«Es sind relativ kleine Abweichungen, die schnell zu hohen Zahlen führen»
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Jahresrechnung
Baselland

«Es sind relativ kleine Abweichungen, die schnell zu hohen Zahlen führen»

27.03.2025 06:16

Baseljetzt

Der Kanton Basel-Landschaft schliesst die Rechnung 2024 mit einem Gewinn von 157 Millionen Franken ab. Warum das Baselbiet wieder schwarze Zahlen schreibt, erklärt Finanzdirektor Anton Lauber im Interview.

Der Kanton Basel-Landschaft schliesst die Jahresrechnung 2024 mit einem Ertragsüberschuss von 157 Millionen Franken ab. Zuvor hat der Kanton noch mit einem Verlust von 60 Millionen Franken gerechnet, wie Finanzdirektor Anton Lauber (Mitte) am Mittwoch bekanntgab. Das ist somit eine Differenz von 217 Millionen.

Im Gegensatz zum Vorjahr ist der Kanton nun deutlich zurück in den schwarzen Zahlen. Die Jahresrechnung 2023 hatte noch mit einem Minus von 94 Millionen abgeschlossen. Hauptursachen für den unerwartet hohen Gewinn im 2024 sind die höheren Steuereinnahmen.

Am Mittwochabend war Anton Lauber im Punkt6 Thema von Telebasel zu Gast und hat sich zum hohen Gewinn des Kantons geäussert.

Telebasel: Was ist einfacher, ein gutes oder ein schlechtes Resultat zu verkünden?

Anton Lauber: Beides ist anspruchsvoll, ehrlich gesagt. Wenn wir über Finanzpolitik diskutieren, gibt es unterschiedlichste Meinungen: Die einen finden «dort zu viel» und «dort zu wenig» – und umgekehrt. Das macht es immer anspruchsvoll. Für mich ist es wichtig, dass wir für den Kanton den Gesamtblick bewahren und das sind von mir aus gesehen die kommenden Jahre, also die nächsten vier Aufgaben- und Finanzplanjahre, plus sogar darüber hinaus. Das wären jetzt die Jahre 2026 bis 2029, an denen wir jetzt schon dran sind. Und dann sogar schon ab Jahr 2030.

Das Baselbiet schreibt einen Gewinn von 157 Millionen Franken. Wie ist das zustande gekommen?

Wir starteten mit einem mutmasslichen Defizit von etwa 60 Millionen. Jetzt haben wir 157 Millionen Plus. Das hat nicht so viele Ursachen. Wir haben schon mit dem Aufgaben- und Finanzplan 2024-2027 festgestellt, dass die Kosten im Bereich Bildung und Gesundheit steigen. Wir reden hier von 181 Millionen bei der Gesundheit und 117 Millionen bei der Bildung. Dieser Trend setzte sich weiter fort, darum mussten wir reagieren. Das machten wir schon im 2024. Wir haben den Betriebsaufwand im Rahmen des bestehenden Budgets, so weit das möglich war, heruntergefahren – wir haben uns vorbereitet. Gleichzeitig konnten wir damit ein Stück weit die Rechnung 2024 entlasten. Zusätzlich kam dazu, dass Steuermehrerträge budgetiert werden konnten. Wir lassen die Steuern – Einkommenssteuern, Vermögenssteuern, Gewinn- und Kapitalsteuern – durch die BAK Economics schätzen. Sie geben uns jeweils Prognosen ab: jeweils im Januar, April und September. Basierend auf diesen Prognosen arbeiten wir dann. Diese Prognosen waren positiv. Vor allem bei den Gewinnsteuern der juristischen Personen legten wir zu. Aber eigentlich konnten wir bei allen Steuerarten zulegen. Das führt zu diesem guten Resultat.

Gesamthaft fallen die Steuern 228 Millionen Franken höher aus als budgetiert. Wie kommt es zu diesem doch massiven Unterschied?

Wie gesagt: Das sind Schätzungen, die wir haben. Das sind Prognosen. Und Prognosen sind definitionsgemäss ungenau. Ich hätte natürlich auch lieber eine präzise Schätzung. Das haben wir aber nicht. Das ist volatil über die Jahre. Die Weltlage kann auch einen Einfluss haben. Wir basieren mit den BAK-Economics-Prognosen auch auf Umfragen, die bei Unternehmen durchgeführt werden. Das heisst mit anderen Worten: Es kommt ein wenig darauf an, wie diese Auskunft erteilen, sind sie positiv oder vorsichtig gestimmt? Das kann dann auf solch eine Schätzung, die die BAK Economics macht, Einfluss haben. Man muss aber auch sage: Die meisten Kantone, soweit ich weiss, basieren auf den BAK-Economics-Prognosen. Wenn ich einen Zehn-Jahres-Horizont anschaue, sind die Prognosen recht präzise, plus/minus einen Prozent, vielleicht einmal eineinhalb Prozent. Dieses Mal resultiert für uns ein positiver Schlussstrich unter diese Schätzung.

Für Laien ist das schwierig nachzuvollziehen – 230 Millionen Franken klingen nicht nach einer kleinen Verschätzung…

Man muss dir Relationen sehen. Sie sprechen die absolute Zahl an. Wir haben aber alleine bei den Einkommenssteuern ein Volumen von 1,3 Milliarden im Kanton Basel-Landschaft, da ist dann eine Abweichung von einem Prozent auch schon viel. Mit anderen Worten: Es sind relativ kleine Abweichungen, die relativ schnell zu hohen Zahlen führen. Auch bei der Gewinnbesteuerung haben wir zum Glück Unternehmen im Baselbiet, die sehr gut unterwegs sind und das kann auch relativ schnell, wenn eine dieser Firmen abrechnet – es ist immer auch die Frage, wann sie so weit sind – und uns das meldet, in den Steuerertrag einfliessen und damit die Situation verbessern. Aber auch verschlechtern. Dieses Mal hat es die Situation verbessert.

Die SP Baselland hat nach der Medienkonferenz eine Medienmitteilung publiziert. Sie sagt im Prinzip, der Kanton Baselland befinde sich im finanziellen Blindflug. Was antworten Sie auf solche Vorwürfe?

Ich habe es schon ein paar Mal gesagt: Das ist ein alter Ausdruck. Ich habe dies, glaube ich, letztes Jahr schon gehört. Das kommt immer wieder gut an, aber ist nicht korrekt.

Warum nicht?

Die Leute, die das sagen, sitzen auch in der Finanzkommission und dort werden sie im Detail orientiert. Die Finanzkommission erhält den Steuerbericht I, II und III. Sie bekommen erklärt, wie sich der Aufgaben- und Finanzplan herleiten, woher er kommt, wie er entwickelt wurde und wohin er geht. Die Übersicht dort ist an und für sich sehr gut. Ich muss sagen, gewisse Volatilitäten müssen wir in Kauf nehmen. Es ist keine Raketenphysik, die wir bei dem Budget machen, sondern es sind wirklich Prognosen bei hohen Steuerbeträgen. Wir hatten 2023 schwierige Prognosen, darum gab es dort eine Negativ-Rechnung, eher unerwartet. Damals fiel vor allem die Bundessteuer deutlich tiefer aus, als wir dachten. Wir mussten eine Deponie sanieren mit 41 Millionen und wir mussten auch eine Wertberichtigung machen beim Kantonsspital, etc. Das musste ich zur Kenntnis nehmen, das sind die unschönen Seiten eines Finanzdirektors. Jetzt in der Rechnung 2024 haben wir das Gegenteil. Die Steuerprognosen sind sehr positiv und positive Effekte führten dazu, dass wir eine gute Rechnung präsentieren können. Unter dem Strich muss ich sagen, sind das Volatilitäten, die sich ergeben können. Ich schaue immer, was die «Baseline» macht. Womit kann ich wirklich planen? Was sind die Staatsaufgaben, die wir erfüllen müssen – die aktuellen und die künftigen? Sind diese finanziert oder nicht? Das sind meine Fragestellungen.

Aber Fakt ist auch, dass aufgrund des Defizits im September 2024 Sparmassnahmen beschlossen wurden. War das ein Fehler?

Nein. Ich bin sehr dankbar, dass Sie das ansprechen. Ich habe es heute ganz klar gesagt, auch in der Finanzkommission. Wir haben Entlastungsmassnahmen von 398 Millionen auf vier Jahre, die wir plus/minus auf die vier Jahre verteilen. Sie sind Bestandteil des mittelfristigen Ausgleichs, sprich der Schuldenbremse. Wir müssen diese Entlastungsmassnahmen umsetzen, damit wir bei der Schuldenbremse eine Reserve haben, um künftige Ausgaben finanzieren zu können. Wir haben heute nur eine Momentaufnahme. Wir hatten 2023 eine Momentaufnahme, wir haben jetzt für 2024 eine Momentaufnahme. Für mich ist aber wichtig, was läuft während einer Periode von acht Jahren. Vier Jahre in die Zukunft, und auch darüber hinaus. Das sind die Herausforderungen, die sich uns stellen.

Aufgrund des Budgets werden auch politische Prozesse im Landrat beeinflusst, vielleicht auf Volksabstimmungen. Ist das nicht ein Problem, wenn es so ungenau ist?

Das gehört zum Geschäft. Ich glaube nicht, dass wir jemanden finden werden, der die Zukunft und die Entwicklung von Aufwand und Ertrag Franken-genau prognostizieren kann. Man sieht auch beim Bund. Auch er rechnete mit einem deutlich schlechteren Ergebnis, als er jetzt mutmasslich haben wird. Ich gehe davon aus, dass auch andere Kantone Steuermehrerträge haben werden und sich die Situation dort auch verbessert. Das gehört dazu. Ich denke, dafür haben wir auch die unterjährigen Steuerungsinstrumente. So sind wir aufgestellt. Darum schauen wir auch quasi in einer rollierenden Planung, dass die Finanzen im Lot bleiben. Aber: Innerhalb dieser rollierenden Planung gibt es immer wieder solche Rechnungen wie heute. Das sind Stichtagsbetrachtungen. Dort arbeiten wir dann wieder weiter.

Schauen wir noch in die Zukunft: Für das Jahr 2025 wurde auch wieder ein Defizit budgetiert. Können Sie das jetzt ein wenig entschärfen?

Das haben wir heute in der Finanzkommission und an der Medienkonferenz kommuniziert. Es geht letztendlich darum, wenn wir im 2024 positiv abschliessen, führt dies zu einer Entlastung in der Schuldenbremse. Das bedeutet, dass wir es einfacher haben, künftige Mehrausgaben besser finanzieren zu können. Das ist an und für sich unser Ziel.

Hier kannst du dir die ganze Sendung Punkt6 Thema mit Anton Lauber ansehen. (jwe)

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