
Die Bedrohung durch Spionage ist hoch
Baseljetzt
Die Bedrohung durch ausländische, vor allem russische und chinesische Spionage ist derzeit hoch. Zu dieser Einschätzung kommt der Nachrichtendienst des Bundes.
Russland habe die regelbasierte Friedensordnung in Europa zerstört. Internationale Foren zur Gewährleistung von Frieden und Sicherheit wie die UNO oder OSZE hätten weiter an Wirkung verloren, eine stabile neue Weltordnung sei nicht absehbar. So der Lagebericht «Sicherheit Schweiz 2023» des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB), der am Montag in Bern vorgestellt wurde. «Ich hätte mir gewünscht, einen optimistischeren Bericht vorlegen zu können», sagt der Direktor des Nachrichtendienst des Bundes, Christian Dussey. Leider gebe es aber keinen einzigen Bereich, der sich im letzten Jahr positiv entwickelt habe.
So stelle der Nachrichtendienst etwa eine Wiederaufrüstung Europas fest, sagt Dussey. Das sei eine substanzielle Änderung im Vergleich zu den letzten drei Jahrzehnten. Insbesondere seit Februar 2022 habe die Bewaffnung stark zugenommen.
Weiter drücke die Rivalität der Grossmächte der gegenwärtigen Übergangszeit den Stempel auf. Der Trend gehe in Richtung einer bipolaren, von der Systemrivalität der USA und Chinas geprägten Weltordnung.
Putsch ist «substanzieller Schock»
Den bewaffneten Angriff auf Putin bezeichnet der NDB-Direktor als substanzieller Schock auf das System Russlands. Das System sei aktuell aber noch stabil. «Dies ist die grösste innenpolitische Herausforderung, der sich Putin seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahrzehnten stellen musste», sagt Dussey.
Die Instabilität einer Atommacht sei eine sehr ernste Angelegenheit. Der Nachrichtendienst habe die Entwicklungen am Wochenende deshalb genau beobachtet. «Nach einer akuten Phase am Samstag, befinden wir uns nun in einer Phase der Deeskalation», so Dussey.
Während eines solchen Ereignisses sei alles sehr nebulös und dynamisch, sagt er weiter. Viele Akteure warteten ab, um zu sehen, wie sich der Wind drehe. Für eine Einschätzung sei es deshalb noch zu früh.
Viele getarnte russische Spione
Gemäss NDB ist die Bedrohung durch Spionage in der Schweiz nach wie vor hoch. Sie gehe nach wie vor hauptsächlich von staatlichen Akteuren aus, insbesondere vom Nachrichtendienst von Russland, aber auch von China, so Dussey.
Im Vergleich zu anderen Ländern, wo zahlreiche als Diplomaten getarnte russische Nachrichtendienstangehörige ausgewiesen wurden, ist diese Zahl laut NDB in der Schweiz noch hoch. «Von den rund 220 Personen, die an den russischen Vertretungen in Genf und Bern als diplomatisches oder technisch-administratives Personal akkreditiert sind, sind vermutlich nach wie vor mindestens ein Drittel für den russischen Nachrichtendienst tätig», so Dussey.
Europaweit würden in der Schweiz wohl am meisten russische Nachrichtendienstangehörige unter diplomatischer Tarnung eingesetzt. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Rolle als Gaststaat internationaler Organisationen.
Gesellschaftliche Polarisierung in der Schweiz
Beunruhigend ist für den NDB-Direktor zudem, dass neu auch die künstliche Intelligenz ChatGTP für Angriffe benutzt wird. «Wir wissen noch nicht, was genau der Einfluss der KI ist», sagt Dussey.
Der NDB ortet aber auch im Inland Probleme: In der Schweiz wachse mit der gesellschaftlichen Polarisierung und Fragmentierung das Risiko von gewalttätigem Extremismus – von rechts wie links. Auch die Terrorbedrohung durch dschihadistische Bewegungen bleibe hoch.
Um all diese Herausforderungen zu meistern, hat der Direktor eine Restrukturierung innerhalb des NDB eingeleitet. «Ab 1. Januar 2024 muss der NDB agiler sein», sagt Dussey. (sda/mal)
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