Der «Schwarze Peter» wird 40 und blickt auf eine bewegte Geschichte zurück
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Jubiläum
Basel-Stadt

Der «Schwarze Peter» wird 40 und blickt auf eine bewegte Geschichte zurück

07.12.2023 12:59 - update 07.12.2023 14:31
Maximilian Karl Fankhauser

Maximilian Karl Fankhauser

Der Verein für Gassenarbeit feiert Geburtstag. Von den Anfängen mit der Kleinbasler Drogenszene bis hin zu Integrativen Projekten und Sozialpolitik hat er eine bewegte Geschichte zu erzählen.

Es herrscht eine warme Atmosphäre an diesem Mittwochnachmittag am Claraplatz. Trotz der kalten Temperaturen. Die drei Gassenarbeitenden des «Schwarzen Peters» sind auf ihrem Rundgang gerade bei einer Gruppe Armutsbetroffenen an der Tramhaltstelle angekommen.

Die Stimmung, sie ist herzlich. Ein warmer Händedruck dort, eine Umarmung da: Man spürt, dass hier eine richtige Beziehung aufgebaut wurde. Beziehungen, ein Stichwort, das eng verwoben ist mit der Arbeit der Gassenarbeitenden, die diese nun bereits seit 40 Jahren machen.

«Die Beziehungen, die wir aufbauen, sind so kunterbunt wie die Menschen selbst», sagt Gassenarbeiterin Lyn Huber. Manche Klienten bräuchten nicht die innige Art von Beziehung. Sie seien froh, wenn ihre Anliegen einfach sauber und fachgerecht über die Bühne gebracht würden. «Auf der anderen Seite ist natürlich auch das Alleinsein ein grosses Thema bei den Menschen, die wir treffen.» So würden es die Menschen schätzen, wenn ihnen auch einfach Mal zugehört werde. «Und zwar richtig und ernsthaft zugehört», ergänzt Huber.

Wie ihre Teamkollegen Mats Müller und Michel Steiner ist sie Teil der Co-Leitung des «Schwarzen Peters». Am Claraplatz scherzen die drei mit ihren Klienten. Aber auch Platz für ernsthafte Gespräche bleibt. Auffällig ist: Es gibt nie einen Zeitpunkt, in dem man das Gefühl hat, dass es eine klare Trennung zwischen den Gassenarbeitenden und den Armutsbetroffenen gibt.

Gesprächskultur auf Augenhöhe

Für Huber mitunter auch ein Grund, weswegen die Arbeit des «Schwarzen Peters» in der Stadt so geschätzt wird. «Für die Betroffenen ist der Gang zu den Beratungsstellen mit einer hohen Schwelle verbunden.» Alleine schon die Aussenbeschriftung solcher Institutionen könne für Abschreckung sorgen. Im Gegensatz dazu findet diese Gesprächskultur beim «Schwarzen Peter» auf Augenhöhe statt.

Eine Arbeit, die diesen Freitag in ihrem 40-jährigen Jubiläum mündet. Der Verein für Gassenarbeit Schwarze Peter wurde nämlich am 8. Dezember 1983 gegründet. Auf den ersten Arbeitsschwerpunkt, die aufsuchende Soziale Arbeit im damaligen Autonomen Jugendzentrum, folgte rasch ein weiterer grosser Schwerpunkt: Die offene Drogenszene am Kleinbasler Rheinufer. «Als ich vor 15 Jahren mit meiner Arbeit hier begonnen habe, war das Rheinufer noch ein Hotspot», sagt Michel Steiner. An diesem Mittwochabend ist es leer.

Aus diesem Schwerpunkt entsteht 1988 am Lindenberg 1 das «Sprützehüsli», welches später in «Fixerstübli» umbenannt wird. «Es war schweizweit der erste Ort, an dem sauberes Injektionsmittel verteilt und eine Konsumationsmöglichkeit geschaffen wird», sagt Steiner. Ein prekäres Thema damals, denn es war trotz der hohen Anzahl an Drogentoten und des aufkommenden HI-Virus nicht erlaubt, eine sichere Möglichkeit für den Konsum zu gewährleisten.

Es kann sehr schnell gehen

Infolge dessen fand auch der erste Drogenstammtisch statt, bei dem sich Regierung, Polizei und die Anwohnenden für die Problemanalyse zusammensetzten. Der Stammtisch wurde in diesem Jahr wieder einberufen.

Heute hat sich die Arbeit des «Schwarzen Peters» um ein Gros erweitert. Denn war der Begriff «Randständige» in den Anfangszeiten noch salonfähig, so spricht man heute von Armutsbetroffenen. «Heutzutage musst du nicht mehr am Rand der Gesellschaft stehen, um von Armut betroffen zu sein. Es kann sehr schnell gehen», sagt Mats Müller. Denn ein Jobverlust oder andere Faktoren können dazu führen, dass Menschen plötzlich auf der Strasse leben müssen.

Geburtstag im Humbug

Die Arbeit des Vereins besteht aus vier Säulen: Die eigentliche Gassenarbeit ist dabei die tragendste aller Säulen – also Gespräche mit den Menschen, wie beispielsweise am Claraplatz. Bei der niederschwelligen Beratung wird auf die Bedürfnisse der Menschen eingegangen und mit Sprechstunden und Vermittlung geholfen. Die Projekte sind zudem eine weitere wichtige Säule.

Integrative Projekte wie das autonome Büro, wo die Klientinnen und Klienten Büroinfrastrukturen kostenlos für Bewerbungen und die Wohnungssuche nutzen können. Dort werden sie von Menschen mit Erfahrungen in ähnlichen Lebenssituationen beraten. Als letzten Punkt betreibt der «Schwarze Peter» Öffentlichkeitsarbeit und Sozialpolitik. Unter anderem hat der «Schwarze Peter» die Initiative «Recht auf Wohnen» mitlanciert.

Der "Schwarze Peter" wird 40 und blickt auf eine bewegte Geschichte zurück
Bild: Screenshot TeleBasel

Der «Schwarze Peter» kann auf eine bewegte Geschichte zurückschauen. Er hat viele nachhaltige Projekte ins Leben gerufen, die mittlerweile als eigenständige Vereine laufen. Er findet in der Bevölkerung durchs Band Anerkennung und ist in Basel eine Institution, die nicht mehr wegzudenken ist. Nun darf er sich selbst feiern: Am Freitag, 8. Dezember findet der runde Geburtstag im Humbug im Klybeck statt.

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07.12.2023 13:29

ralu4U

👍

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