
Der Hypokras aus dem Brunnen fasziniert nicht nur die Super-Bebbi
Michel Schultheiss
Wein aus dem Basilisken-Rachen und eine Rede auf dem Brunnentrog: Die «Neijoors-Aadringgede» lockte dieses Jahr viele in die Basler Innenstadt. Auch Familien und Nicht-Bebbi begeistern sich vermehrt dafür.
Das Zunftspiel gibt den Arabi zum Besten, der Meister hebt den Hut. Sergio Pesenti richtet sich gleich zu Beginn seiner Ansprache auf dem Brunnentrog an Tourist:innen des Anbieters Winkinger-Reisen. Die Neijoors-Aadringgede ist nämlich der Schlusspunkt einer Silvestertour durch Basel. «Darum begrüsse ich recht herzlich an dieser Stelle die Wikinger-Reisenden», so der Meister der Zunft zum Goldenen Stern. «Aber keine Angst, ich werde deswegen die Rede nicht auf Hochdeutsch halten». Herzhaftes Lachen bei der Versammlung rund um den Dreizackbrunnen. Mit dem Thema Dialekt geht es auch weiter in Pesentis Rede. Er mahnt dazu, zum Baseldytsch Sorge zu tragen.
Bald wird klar klar: Neijoors-Aadringgede ist kein Anlass nur für «Super-Bebbi». Kinder springen vor dem Dreizackbrunnen herum und dürfen für die Eltern einen Hypokras aus dem Basiliskenschlund in den Becher fliessen lassen. Nebst Baseldeutsch ist auch Farsi, Spanisch und Japanisch zu hören.
Expats aus Japan sind begeistert
Shinya Suzuki etwa sieht den speziellen Brauch mit dem Gewürzwein aus dem Brunnenrohr zum allerersten Mal. Der Roche-Mitarbeiter aus Japan lebt erst seit drei Monaten in Basel und wird voraussichtlich noch ein weiteres Jahr hier arbeiten. Zusammen mit seiner Familie und Bekannten wollte er die Tradition unbedingt kennenlernen. «Das ist unglaublich, ich habe das vorher nicht gekannt», sagt Suzuki gegenüber BaselJetzt. Er wolle die Gelegenheit nutzen, um mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen. Und es funktioniert auch: Ein Paar prostet ihm und seiner Frau gleich mit dem Hypokras-Becher zu und beginnt eine Konversation auf Englisch.
Mit dabei bei der Neijoors-Adringgede sind auch Parichehr und Paridokht Zarean. Die beiden Zwillingsschwestern mit persischen Wurzeln leben seit drei Jahren in Basel. Der Anlass gehört für sie bereits zum Neujahrsprogramm. Diesmal haben sie auch ihre Mutter eingeladen.
Neujahrsbesuche mit Läggerli und Hypokras
Bei der Adringgede handelt es sich um einen Brauch, den die Zunft zum Goldenen Stern anno 1996 wiederbelebte. Und er lebt auch wacker weiter, wie die diesjährige Ausgabe zeigt. «Es ist sehr durchmischt, man sieht auch viele Familien mit Kindern hier – das wächst und soll auch so weitergegeben werden», sagt der historische Berater Patrick Schlenker. Auch Stadtführer Grabmacherjoggi sieht hier auch ein Weiterleben des einstigen Basler Brauch der Verwandten-Neujahrsbesuche mit Läggerli und Hypokras im Gepäck. «Das war früher schön und ist heute schön, daher sehe ich für diesen Anlass noch eine lange Zukunft».
Auch wenn der Anlass internationaler geworden ist: Ein bisschen Lokal-Nostalgie darf dann aber doch nicht fehlen. Dafür sorgt ein weiterer Stammgast bei der Neijoors-Adringgede, der Stadtpoet Gerhard Saubermann. Er kommt bei den ersten Piccolo- und Trommelklängen ins Schwärmen – für ihn der Startschuss für die Vorfasnachtszeit: «So wundervoll wie friener isch d Stadt zwoor nimme ganz, doch gseh ich halt my Basel no hitt im alte Glanz», so sein Verslein dazu.
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Thomy
👍
Sonnenliebe
Toller Anlass!