Gasverbund Mittelland zu Flüssiggas-Terminal: «Netto-Null-Ziel ist uns wichtig»
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Flüssiggas-Terminal
Baselland

Gasverbund Mittelland zu Flüssiggas-Terminal: «Netto-Null-Ziel ist uns wichtig»

11.03.2023 07:01 - update 11.03.2023 07:02

Natasha Zekry

Der Gasverbund Mittelland plant ein Flüssiggas-Terminal in Muttenz. Damit soll die Schweiz in Sachen Energie unabhängiger werden. André Dosé und Kaspar Sutter äussern sich im Interview mit Baseljetzt dazu.

Bereits im Winter 2023/2024 soll das Projekt realisiert werden. Die Anlage im Industriegebiet Schweizerhalle wäre national einmalig, denn sie soll nebenan einen grossen Gasspeicher erhalten. Mit diesem könnten rund sechs Prozent des Wintergasbedarfs der Schweiz erfasst werden. Gegen das Projekt regt sich aber auch Widerstand. Der Verein für Klimagerechtigkeit und Klimastreik Basel lud zu einer Podiumsdiskussion ein. Den Artikel dazu findest du hier:

Der Gasverbund Mittelland (GVM) wiegt ab. Die Darstellung, das Unternehmen sei bereits zur Umsetzung übergegangen, seien falsch, teilt die GVM AG in einer Medienmitteilung mit. Beide Projekte befänden sich in der Prüfung und seien vom Verwaltungsrat noch nicht genehmigt, heisst es weiter. 

Baseljetzt traf André Dosé, Verwaltungsratspräsident der GVM AG, und Kaspar Sutter, Regierungsrat und Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU) zum Interview. Ihre Antworten findest du hier:

Interview mit André Dosé, Verwaltungsratspräsident Gasverbund Mittelland AG

Gasverbund Mittelland zu Flüssiggas-Terminal: «Netto-Null-Ziel ist uns wichtig»
André Dosé, Verwaltungsratspräsident Gasverbund Mittelland (GVM). Bild: Baseljetzt

Baseljetzt: Der GVM plant ein Gasterminal in Muttenz. Welche Zukunftsvision verfolgen Sie damit?

André Dosé: Es ist ein Projekt, welches wir momentan prüfen. Es geht um eine Flüssiggas-Containeranlage. Ich spreche bewusst nicht von einem Terminal. Da können Sie sich auch etwas unter der Grösse des Projekts vorstellen. Warum machen wir dies? Es hat etwas mit unserer klaren Ausrichtung zu tun und mit unserem Bekenntnis, dass wir bis 2050 nur noch grünes Gas liefern wollen. Hier prüfen wir, ob wir flüssiges Biogas oder synthetisches Methan aus dem Ausland importieren können. Das Netto-Null-Ziel ist für uns ganz wichtig. Es ist unsere Zukunft und das müssen wir erreichen. Deswegen prüfen wir nun die Transportwege über den Rhein, welche sich anbieten.

Sie sprechen von Transportwegen über den Rhein. Die Schweizerischen Rheinhäfen sind aber nicht in das Projekt involviert. Wieso?

Wir befinden uns aktuell in der Konzeptphase. Dies ist eigentlich eine interne Phase, die leider öffentlich wurde. Aber selbstverständlich werden alle involviert. Solche Projekte kann niemand alleine stemmen. Da sind immer viele Partner mit dabei, die zusammen arbeiten. Aber jetzt ist es noch etwas früh.

Trotzdem regt sich bereits Widerstand von der Klimajugend. Sie sprechen unter anderem von einem regionalen Lützerath. Sind die Sorgen nicht auch bereichtigt?

Ich kann Ihnen einige Fakten präsentieren. Wir müssen ganz klar umstellen – und zwar alle Energiearten. Wir müssen dieses Netto-Null-Ziel gemeinsam erreichen. Wir haben in der Schweiz allerdings noch ein zweites Problem und zwar die Versorgungssicherheit. Diese müssen wir weiterhin gewährleisten. Parallel dazu laufen aber eben auch die Anstrengungen, dass wir beim Gas grün werden. Die Schweiz hat nun mal eine Winterstromlücke und Gas bietet entsprechende Lösungen an. Diese Lösungen werden in Zukunft grün sein.

Warum macht sich Ihrer Meinung nach die Klimajugend solche Sorgen?

Im Zusammenhang mit der Energie hört man viele Sachen. Man muss einfach bei den Fakten bleiben und das sind die Fakten: Gas hat eben die Lösungen, zum Beispiel die Photovoltaik-Anlagen, von denen wir dringend mehr brauchen. Die produzieren im Sommer einen Überschuss, welchen wir im Prozess flüssig machen, also in Gasform verwandeln und das können wir im Winter verwenden, um Strom zu produzieren. Ganz allgemein zu all diesen Statements, welche ich immer wieder höre: Man sollte manchmal etwas mehr rechnen und auf die Physik schauen und etwas weniger glauben. Wir glauben aber genau so, wie die Klimajugend, an das Netto-Null-Ziel.

Wir können nicht von heute auf morgen auf fossile Energien verzichten. Wie wird die Gasversorgung weiter gehen und was sind Ihre Pläne?

Das geht leider nicht von heute auf morgen. Die ganze Thematik hängt auch immer mit der Abnahme und vom Preis ab. Man muss es auch zu kompetitiven Preisen anbieten können und das wird in Etappen erfolgen. Wir liefern bereits heute Biogas und haben eine Biogas-Allianz gestartet innerhalb der Schweiz, wo wir noch mehr Abfälle verwerten möchten und Gas produzieren. Ich spreche hier bewusst nicht von angepflanzten Feldern, wovon wir auch schon gehört haben, welche nur dafür angebaut werden, um Gas zu produzieren. Das produzierte Gas soll ausschliesslich aus Abfällen bestehen.

Wie sieht es hinsichtlich der Dekarbonisierungs-Strategie 2050 aus. Rechnen Sie damit, dass Sie bereits früher Ihre Ziele erreichen?

Je früher, desto besser. Wir wollen die Ziele nicht am letzten Tag vor 2050 erreichen. Sollte es früher machbar sein, machen wir das auch. Wir sind aber auch vom Ausland abhängig und von den erwähnten Partnern. Der Standard wird auch weitgehend von Europa abhängig sein. Ist es Wasserstoff oder Ammoniak? Sind es andere Formen von Gas? Das sind alles Fragen, welche letztendlich Europa klären muss und das dauert etwas. Ich sehe den Prozess eher in Etappen, welche immer etwas gesteigert werden können.

Reaktion von Kaspar Sutter, Regierungsrat und Vorstehender des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt auf das geplante Projekt:

Gasverbund Mittelland zu Flüssiggas-Terminal: «Netto-Null-Ziel ist uns wichtig»
Kaspar Sutter, Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt und Vorsteher des Departements fuer Wirtschaft, Soziales und Umwelt. Bild: Keystone

Baseljetzt: Herr Sutter, was halten Sie vom Projekt?

Kaspar Sutter: Um ganz ehrlich zu sein: Ich kann nicht ganz nachvollziehen, was die Ziele des Projekts sind. Wir haben bereits riesige Gasinfrastrukturen auf dem ganzen Kontinent und ich denke, wir sollten in erneuerbare Technologien investieren und nicht in die Gasinfrastruktur. Daher sehe ich den Zusammenhang noch nicht.

Inwiefern lässt sich das Gasterminal-Projekt in Muttenz mit den Netto-Null-Zielen in Basel bis 2037 vereinen?

Wir als Kanton Basel-Stadt haben uns bis 2037 verpflichtet. Wir haben ambitionierte Ziele bis 2037. Dann steigen wir zum Heizen aus dem Erdgas aus. Von dem her: Unser Interesse liegt insbesondere darin, dass wir in erneuerbare Energien investieren und nicht in fossile Energien.

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Kommentare

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11.03.2023 10:08

puma

Zusammenfassung: Der Eine versteht etwas von der Sache und argumentiert differenziert, der Andere hat keine Ahnung.

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