Gegen multiresistenten Erreger: Roche entwickelt neues Antibiotikum
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Medizin
Basel-Stadt

Gegen multiresistenten Erreger: Roche entwickelt neues Antibiotikum

12.01.2024 09:03 - update 12.01.2024 11:18
Larissa Bucher

Larissa Bucher

Die Roche entwickelt ein vielversprechendes Antibiotikum gegen multiresistente Erreger. Der neue Wirkstoff könnte den Kampf gegen gramnegative Bakterien erleichtern und resistente Keime umgehen.

Antibiotikaresistenzen breitet sich weltweit immer mehr aus. Der Wirkstoff Penicillin kann nicht mehr jeden Kampf gegen Infektionskrankheiten gewinnen. Besonders gefährlich sind gramnegative Bakterien, zu denen Salmonellen, Legionellen sowie die Erreger von Cholera, Pest und Typhus gehören. Die Herausforderung: Gramnegative Bakterien besitzen eine doppelwandige Schutzhülle, die schwer zu durchdringen ist. Selbst wenn antibiotische Wirkstoffe die Hülle durchbrechen, werden sie oft sofort vom Bakterium wieder ausgeschleust.

Was ist ein multiresistenter Erreger?

Multiresistente Erreger sind Bakterien, Viren oder andere Mikroorganismen, die gegenüber mehreren verschiedenen Antibiotika oder anderen antimikrobiellen Wirkstoffen unempfindlich geworden sind. Diese Resistenz erschwert die Behandlung von Infektionen.

Roche schafft einen Durchbruch

Ein Durchbruch in diesem Kampf gegen multiresistente Keime könnte jedoch bevorstehen, heisst es im Fachblatt «Nature». Ein Team der Roche in Basel habe einen vielversprechenden Wirkstoff gegen das gramnegative Bakterium Acinetobacter baumannii entwickelt, das schwere Infektionen wie Harn- und Wundinfektionen, Lungenentzündungen und Blutvergiftungen auslösen kann.

Das Antibiotikum von Roche hindert das Bakterium daran, seine Schutzhülle korrekt aufzubauen, indem es den Transport eines fettähnlichen Moleküls hemmt, was letztendlich zum Zelltod führt. Erste Versuche mit Ratten würden bereits zeigen, dass der Wirkstoff bestehende Resistenzmechanismen umgehen kann. Wie in verschiedenen Medien zu lesen ist, sei eine erste klinische Studie derzeit im Gange.

Vielversprechender Wirkstoff

Professor Sebastian Hiller vom Biozentrum der Universität Basel bezeichnet die Neuentwicklung von Roche als «absolut vielversprechend» und ist zuversichtlich, dass der Wirkstoff zu neuen und wirksamen Anwendungen führen wird, heisst es in der bz basel. Auch sein eigenes Forschungsteam zielt auf die äussere Schutzhülle von gramnegativen Bakterien ab und hat vielversprechende Wirkstoffe wie Darobactin und Dynobactin identifiziert, die die Bakterien zerstören können.

Die Entwicklung neuer Antibiotika scheint grundsätzlich Fahrt aufzunehmen, wie eine kürzlich im Fachblatt «The Journal of Antibiotics» veröffentlichte Übersicht zeigt. Obwohl die Anzahl der sich in klinischen Studien befindenden neuen Antibiotika in den letzten Jahren stark gestiegen sei, bleibe die Anzahl der Neuzulassungen «enttäuschend niedrig», heisst es. Dennoch bewertet Hiller die Entwicklung positiv und betont die Bedeutung eines breiten Arsenals, um schnell auf Resistenzen reagieren zu können.

Weitere Ansätze

Im Kampf gegen resistente Bakterien werden auch alternative Ansätze erforscht, darunter die Phagentherapie. Hierbei werden Viren in den Körper eines Patienten eingeschleust, um Bakterien zu infizieren und zu zerstören. Obwohl Phagentherapien bisher nur in einzelnen Therapiezentren eingesetzt werden und nicht in der Schweiz oder Europa zugelassen sind, könnte ihre gezielte Förderung neue Hoffnung bringen, meint Hiller.

Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist die Stuhltransplantation, bei der der aufbereitete Kot eines gesunden Spenders in den Darm des Patienten gebracht wird, um resistente Keime zu bekämpfen. Eine klinische Phase-1-Studie berichtet von positiven Ergebnissen bei der Bekämpfung von multiresistenten Keimen. Trotzdem: Für den Massenmarkt bei akuten Erkrankungen, sowie in der Prophylaxe eignen sich diese Behandlungen eher nicht», sagt Hiller gegenüber der bz basel.

Trotz dieser vielversprechenden Fortschritte bleibt die Herausforderung bestehen, insbesondere in ärmeren Ländern, wo der Zugang zu neuen Antibiotika begrenzt ist. In diesem Kontext könnte die Phagentherapie und Stuhltransplantation spezifische Anwendungen für chronische Erkrankungen bieten, während traditionelle Antibiotika weiterhin auf dem Massenmarkt eine wichtige Rolle spielen. Der Kampf gegen resistente Keime erfordert weiterhin umfassende Forschung und Entwicklung, um wirksame Lösungen für globale Gesundheitsprobleme zu finden.

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