DJ Antoine über Chancen und Gefahren von KI in der Musikbranche
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Künstliche Intelligenz
Unterhaltung

DJ Antoine über Chancen und Gefahren von KI in der Musikbranche

22.05.2023 18:15 - update 22.05.2023 21:46

Lars Franzelli

Was sind die Chancen von KI für Musikschaffende? Und wo verstecken sich Gefahren? Für DJ Antoine ist klar: Gute Performances und Gänsehaut kann KI nicht generieren, dafür braucht es immer die Künstler:innen.

Baseljetzt: KI-Musik schlägt in der Musikindustrie hohe Wellen. Wie verfolgen Sie diese Entwicklung?

Antoine Konrad: Ich glaube, man muss die künstliche Intelligenz aus zwei Blickwinkeln betrachten. Einerseits kann man sie nicht wegdenken, sie ist da. Andererseits sollte man sich bewusst sein, worauf wir uns hier zu bewegen. Ich sehe die Entwicklung schon auch als negativ an. Aber man kann Emotionen und einen Lifestyle nicht mit künstlicher Intelligenz ersetzen. Du kannst sicher gute Musik mit künstlicher Intelligenz machen. Du kannst Jobs mit künstlicher Intelligenz ersetzen. Aber am Ende des Tages sind wir immer Sklaven von Maschinen. Die Grundidee und die natürliche Beschaffenheit von etwas geht verloren. Das Charisma, welches einen Menschen ausmacht, kann auch ein Roboter nicht ersetzen.

Sie sehen Negatives in der Entwicklung. Sehen Sie auch eine Chance für die Musikindustrie?

Ich weiss nicht, wo die Chancen liegen könnten. Es ist halt ein Computer, der etwas macht. Für gewisse Leute ist das sicher praktisch. Es gibt auch gewisse internationale Acts, die irgendwelche Sample-Tools, also vorproduzierte Beats, verwendet haben und daraus einen starken Song gemacht haben. Irgendjemand hatte mal die Idee und daraus wurde dann später einmal ein Hit gemacht. Es wird immer Leute geben, die daraus Geld und einen Hit machen können. Die werden sich bereichern an der Sache, das ist okay. Dann gibt es die Anderen, die vielleicht den schwierigeren Weg wählen, die halt mit Kreativität Hits machen.

Momentan sorgen Songs, bei beispielsweise die Stimme von Drake nachgeahmt wurde, für Schlagzeilen. Inwiefern sind Sie als DJ, der oft nicht selbst in den Songs zu hören ist, von der Entwicklung betroffen?

Eigentlich nicht wirklich gross. Wenn ein neuer Song veröffentlicht wird, der wie Drake klingt, dann klingt er halt wie Drake. Wenn es ein guter Song ist, dann ist es ein guter Song. Am Ende des Tages ist der Artist der Artist. Sagen wir, es gibt plötzlich einen neuen Song mit dem Sänger von «Ma Chèrie», also den Vocals von «Ma Chèrie» und einem ähnlichen Aufbau, dann bleibt das Original trotzdem das Original. Etwas zu kopieren, das im Original schon stark ist, ist immer schwierig. Das war ja schon bei anderen Marken so.

Also fehlen bei Songs, die mit künstlicher Intelligenz hergestellt wurden, die Emotionen und die Verbindung zu den Künstler:innen?

Klar kann man aus anderen Hits neue Hits machen. Aber am Ende des Tages sind diese Hits dann immer noch auf den gleichen Akkorden, auf den gleichen Melodien aufgebaut. Und so entstehen natürlich die grossen Hits. Vielleicht macht das nachher die künstliche Intelligenz auch, aber es braucht dennoch immer ein Gesicht und einen Artist, der auf der Bühne performen und den Leuten Gänsehaut geben kann. Und das kann sie nicht, die künstliche Intelligenz.

Ist das ein Thema in der Branche in Gesprächen mit anderen Künstler:innen?

Nein, es ist kein grosses Thema. Aber klar, man befasst sich damit. Es gibt Pro- und Contra-Lager. Solche, die es cool finden und solche, die keine Freude daran haben. Man kann die künstliche Intelligenz fragen: Wie lade ich einen Song auf Spotify oder auf Apple Music hoch? Das wird in Sekundenschnelle erklärt. Es ist natürlich schon beängstigend, dass man weiss, dass der Computer in kürzester Zeit alle möglichen Probleme lösen kann. Ich würde sagen, eine gesunde Mischung aus allem ist wie meistens die beste Lösung.

Wenn es legal wäre, die Stimmen bekannter Künstler:innen per KI nachahmen zu lassen und für Songs zu verwenden, würden Sie dies in Betracht ziehen?

Das Problem ist, dass die Technik schneller ist, als unser Rechtssystem. Das Chaos ist ja schon vorprogrammiert, weil unsere Regierung und unsere Gesetzgebung gar nicht darauf vorbereitet sind, was hier auf dieser Welt passiert.

Sie haben sich mit dem Thema KI-Musik befasst. Haben Sie schon selbst etwas in dieser Art ausprobiert?

Nein, weil viele meiner Produzentenfreunde das nicht wirklich cool finden und gar keine Lust darauf haben. Wir haben schon andere Sachen probiert, wie einen Hoodie oder Flyer mithilfe von KI zu designen. Die Resultate, die dabei herausgekommen sind, waren ziemlich beängstigend. Da muss man sich plötzlich die Frage stellen: Brauche ich überhaupt noch einen Grafiker? Man muss sich bewusst sein, worauf wir hier zusteuern. Am Ende des Tages schaue ich immer, dass ich mit dem, was ich mache, eine Experience verkaufe. Egal, ob mit Konrad Lifestyle oder mit meiner Musik. Diese Experience kann weder ein Computer noch ein Roboter ersetzen.

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