autorin dieses Artikels gehört ebenfalls dazu. Das sind die besten Anekdoten.

Das Veloparking

Das VKV-Veloparking hatte eine eigene Ausfahrt mit einer eigenen Ampel. Während sich (die meisten) Lehrpersonen stets an die Ampel-Farben gehalten haben, kann man das von den Schüler:innen wohl eher nicht behaupten. Ex-KV-ler und Grossrat Jérôme Thiriet beispielsweise erinnert sich noch bestens an die Ampel: «Das hat mich als junger Schüler sehr beeindruckt, dass wir eine Ausfahrt mit eigener Ampel hatten und ich habe mich, glaube ich, nicht immer an die Lichtphasen gehalten.»

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Der Blick auf die kleine Ampel vor dem KV Basel. Bild: Keystone

Die Kantine

Im KV-Alltag stets ein grosses Thema: Die Kantine. Während fast alle ein dringliches körperliches Bedürfnis nach Kaffee hatten, waren die Plätze stark beschränkt. Wer sich nicht früher aus einer Stunde schlich, hatte kaum eine Chance auf einen Sitzplatz. Wer KV-intern gut vernetzt war, konnte Schüler:innen aus anderen Klassen darum bitten, Plätze freizuhalten.

Ebenfalls im Gedächtnis hängengeblieben ist die reizende Dame, welche für den Kantinen-Betrieb zuständig war. Immer, wenn sie einige Tage fehlte, fehlte auch ein kleiner Sonnenschein hinter der Kasse. Da das Essen manchmal knapp werden konnte, bildeten sich zudem sogenannte Lunch-Tandems: Für das Schnitzel gab es ein Dessert, der Salat wurde gegen das frische Brötchen getauscht…

Der Raucherraum

Was heute kaum mehr vorstellbar ist, war vor einem guten Jahrzehnt noch Realität: Im KV Basel hatte es einen Raucherraum. Heisst: Ein Raum mit grosser Glastüre, in welchem einfach geraucht werden konnte. Es hingen jeweils dermassen viele Schüler:innen gleichzeitig am Glimmstengel, dass es gereicht hätte, einmal durch die geöffnete Türe einzuatmen, um auf den täglichen Nikotinbedarf zu kommen.

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In etwa so darf man sich die Luft damals im Raucherraum vorstellen. Bild: Unsplash

Lustig war: Lehrer, die rauchten, korrigierten in diesem Raum teilweise die letzten Aufsätze noch. Wer diese dann erhielt, bekam Papier inklusive Duftnote. Dass dieser Raum in einer Bildungsumgebung etwas ungewöhnlich daherkam, wurde dann auch registriert. Irgendwann mitten in der KV-Ausbildung der Autorin dieses Textes wurde er dann folglich definitiv geschlossen.

Der «Pausenplatz»

Während KV-Schüler:innen sich vor längerer Zeit noch hinter dem Gebäude auf einem Pausenplatz aufhalten konnten, beschränkte sich der für alle zugängliche Raum danach auf den Vorplatz am Aeschengraben. Das Tolle daran: Man konnte «das Leben im Herzen Basels» beobachten. Oder, wie Jérôme Thiriet sich erinnert: «Wir sind aber lieber auf den Aeschengraben hinaus gegangen, weil dort geraucht werden durfte und, weil das Treiben der Passanten und des Tram- und Autoverkehrs auf dem Aeschengraben deutlich interessanter war als ein Aufenthalt hinter dem Gebäude.»  

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Hier wurde gegessen, geraucht, geschwatzt: Auf dem Pausenhof des KV Basel. Bild: Google Street View

Vor dem Gebäude spielten sich auch die Mittagspausen ab, wobei sich diese schon auch einmal auf die Theatertreppe, den De-Wette-Park oder den Barfüsserplatz verschoben haben. Oder wie im Fall der Autorin dieses Textes: In ihre winzige 1-Zimmer-Wohnung, wo sie sich ab und an mit Freund:innen zum mittäglichen Spaghettiplausch zurückzog.

Fast-Erwachsene im Rebellionsmodus

Spannend an der Zeit am KV Basel war für viele, dass man sich in einer Phase zwischen Teenager-Rebellion und Erwachsensein befand. Einerseits wollte man also seriös und erwachsen sein, andererseits wurde gegen zu strenge Lehrer:innen rebelliert.

Eines von unzähligen Beispielen, welches sich genau so zugetragen hat: Man stelle sich vor, ein Schüler setzt sich in den Deutschunterricht und isst in aller Ruhe einen Döner. Die Lehrerin fragt ihn sichtlich empört: «Ist das ein Döner in Ihrer Hand?» Und er antwortet unverblümt: «Nein, ein Dürüm.» Unkontrollierbares Gelächter im Klassenzimmer.

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Gut, ganz so edel sah es damals im Deutschunterricht nicht aus. Aber wir wissen ja alle, wie ein Dürüm aussieht… Bild: Unsplash

Die Reisen

Zu einem grossen Gemeinschaftsgefühl trugen auch die gemeinsamen Austauschwochen statt, die zumindest während der KV-Zeit der Autorin nach Tours in Frankreich und Chester in England führten. Während zwei Wochen bereitete man sich auf das Sprachdiplom vor und erlebte so einiges, ob in den Gastfamilien, oder zu später Stunde im Ausgang.

Auch von den Abschlussreisen hört man Herrliches bis Schreckliches. Während jemand den zukünftigen Ehemann kennenlernte, gerieten andere in eine Schlägerei und erlebten den Rest der Reise mit eher bedrückter Stimmung.

Der Lift, den man nicht nutzen durfte

Die erste Lektion des Tages im 4. Stock – ein Graus für alle, die nicht sowieso schon freiwillig in ihrer Freizeit Treppen hoch und runter rennen. Denn sie zog sich in die Länge, die Treppe des KVs. So hat sie auch Jérôme Thiriet noch in Erinnerung: «Eher mühsam war die Mehrstöckigkeit des Gebäudes und die Tatsache, dass der Lift nur den Lehrpersonen vorbehalten war. Teilweise war der Unterricht im vierten Stock und da war man schon ausser Atem, bevor der Unterricht überhaupt begonnen hat. Dass wir da den Lift nicht benutzen durften, haben wir als sehr, sehr, sehr unfair eingeschätzt.»

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Das entlastende Knöpfchen drücken durften nur die Lehrpersonen… Bild: Unsplash

Und Thiriet steht damit nicht alleine da. Es gibt sogar solche, die ihre schweren Taschen irgendwo im EG deponierten (oder versteckten…), um nicht alle Bücher hochschleppen zu müssen.

Freundschaften fürs Leben

Abschliessend lässt sich sagen, dass so manch einer in der Zeit am KV Basel nicht nur sich selber besser kennengelernt, sondern auch Freundschaften fürs Leben geschlossen hat. Fast alle der Befragten gaben an, heute noch enge Freundschaften zu Mitabsolvent:innen zu pflegen. So sagt eine heute 33-Jährige: «Die Räumlichkeiten des KV Basel haben massgeblich zu den zwei engsten Freundschaften meines Lebens beigetragen und somit Kontakte fürs Leben ermöglicht.»

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Egal, ob Freundschaften oder Beziehungen – die Zeit am KV hat zusammengeschweisst. Bild: unsplash

Und die Autorin dieses Textes hat die Mutter ihres heutigen Göttibuebs in der KV-Lehre kennengelernt. Das KV Basel am Aeschengraben bleibt als Ort der Bildung, Anstrengung und persönlichen Weiterentwicklung in Erinnerung.

Du warst auch am KV Basel und hast Anekdoten, die du gerne teilen möchtest? Dann schreib sie in die Kommentare!



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Kommentare

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08.03.2024 17:40

wisler

1952-1955. Der Abwart Herr Weissenburger waltete mit strenger Hand und grauer Schürze. Er war auch Herr über einige Hühner, welche den Unterricht in den Parterre-Zimmern gackernd begleiteten. Fräulein Brechbühl, die Schreibmaschinenlehrerin konnte man auf die Palme bringen, wenn man ein Blatt mit Tippfehlern mit beiden Händen aus der (mechanischen) Maschine rätschte, was wir immer wieder sehr gerne taten. Die Reaktion der Lehrerin waren Highlights.

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07.03.2024 12:57

HalliHallo

Ja das liebe KV. Das hinterlässt Spuren manchmal auch flüssige.Wie ein tropfender Wasserhahn, der die Nerven zermürbt. Das KV ist wie eine ungeliebter Verwandter, denn man nicht los wird. Man muss es ertragen, ob man will oder nicht. Und manchmal fragt man sich, ob es das alles wirklich wert ist.

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