Die Geschichte des traditionellen Königskuchens in der Schweiz
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Drei Könige
Schweiz

Die Geschichte des traditionellen Königskuchens in der Schweiz

06.01.2024 07:42 - update 06.01.2024 15:44

Baseljetzt

Der traditionelle Königskuchen in der Schweiz hat eine Geschichte, die über 400 Jahre zurückreicht. Als Inspiration diente ein Gemälde von Jan Steen und der Wunsch eines kleinen Berner Jungen, einmal König zu sein.

Am heutigen Samstag ist es wieder soweit: Kurzfristig zählt die demokratische Schweiz unzählige Monarchen. Zwar ist der Königskuchen in seiner heutigen Form erst rund 70 Jahre alt, seine Wurzeln reichen aber über 4000 Jahre zurück.

Dass wir heute wieder wie die alten Römer mittels eines Kuchens Eintagskönige ermitteln, verdanken wir der Sehnsucht eines kleinen Berner Jungen. Entfacht wurde sie durch die Reproduktion eines dänischen Barockgemäldes, das über dem Sofa seiner Eltern hing. Das Bild von Jan Steen (1625-1679) zeigte einen «Bohnenkönig», einen Buben, der für einen Tag auf einem Thron sitzen durfte.

Verständlich, dass der kleine Max Währen – später ein bekannter Brotforscher – von der Vorstellung, König zu sein, angetan war. Als junger Mann recherchierte der einstige Versicherungsbeamte und Freizeit-Brotforscher das Thema.

Währen fand heraus, dass schon die alten Römer während der Saturnalien Ende Dezember per Los einen Eintagskönig kürten. Vermutlich gehe die Sitte sogar bis zu den Sumerern (3. Jahrtausend vor Christus) zurück, sagte der 2008 verstorbene Währen der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einmal.

Schwierige Wiedergeburt

In der Schweiz konnte Währen den Brauch in Lausanne 1390 belegen, als die Stadt ihrem eintägigen Stadtkönig zwei Fass Wein spendierte. In Zünften wurde sogar schon 1311 mit einer in einen Kuchen eingebackenen Bohne ein Zufallskönig bestimmt.

Währen fand das eine schöne Tradition und führte sie in seiner Familie ein. Der Versuch, mit einem Artikel in der «Neuen Zürcher Zeitung» den Königskuchen allgemein zu propagieren, schlug zunächst fehl. Erst mit der Unterstützung seines Freundes Bruno Heilinger, damals Zentralsekretär des Schweizerischen Bäcker- und Konditorenmeisterverbands, gelang es.

Von den Holländern abgekupfert

Währen liess von der Luzerner Bäckerfachschule ein Rezept kreieren. Da das Gebäck für jeden erschwinglich sein sollte, war Hefeteig die Basis. Und die kugelig-blumige Form habe er von den Holländern, die eine alte Königskuchen-Tradition hatten, «abgespickt», gestand Währen.

Von Beginn an gehörte das Karitative zur Königskuchentradition. An der Pressekonferenz, an der der wiederbelebte Brauch 1952 vorgestellt wurde, liess Währen einen Kuchen für die Journalisten aufschneiden. Der «König» durfte wünschen, an welche Institution aus dem Kuchenerlös gespendet würde. Die Korrespondentin des «Berner Tagblatt» wählte den Berner Blindenverband, erinnert sich der Brotforscher.

Die Legende

Die heiligen drei Könige, denen wir heute das aus den römischen Saturnalien hervorgegangene Fest und den Kuchen widmen, hat es nie gegeben. Die Bibel spricht von einer unbestimmten Anzahl «Magoi», was entweder «Magier» oder – wahrscheinlicher – «Mager» meint, Angehörige einer babylonischen Astrologenkaste.

Dass die Besucher des Jesuskinds drei Könige mit Namen Caspar, Melchior und Balthasar waren, wurde zwischen dem 3. und 6. Jahrhundert von Kirchenvätern festgelegt, unter anderem, weil die Dreizahl heilig ist und sich gekrönte Häupter besser machen als Angehörige einer Sterndeutersekte.

Hexen, Peitschen und Masken zum Dreikönigstag

Mit Peitschen, Masken und Hexen feiert die Schweiz den Dreikönigstag. Während mutige Tessinerinnen und Tessiner ins kalte Wasser springen, begeben sich Taucherinnen und Taucher am Bodensee auf die Suche nach versunkenen Schätzen.

In Schwyz findet das sogenannte «Priis-Chlepfä» statt. Dabei wird in verschiedenen Wettbewerbskategorien eine bestimmte Abfolge an Peitschenhieben aneinandergereiht und von einer Jury bewertet. Durch das schnelle vor- und zurückschleudern durchbricht die Geissel für einen kurzen Moment die Schallmauer, wodurch ein lauter Knall entsteht. Die Kombination aus Knall und Handbewegung nennt man im Volksmund «Chrüzlistreich».

Die «Nodada della Befana» findet traditionell im Hafen von Brissago TI am Lago Maggiore statt. Beim Dreikönigsschwimmen springen tollkühne Schwimmerinnen und Schwimmer ins frostig kalte Wasser – ganz ohne Neoprenanzug. Die Teilnehmenden müssen eine 80 Meter lange Strecke zurücklegen und werden dabei von mehreren Hundert Schaulustigen angefeuert. Anders als beim «Priis-Chlepfä» geht es nicht ums Gewinnen, sondern nur ums Vergnügen.

Ebenfalls im Tessin streifen in einigen Ortschaften gutmütige Hexen, Befanas, umher. Mit ihren Besen «fliegen» sie von Haus zu Haus und verteilen den «lieben» Kindern Nüsse, Mandarinen und Süssigkeiten. «Böse» Kinder erhalten hingegen nur Kohlestücke. Der Legende nach war die Hexe auf dem Weg zur Geburtskrippe von Jesus Christus. Da sie aber zu spät aufbrach und den Stern von Bethlehem verpasste, verirrte sie sich.

Im Walliser Bergdorf Evolène VS beginnt am Dreikönigstag jeweils die Fasnacht. In Fell und Stroh gekleidete Gestalten durchstreifen das Dorf, um die bösen Geister des Winters zu vertreiben.

Auch unsere deutschen Nachbarn verfügen über spezielle Traditionen am Dreikönigstag. In Überlingen am Bodensee jagen jedes Jahr hunderte Taucherinnen und Taucher einen versunkenen Schatz. Das Dreikönigstauchen ist eines der grössten Winter-Tauchevents in Europa (sda/isr).

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