Doku über Baselbieter Geflüchtete verpasst Schweizer Filmpreis knapp
©Mehdi Sahebi am Schweizer Filmpreis Bild: Baseljetzt
«Gefangene des Schicksals»
Baselland

Doku über Baselbieter Geflüchtete verpasst Schweizer Filmpreis knapp

22.03.2024 21:25 - update 23.03.2024 11:48
Alex Kälin

Alex Kälin

Mehdi Sahebi zeigt Münchenstein von einer anderen Seite. Mit seinem Film über Geflüchtete wurde er für den Schweizer Filmpreis nominiert. Der Quartz-Award ging am Freitagabend aber an eine andere Asyl-Doku.

Tränen laufen Sanam Hosseini über das Gesicht, als sie auf Persisch mit ihrem Sohn telefoniert. «Ich vermisse dich, Mama», sagt der Sechsjährige und fragt, wann seine Mutter ihn endlich in Afghanistan abholt. Auf der Flucht musste die Familie ihn zurücklassen, weil die Polizei ihn aufgriff.

Dass die Geschichte der Familie Hosseini in der Region Basel spielt, merkt man erst nach 26 Minuten, als die Mutter mit ihrem Kind am Centralbahnplatz ins BLT-Trämli steigt. Wenn sie durch Münchenstein oder Liestal spazieren, hat ihr Leben ausser der Kulisse nichts mit dem gemein, dass die allermeisten leben.

«Gefangene des Schicksals» wirft ein Licht auf eine Schweiz, die nur wenige kennen. In karg eingerichteten Unterkünften suchen Geflüchtete aus dem Iran und Afghanistan nach einem besseren Leben. Sie entfliehen ihrer traumatischen Vergangenheit mit Krafttraining oder im Pfadilager und kämpfen gegen die Mühlen der Bürokratie. «Ich wünschte, ich könnte zehn Jahre so leben wie sie, dann wäre ich glücklich», sagt eine ältere Afghanin über die Schweizer Frauen.

280 Stunden Rohmaterial

Diese unsichtbare Welt macht Mehdi Sahebi in seinem Dokumentarfilm sichtbar. Sieben Jahre lang hat er seine Protagonist:innen ohne grosse Crew begleitet und dabei 280 Stunden Rohmaterial gesammelt. Dabei ist der Ethnologe den Porträtierten sehr nahe gekommen.

«Wenn du den Leuten lange zuhörst, entsteht eine wirklich vertraute Stimmung, in der sie dir auch Dinge erzählen, die sie sonst niemandem erzählen würden», sagt Sahebi. Er wurde während der Dreharbeiten viel mehr zum Freund als zum Dokumentarfilmer und besuchte die Protagonist:innen teils auch ohne Kamera.

Durch die langjährige Begleitung sieht man auch, wie sich das Leben der Menschen verändert. Plötzlich spricht Sanam Hosseinis Tochter Deutsch, als sie von der Schule in Münchenstein nach Hause schlendert. «Du bist ein armes Mädchen, weil dein Bruder nicht kommen konnte», sagt ihr Schulfreund.

Der Trailer zu «Gefangene des Schicksals». Quelle: Youtube

Dem Regisseur war es wichtig, die Geflüchteten als Individuen mit eigener Persönlichkeit zu zeigen. Viel zu oft würde man sie nämlich nur als Massen auf überfüllten Booten sehen, sagt er. «Wenn man sie aber einzeln zeigt, kann man sich plötzlich mit ihnen identifizieren und sie nachvollziehen. Denn sie sitzen im gleichen Tram, in dem auch du fährst.»

Sahebi selbst ist 1983 aus dem Iran geflüchtet. Durch die Dreharbeiten fühlte er sich in seine Jugend zurückversetzt. «Was den Protagonisten widerfährt, ist sehr ähnlich, wie es bei mir war. Diese Orientierungslosigkeit, die Wartezeit, die Auseinandersetzung mit sich selbst», so Sahebi.

«Die Anhörung» gewinnt Schweizer Filmpreis

Letzten Sommer feierte «Gefangene des Schicksals» Premiere am renommierten Locarno Film Festival. Seit letzter Woche läuft der Film im Basler Kultkino. Schon seine Filme «Zeit des Abschieds» (2006) und «Mirr» (2016) wurden an zahlreichen internationalen Filmfestivals gezeigt.

Für «Gefangene des Schicksals» wurde er nun aber zum ersten Mal für den Schweizer Filmpreis in der Kategorie Dokumentarfilm nominiert. «Schon die Nomination fühlt sich wie ein Sieg an», sagt Sahebi. Gewonnen hat am Freitagabend aber ein anderer Dokumentarfilm über das Schweizer Asylwesen.

«Die Anhörung» von Lisa Gerig beleuchtet das Thema von einer anderen Seite. Sie stellt Asyl-Anhörungen von abgewiesenen Geflüchteten nach. Gehring dankt in ihrer Rede den Geflüchteten, die sich auf das Experiment einliessen und macht darauf aufmerksam, dass einige von ihnen immer noch auf ihren Asylentscheid warten.

Doku über Baselbieter Geflüchtete verpasst Schweizer Filmpreis knapp
Lisa Gerig bekommt Schweizer Filmpreis in der Kategorie «Bester Dokumentarfilm». Bild: Baseljetzt

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20.04.2024 12:26

mil1977

Über 90 Prozent derer, die nach Europa kommen, sind schlicht unnütz. Und viele von denen sind sogar in ihrer eigenen Landessprache Analphabeten, können weder lesen noch schreiben. Die werden sich niemals beruflich wie gesellschaftlich integrieren. Die bekommen Sozialhilfegelder und andere Leistungen auch so, ob sie eine Aufenthaltgenemigung haben oder nicht. Alles nur ein Konflikt und Gewaltimport.

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23.03.2024 12:36

mil1977

Wie wäre es mal mit einem Film über die Millionen von angeblichen “Flüchtlingen” ermordeten, verstümmelten, beraubten und betrogenen Menschen und ihren Familien in Europa.

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