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Das offene Gespräch mit Dominik Schmid: «Ich wünschte mir, nie weg gewesen zu sein»

29.06.2025 10:27 - update 29.06.2025 16:26
Florian Vögeli

Florian Vögeli

Im Trainingslager gewährt Dominik Schmid tiefe Einblicke. Er verrät unter anderem Details zu seiner Kopfverletzung, die der Öffentlichkeit noch nicht bekannt sind. Und ob er sich vorstellen kann, bis zum Karriereende beim FCB zu bleiben.

Baseljetzt trifft Dominik Schmid nach dem Mittagessen im Spielerhotel in Schruns (Österreich). Am Vormittag wurde bereits trainiert und auch am Nachmittag steht wieder eine Trainingseinheit auf dem Programm. Nach dem rund halbstündigen Gespräch nimmt sich Schmid trotzdem noch Zeit für eine kurze Runde Billard. Auch in dieser Sportart zeigt sich der 27-Jährige ambitioniert und talentiert. So versenkt er gleich vier Kugeln nacheinander.

Im Gespräch spricht Schmid sehr offen über seine Kopfverletzungen, den Celestini-Wechsel nach Russland, das eher schwierige Thema Nationalmannschaft und seine sportliche Zukunft. Sowie auch über seinen Traum, die Champions-League-Hymne ins Joggeli zurückzubringen.

Die Karriere von Dominik Schmid

In Kaiseraugst aufgewachsen, wurde Dominik Schmid im Nachwuchs des FC Basel ausgebildet. Unter dem damaligen FCB-Trainer Raphael Wicky schaffte er 2017 für ein halbes Jahr den Sprung in die erste Mannschaft. Anfang 2018 wurde er zunächst für ein Jahr an Lausanne und anschliessend für eineinhalb Jahre an Wil ausgeliehen. Danach folgte der ablösefreie Wechsel zu GC, das damals noch in der Challenge League spielte. Dort reifte er zu einem Führungsspieler und stieg mit den Zürchern in die Super League auf. Im Sommer 2023 kehrte er zu seinem Herzensverein zurück. In Basel angekommen, musste er zunächst gegen den Abstieg kämpfen, bevor er in der vergangenen Saison als Leistungsträger und zwischenzeitlicher Captain das Double gewinnen konnte.

Baseljetzt: Dominik Schmid, zuerst die wichtigste Frage: Wie geht es dir gesundheitlich nach diesem schmerzhaften Zusammenstoss gegen Lausanne zum Saisonende?

Dominik Schmid: Es ist noch nicht ganz gut. Ich hatte einen Dreifachbruch im Gesicht. Ausserdem – und das ist, soweit ich weiss, noch nicht bekannt – habe ich in meiner linken Gesichtshälfte aktuell kein Gefühl mehr. Das liegt an einer Schädigung des Gefühlsnervs. Es kann relativ lange dauern, bis das Gefühl zurückkommt. Im schlimmsten Fall kehrt es gar nicht mehr zurück.

Gar nicht mehr?

Sie haben mir gesagt, es würde wiederkommen. Es ist ein sehr unangenehmes und komisches Gefühl. Es ist, als würde sich ein Klotz mit mir bewegen, zum Beispiel, wenn ich einen Sprint mache. Aber ich habe mich mittlerweile gut daran gewöhnt.

Schmid über seine Gesundheit:

Nur zweieinhalb Wochen nach dem Unfall standest du mit einer Schutzmaske in der ersten Halbzeit des Cupfinals auf dem Platz. War das zu früh, oder warum musstest du in der Pause ausgewechselt werden?

Ich hatte noch kein Gespür dafür, wie fest ich die Maske befestigen muss. Sie war viel zu fest angezogen, sodass mir in der Halbzeit schwindlig geworden ist. Dann dachte ich, dass ich wieder eine Gehirnerschütterung habe und nicht mehr weiterspielen kann. Dabei ging es mir sehr schnell wieder gut, als ich sie abgezogen habe.

Du hast im ersten Training des Trainingslagers kurz wieder die Maske getragen. Dann hast du sie aber sehr schnell weggeworfen …

Im ersten Training regnete es stark, sodass das Wasser in die Maske lief. Das war sehr unangenehm für meine Augen, weshalb ich die Maske abgezogen habe. Ich sollte sie aber noch drei bis vier Wochen tragen.

Du bist für deinen kämpferischen Einsatz bekannt. Machst du dir in ruhigen Minuten, abseits vom Fussballplatz, Gedanken über die möglichen Folgeschäden dieser Schläge gegen den Kopf?

Eigentlich kann ich mich glücklich schätzen, denn halsabwärts hatte ich noch nie eine ernsthafte Verletzung. Aber leider musste ich schon einige Schläge gegen den Kopf einstecken. Beim letzten Zusammenprall habe ich mir dann schon auch Gedanken gemacht. Das war mit Abstand das Schlimmste, das ich bisher erlebt habe. Wenn das noch ein- oder zweimal passiert, werde ich mich gründlich durchchecken lassen.

Wir sitzen nun im Spielerhotel in Schruns. Hat sich unter dem neuen Trainer Ludovic Magnin eigentlich viel verändert?

Nein, nicht wirklich viel. Er hat eine intakte Mannschaft übernommen. Seine Idee ist es, unsere gute Entwicklung weiterzuführen und an gewissen Schrauben zu drehen. Aber natürlich hat er auch zwei, drei Dinge, die er umsetzen möchte. Beispielsweise im Pressing und im Umschaltspiel.

Wie nimmst du ihn als Trainer wahr?

Er ist sehr angenehm und hat immer einen lustigen Spruch parat. Er ist sehr kommunikativ und behandelt alle Spieler gleich. Er ist ein wenig oldschool. Das gefällt mir sehr.

Schmid über Ludovic Magnin:

Sein Vorgänger Fabio Celestini ist nach Moskau gegangen. Was hältst du von dieser Entscheidung?

Ich kann da nur für mich persönlich sprechen. Für mich wäre das keine Option, da nicht vertretbar mit meinen Werten. Aber letztendlich muss das jeder für sich selbst entscheiden. Ich kann das Unverständnis der Leute nachvollziehen. Aber ich kann auch diejenigen verstehen, die ihm einfach nur das Beste wünschen.

Wie sehr hat dich dieser Wechsel nach Russland überrascht?

Auch in seiner Spielerkarriere ist er viel herumgekommen. So konnte er viele Kulturen kennenlernen. Ich weiss es nicht, aber das könnte vielleicht auch ein Grund für seinen Wechsel sein.

Vor zwei Jahren bist du zum FCB gewechselt und hast eine der schwierigsten Situationen in der Geschichte des Vereins erlebt. Du musstest sofort Verantwortung übernehmen. War das trotz oder gerade wegen der sportlichen Krise vielleicht sogar die wertvollste Zeit deiner Karriere?

Das hatte ich mir natürlich auch anders vorgestellt. Ich dachte, wir würden uns für die Conference League qualifizieren und um den Meistertitel spielen. Doch dann sind wir in der ersten Runde gegen Kostanay ausgeschieden und stehen nach elf Ligaspielen mit fünf Punkten Rückstand auf dem letzten Platz. Diese ganze Situation hat mich als Person stärker gemacht und ich konnte viel mitnehmen. Aber zu dieser Zeit konnte ich nur sehr schlecht schlafen, weil es mir so wehgetan hat.

Hat es dich überrascht, wie schnell du eine tragende Rolle beim FCB übernehmen konntest?

Mir wurde sehr schnell Verantwortung übertragen, die ich aber auch gerne angenommen habe. Natürlich hatten wir mit Michael Lang, Fabian Frei, Taulant Xhaka und Marwin Hitz Führungspersönlichkeiten. Aber es hat mir gutgetan, dass Marwin und ich oft hinstehen und uns erklären mussten. Und das erst noch im Verein der Fussballhauptstadt, bei dem man sehr viel Druck verspürt. Das hat mich enorm weitergebracht. Umso schöner war es, dass wir in der vergangenen Saison gleich beide Titel feiern konnten.

Bevor Xherdan Shaqiri Captain wurde, hast du die Mannschaft in dieser erfolgreichen Saison auf den Platz geführt …

Wir sind mit zwei Niederlagen schlecht in die Saison gestartet. Dann ist Fabian Frei früh gegangen und Taulant Xhaka bekam nicht viel Einsatzzeit. So stand ich plötzlich mit dem Captain-Armband auf dem Platz. Das hat mich sehr gefreut und geehrt. Es war ein Traum, der in Erfüllung ging. Mit 26 Jahren war ich auch noch ein relativ junger Captain. Dann kam aber einer, der auch aus der Region und nicht so schlecht ist. (lacht)

Als du Shaqiri das Captainamt überlassen musstest, wurde spekuliert, ob deine Leistung darunter leiden und dich das stören könnte. Stimmt das?

Ich habe überhaupt keine Probleme mit dieser Entscheidung und stelle sie auch nicht infrage. Das habe ich schon oft betont. Shaq hat sich das mehr als verdient. Er ist mit Abstand der beste Spieler dieser Liga. Zudem kommt er aus der Region. Aber es gibt auch sonst einige Gründe, weshalb er Captain ist. Zum Beispiel sucht er auf dem Platz den Kontakt zum Schiedsrichter. Vielleicht schützt ihn das Captainamt in solchen Situationen auch ein wenig.

Nun bist du 27 Jahre alt. Träumst du noch von einer grossen Liga?

Da muss ich auch realistisch bleiben. Mit 27 Jahren ist der ganz grosse Sprung in eine grosse Liga schwierig. Aktuell bin ich bei meinem Herzensverein. Hier werde ich geschätzt. Der ganze Verein, von den Fans bis zu den Leuten auf der Geschäftsstelle, liegt mir sehr am Herzen. Deshalb habe ich aktuell überhaupt nicht den Drang, einen Wechsel anzustreben.

Könntest du dir also vorstellen, in die Fussstapfen von Xhaka zu treten, der dem FCB bis zum Karriereende treu geblieben ist?

In diesem Punkt ist Tauli für mich ein Vorbild. Er hat gezeigt, dass es auch heute noch solche Spieler gibt. Ich wünschte mir, nie weg gewesen zu sein. Es ist kein Schandfleck, aber ich hatte doch fünf Jahre Abstand vom FCB. Ich habe mich schon ein paar Mal mit dem Gedanken befasst, mein ganzes Leben beim FCB zu bleiben. Was ich aber nicht mache, ist, Versprechen abzugeben. Das fällt im Fussball sehr schnell auf einen zurück.

Welche Liga würde dich reizen?

Wie so mancher Fussballer wäre die Premier League das Nonplusultra für mich. Aber wie gesagt, ich bin da realistisch genug, um zu wissen, dass dafür sehr viel passieren müsste. Es kann aber auch plötzlich sehr schnell gehen. Vor allem, wenn man im Scheinwerferlicht der Champions League steht.

Dann müssen wir auch noch über die Nationalmannschaft sprechen. Murat Yakin hat im letzten Zusammenzug auf dich verzichtet, obwohl du als Leistungsträger das Double holen konntest und deine Position nicht gerade überbesetzt ist. Hast du von ihm eine Begründung erhalten?

Der letzte Kontakt mit Muri war, als ich noch GC-Spieler war. Damals hat er mich angerufen, um mir mitzuteilen, dass ich dabei bin. Nach der Woche mit der Nati hat er mir Tschüss gesagt. Das war das letzte Mal, dass ich seine Stimme gehört habe.

Du warst doch vor fast einem Jahr aufgeboten, konntest aber aufgrund einer Verletzung nicht einrücken?

Ja, aber ich hatte nur Kontakt mit dem damaligen Assistenztrainer Giorgio Contini.

Wie gehst du nun mit der Nichtnominierung um?

Ich sage nicht, dass ich diese Frage nicht mehr hören kann. Aber ich kann darauf immer nur die gleiche Antwort geben. Ich verstehe es nicht, aber ich akzeptiere es. Wenn ich irgendwann ein Aufgebot erhalten sollte, werde ich mich darüber freuen. Aber ich zerbreche mir deshalb nicht den Kopf.

Kommen wir zurück zum FCB. Dort könntest du in dieser Saison vielleicht sogar in der Champions League spielen. Vor acht Jahren standest du beim 5:0-Heimsieg gegen Benfica Lissabon sowie bei der 0:3-Niederlage im Old Trafford gegen Manchester United im Kader, wurdest aber nicht eingesetzt. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

An das Old Trafford kann ich mich noch sehr gut erinnern. Damals galt noch der alte Modus mit nur drei Auswechslungen. Der damalige Trainer Raphael Wicky hat zweimal gewechselt und hätte beim Stand von 0:3 in der 88. Minute noch einen Wechsel zur Verfügung gehabt. Aber er hat sich dagegen entschieden. Natürlich wäre es schön gewesen, ein paar Minuten auf dem Platz zu stehen. Aber ich bin überhaupt nicht nachtragend.

Nun müsst ihr eine Runde überstehen, um euch für die Champions League zu qualifizieren. Wie zuversichtlich bist du?

Wir haben keinen Grund, nicht zuversichtlich zu sein. Mit den beiden Titeln im Rücken haben wir grosses Selbstvertrauen. Die Vorfreude ist riesig. Als kleiner Junge habe ich die magischen Nächte im Stadion miterlebt. Da bekomme ich gerade Gänsehaut. Es wäre ein Traum für mich, nach langer Zeit wieder die Hymne der Champions League ins Joggeli zu bringen. Damit alle, die für den Verein arbeiten, die Fans, die Stadt und die gesamte Region, diese magischen Nächte wieder miterleben können.

Schmid über die Champions League:

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Kommentare

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12.07.2025 10:29

Sonnenliebe

❤️💙❤️💙🤩🤩

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12.07.2025 10:29

Sonnenliebe

👏👏

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