Ein Leben (fast) ohne frisches Brot
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Zöliakie
Basel-Stadt

Ein Leben (fast) ohne frisches Brot

16.07.2023 07:08 - update 16.07.2023 11:31
Alex Kälin

Alex Kälin

Ein Gipfeli vom Beck, eine Pizza für unterwegs, frischen Zopf am Sonntagmorgen. Für viele selbstverständlich, für Zöliakie-Betroffene die absolute Ausnahme. Einige wenige Optionen gibt es aber.

Auf dem Zmorgentisch der Familie Meier aus Basel sieht man doppelt. Zwei Butter, zwei Konfitüren, aber vor allem zwei Brotkörbe. Der Grund wieso Marietta Meier den Tisch doppelt deckt, ist, dass ihre neunjährige Tochter Luisa Zöliakie hat. Vor knapp drei Jahren kam die Diagnose, dass das Mädchen keine Gluten verträgt, welche in allen Getreideprodukten enthalten sind.

Seit dann achtet die Familie penibel darauf, dass es beim Essen des Kindes nicht zu Verunreinigungen kommt. Marietta Meier trennt darum die Lebensmittel von Luisa strikt von den restlichen. Am Sonntag backt sie jeweils zwei Zöpfe, damit es auch für Luisa mal frisches Brot gibt, denn in den Supermärkten sucht man nach frischen glutenfreien Backwaren vergeblich. Etwa monatlich holt sie aber auch etwas aus einer Spezialbäckerei.

In der Region Basel gibt es mittlerweile zwei Bäckereien, die rein glutenfrei arbeiten. «Glutenfreie Köstlichkeiten» hat dieses Jahr von Riehen ins «Gundeli» expandiert. Die Nachfrage sei enorm, sagt Inhaberin Kathrin Kasper: «Wir könnten einen weiteren Laden in Allschwil und Füllinsdorf eröffnen und die würden alle laufen.» Das frische Brot werde am meisten geschätzt und mache 60 Prozent des Umsatzes aus.

Zöliakie-Diagnosen nehmen zu

Das Angebot für Gluten-Intolerante hat sich in den letzten Jahren stark verbessert, sagt Präsidentin von IG Zöliakie Tina Toggenburger. Sie erinnert sich nur ungerne an die Produkte, die es gab, als sie vor 20 Jahren ihre Diagnose bekam: «Teigwaren konnte man kaum essen, sie waren wie Karton. Heute gibt es Bäckereien und auch im Detailhandel hat sich viel getan. Man merkt, dass es einen Markt gibt, sonst gäbe es diese Produkte nicht.»

Dass der Markt wächst, liege daran, dass Zöliakie-Diagnosen jährlich zunehmen. Schweizweit geht man davon aus dass ein bis zwei Prozent der Menschen betroffen sind. Nur drei Viertel davon haben aber eine Diagnose. Laut Tina Toggenburger sei es nicht klar, warum die Zahlen steigen. Einerseits könne es daran liegen, dass Ärzt:innen heute sensibilisierter sind, andererseits gebe es die Theorie, dass der immer stärker behandelte Weizen etwas mit der Unverträglichkeit zu tun habe.

Keine Pizza für Luisa

Toggenburger glaubt dass die Restaurants grösseren Nachholbedarf haben als der Detailhandel. Die Präsidentin von IG Zöliakie denkt, dass die Gluten-Intoleranz von vielen Gastronomen als Ernährungstrend wahrgenommen wird. Viele würden auch den Unterschied zwischen Laktose und Gluten nicht kennen oder seien sich nicht bewusst, dass es nicht mehr als einige Krümel braucht, um Symptome hervorzurufen. Vielen Betroffenen nehme das die Spontaneität in der Restaurantwahl.

Auch Familie Meier kennt das Problem mit den Restaurants, besonders im Urlaub. Auf einer Frankreichreise war es fast unmöglich, ein Restaurant mit glutenfreien Gerichten zu finden. Bei den Geschwistern, die Gluten vertragen, führte es zu Ärger, wenn man wegen der Schwester auf die Pizza verzichten musste. «Wir haben nur einmal eine gegessen, als uns Luisa die explizite Erlaubnis gab. Es tat einem Leid, da sie sehr gerne Pizza hat», so die Mutter der Neunjährigen.

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Kommentare

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23.07.2023 08:09

Wormsi66

In Aesch gibt es einen weiteren Laden, Glutenfreie Welt, auch mit viel Auswahl an frischen Produkten. Ich schätze beide Läden jeder davon hat seine Stärken

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