Der Tag, an dem es sich Basel mit dem Rest der Schweiz «verscherzte»
©Montage: Keystone / Unibibliothek Basel, Charles Reutlinger, Portraitsammlung
Geschichte
Basel-Stadt

Der Tag, an dem es sich Basel mit dem Rest der Schweiz «verscherzte»

12.12.2023 11:54 - update 13.12.2023 06:34
Philippe Chappuis

Philippe Chappuis

Basel hätte vor rund 170 Jahren die Chance gehabt, regelmässig im Bundesrat vertreten zu sein. So wie Zürich oder Bern. Doch das Amt galt hier offenbar nicht als besonders prestigeträchtig. 

Der erste Politiker, der sich weigerte, sein Amt als Bundesrat anzutreten, war…

(Trommelwirbel)

ein Basler!

Es ist der 11. Juli 1855, als die Bundesversammlung im vierten Wahlgang Johann Jakob Stehlin-Hagenbach zum Bundesrat wählt. Stehlin ist damals Nationalrat und Mitglied der Liberalkonservativen Partei (Vorgängerin der heutigen LDP). Bei der Wahl ist der Politiker und Bauunternehmer nicht anwesend. Zwei Tage später schreibt Stehlin per Brief, er nehme die Wahl nicht an. Er habe nicht das nötige «staatsmännische Wissen und Können».

Das war wohl eher eine Ausrede. Zu diesem Schluss kommt der Historiker Urs Altermatt. In seinem Standardwerk «Bundesratswahlen – Vom Unruheherd zur stabilen Republik» (NZZ Libro Verlag) schildert er die Ereignisse im jungen Bundesstaat. Jacob Stehlin tat dem Stadtkanton mit dieser Absage vermutlich keinen Gefallen.

Im Interview mit Telebasel sagt Altermatt sogar, dass man es damals womöglich verpasst habe, eine Tradition zu begründen: so regelmässig im Bundesrat vertreten zu sein, wie es heute Zürich oder Bern sind. 

Lieber Bürgermeister als Bundesrat

Eindeutige Belege, warum Jakob Stehlin die Wahl ablehnte, gebe es nicht, schreibt Altermatt. Zeitgenossen Stehlins hätten aber Vermutungen geäussert. So habe Stehlins Frau Basel auf keinen Fall verlassen wollen. Und für Stehlin selbst sei das Bundesratsamt wohl weder materiell noch gesellschaftlich interessant gewesen. Für Altermatts These spricht, dass sich Stehlin nur drei Jahre später zum Basler Bürgermeister wählen liess. Von wegen «fehlendes staatsmännisches Können».

Eine deutlichere Abfuhr an die junge Eidgenossenschaft hätte es kaum geben können.

Mehr zur Geschichte der Bundesratswahlen erfährst du hier.

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